Bewaldete Einzugsgebiete sind der beste Garant für qualitativ hochwertiges Grundwasser. Wie die von den Umwelt-und Gesundheitsbehörden regelmässig durchgeführten Wasseranalysen zeigen, ist diese Ressource im Wald viel weniger mit Schadstoffen belastet als etwa Trinkwasser, das in Landwirtschaftszonen oder in besiedeltem Gebiet gefasst wird. Hauptgründe für die deutlichen Quali­tätsunterschiede sind der weitgehende Verzicht auf den Einsatz von wassergefährdenden Stoffen wie Pflanzen­schutzmittel oder Dünger, der fehlende Bodenumbruch sowie die effiziente Filterwirkung des gut durchwurzelten Waldbodens.

Aufgrund dieser Vorzüge haben viele Gemeinden ihre Trinkwasserfassungen bewusst im Wald erstellt. In erster Linie können sie dank diesen bestockten Standorten jährlich etwa 400 Mio. m3 Trinkwasser ohne Behandlung ins Lei­tungsnetz einspeisen, was ungefähr der Hälfte des von den öffentlichen Wasser­werken geförderten Grundwassers ent­spricht. Bei mittleren Aufbereitungskosten von 20 Rp./m3 Wasser kommt dies einer Einsparung von rund Fr. 80 Mio. gleich.

Schutzzonen als Sicherheitsbarriere

Gemäss der schweizerischen Gewäs­serschutzgesetzgebung müssen alle öf­fentlichen Trinkwasserfassungen durch abgestufte Schutzzonen vor Verunreini­gungen geschützt werden. Damit will man sicherstellen, dass die unterirdische Ressource auf ihrer letzten Wegstrecke vor der Nutzung nicht durch Krankheits­keime, unerwünschte Nährstoffe, Pesti­zide oder andere Chemikalien beein­trächtigt wird.

Die Ausdehnung der Schutzzonen im Umkreis der Quellen und Pumpbrunnen richtet sich primär nach den geologischen Gegebenheiten vor Ort. Bedingt durch die je nach Region unterschiedlichen Eigenschaften des Bodens und des Untergrunds kann ihre Fläche stark variieren. In den ausgedehn­ten Karstgebieten des Juras und der Voralpen, wo die Niederschläge in der Regel rasch versickern und die Filterwirkung oft beschränkt ist, können sich solche Schutz­zonen für eine Fassung über mehrere Quadratkilometer erstrecken. Dagegen umfassen sie an typischen Standorten im Mittelland mit ihren gut filternden Sand- und Kiesböden meist nur wenige Hektaren.

Kein formeller Entschädigungs­anspruch

Die Schutzzone S1 umfasst das Terrain in unmittelbarer Nähe einer Trinkwasser­fassung und befindet sich meistens im Besitz der lokalen Wasserversorgung. Zum Schutz des Gewinnungsgebiets wird dieser Bereich von den Wasserwerken auch im Wald oft eingezäunt. Im Gegen­satz dazu sind die Engere Zone S2 sowie die WeitereSchutzzone S3 frei zugäng­lich, haben eine deutlich grössere Fläche und gehören in der Regel auch nicht der Wasserversorgung an.

Aufgrund des Ge­wässerschutzgesetzes gelten hier aber auch für alle übrigen Landeigentümer Umweltauflagen, die bestimmte wasser­gefährdende Aktivitäten oder den Einsatz entsprechender Stoffe verbieten. Die Nutzungseinschränkungen sind allerdings nicht so gravierend, als dass sie einer materiellen Enteignung gleich kämen und dadurch finanzielle Entschädigungs­ansprüche nach sich zögen.

Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) empfiehlt betroffenen Waldbesitzern deshalb, nach Möglichkeit freiwillige Ver­einbarungen mit den lokalen Wasserwerken abzuschliessen. Seiner Einschät­zung nach lässt sich auf diesem Weg am ehesten eine faire Kompensation für die durch den Grundwasserschutz verursach­ten Mehrkosten und Mindererträge aushandeln. Ein solcher Interessenausgleich dränge sich nicht zuletzt auf, weil die mittelfristig wieder steigenden Rohstoff- und Energiepreise den Nutzungsdruck auf den Wald weiter verstärkten. Damit erfasse dieser zunehmend auch Stand­orte, welche wichtige Gewinnungsgebiete für die Trinkwasserversorgung seien.

Zusatzkosten durch Verbote

Im Auftrag des BAFU hat die Eidgenös­sische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) nach wissenschaftlichen Kriterien die ungefähren Zusatzkosten ermittelt, welche den Waldeigentümern durch die Vor­schriften und Empfehlungen des Bundes für den qualitativen Grundwasserschutz erwachsen. So gelten in allen Schutzzonen Verbote für das ungeschützte Lagern und Umfüllen von Betriebsstof­fen, die Behandlung von geschlagenem Holz gegen Käferbefall, die Lagerung von behandelten Stämmen sowie für Nasslager. Zusätzlich ist in der S2 auch das Betanken von Maschinen untersagt.

Die Einschränkungen der Holzbehandlung und Holzlagerung erschweren die Bewirt­schaftung der Wälder vornehmlich in den Kantonen Waadt, Neuenburg, Jura und Solothurn mit ihren ausgedehnten Grundwasserschutzzonen in den Karst­gebieten des Juras. Allein im Waadtland sind in höheren Lagen etwa 15'000 ha durch die relativ neuen Bestimmungen der Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung tangiert. Hier sehen sich die Forst­betriebe gezwungen, ihre Lagerplätze für behandeltes Holz an den Rand der S3 zu verlegen, was sie zu kilometerlangen Zu­satztransporten zwingt.

Referenzwälder als Berechnungs­basis

Die Berechnung der durchschnittlichen Mehrkosten erfolgte anhand von zwei relativ intensiv bewirtschafteten Refe­renzwäldern. Dabei simulierten wir einen reinen Buchenhochwald mit einer Umtriebszeit von 120 Jahren sowie einen Fichtenbestand, der nach 100 Jahren ver­jüngt wird. Der Boden ist bei einer Hang­neigung unter 20% normal befahrbar, wobei nur wenige Hindernisse – wie Blöcke, Gräben, Wurzelstöcke oder Tot­holz – die Zugänglichkeit erschweren. Als Vergleichsgrösse für die Rückedistanz wählten wir 200 m. Die Kalkulationen basieren auf den Holzpreisen im Frühjahr 2008 sowie auf den gegenwärtigen Ernte- und Personalkosten.

Als kostenrelevante Auswirkungen der Vorschriften in den Grundwasserschutz­zonen berücksichtigten wir den höheren Aufwand für die längeren Rückedistan­zen, die Zusatzwege für das Auftanken der Motorsägen sowie die Installation von Auffangwannen für deren Betan­kung. Je nach Entfernung der Schutzzonengrenze, dem jeweiligen Bestand und seiner Bewirtschaftung ergeben sich daraus jährliche Mehr­kosten von Fr. 13.–/ha bis Fr. 166.–/ha. Diese Spannweite bezieht sich auf Wälder mit kleinen und grossen Schutzzonen.

Empfehlungen verursachen Mehraufwand

Neben den gesetzlichen Auflagen füh­ren auch die vom BAFU herausgegebe­nen Empfehlungen für die Waldbewirt­schaftung in Wassergewinnungsgebieten zu Mehrkosten und Mindererträgen. Dies gilt insbesondere für die rechtlich nicht bindende Aufforderung, Laubbaumarten gegenüber Nadelhölzern den Vorzug zu geben. Zudem empfiehlt das Amt, klein­flächige Holzschläge vorzunehmen, um­weltverträgliche Treib- und Schmierstoffe einzusetzen, den Wald nur bodenscho­nend zu befahren und den Schlagabraum in der Zone S2 zu entfernen.

Aus Sicht der Wasserversorger vermag die Bewirtschaftungsform des naturnahen Waldbaus mit einem möglichst natürlichen Laubholzanteil den Anliegen des Grundwasserschutzes am ehesten zu genügen. Eine Umsetzung dieses Konzepts führt jedoch zu Einschränkungen beim Anbau von Nadelhölzern, die den Waldbesitzern erhebliche finanzielle Einbussen verursachen, solange für Laubholz deutlich weniger bezahlt wird.

Die Problematik lässt sich am Beispiel des unterschiedlichen Holzertrags beim Anbau von Buchen und Douglasien ver­anschaulichen. Je nach Holzkategorie löst ein Forstbetrieb für Buchenholz Fr. 50.– bis Fr. 120.–/m3, was einem jährlichen Hektarertrag von durchschnittlich Fr. 460.– entspricht. Douglasienholz bringt Fr. 70.– bis Fr. 200.–/m3 ein. Be­dingt durch das deutlich raschere Wachs­tum im Vergleich zur Buche ist hier mit einem fast dreimal so hohen mittleren Hektarertrag von gut Fr. 1330.–/Jahr zu rechnen.

Die Empfehlungen über die Baumartenzusammensetzung zugunsten der Grundwasserqualität fallen damit – vor allem im Mittelland – aus finanzieller Sicht viel stärker ins Gewicht als die erntetechnischen Einschränkungen in den Schutzzonen. Unter Berücksichtigung der Mehrkosten für umweltverträgliche Treib- und Schmierstoffe, bodenscho­nende Maschinenausrüstungen sowie für mobile Holzhäcksler ergibt sich aufgrund der Empfehlungen je nach Pflege- und Ver­jüngungsverfahren eine jährliche Mehrbelastung von bis zu Fr. 192.–/ha.

Kumulierte Mehrkosten und Mindererträge

Rechnet man die aus den Vorschrif­ten und Empfehlungen resultierenden Mehrkosten – beziehungsweise Minder­erträge – zusammen, so beläuft sich der theoretisch kalkulierte Zusatzaufwand für den Schutz der Trinkwasserressource in der S3 auf Fr. 9.– bis Fr. 240.–/ha und Jahr, während der Betrag in der S2 zwi­schen Fr. 43.– und Fr. 358.– schwankt (Abb. 3).

Wichtigste Einflussfaktoren für die grosse Spannweite dieser minimalen und maxi­malen Werte sind das Ausmass der Erhö­hung des Laubholzanteils, die Intensität der Waldbewirtschaftung, unterschiedliche Rückedistanzen, die sich aus der Grösse der Schutzzonen ergeben, sowie die damit verbundenen zusätzlichen Wegstrecken für das Auftanken der Motorsägen.

Konkretisierung anhand von drei Fallbeispielen

Zur Konkretisierung der finanziellen Auswirkungen haben wir die theoretischen Resultate anhand von drei Fallbeispielen durchgespielt. Die ausgewähl­ten Waldstandorte in den Gemeinden Surpierre (FR), Rheinfelden (AG) und Bas­sins (VD) unterscheiden sich insbesondere hinsichtlich der Grösse ihrer Schutzzonen und in Bezug auf die Intensität der Wald­bewirtschaftung. Pro Ort bestimmten wir jeweils zwei Waldbestände in den Zonen S2 und S3, welche repräsentativen Charakter für die gesamten bewaldeten Schutzzonen aufweisen. Dies gilt primär für die zusätzliche Rückedistanz, den Laubholzanteil und die Art der Bewirt­schaftung (Abb. 4).

Die jährlichen Mehrkosten in der S2 bewegen sich in den Fallbeispielen zwi­schen Fr. 222.– und Fr. 300.–/ha. Sie tref­fen die Waldbesitzer mit ausgedehnten Schutzzonen – bedingt durch die Ein­schränkungen auf einer viel grösseren Fläche – jedoch ungleich härter. Zudem entfallen etwa im waadtländischen Bas­sins Fr. 166.– oder gut 55% des gesam­ten Mehraufwands auf die verbindlichen Vorschriften, während es in Rheinfelden Fr. 81.– und in Surpierre mit der kleinsten S2 nur Fr. 35.– sind.

Im Vergleich dazu machte der jährliche Gesamtaufwand für den Holzproduktionsbetrieb zwischen 2001 und 2006 im Mittelland durchschnittlich Fr. 1026.–/ha und im Jura Fr. 707.–/ha aus. Damit kön­nen die Vorschriften und Empfehlungen für den Grundwasserschutz im Wald die Ausgaben der Waldeigentümer in den Schutzzonen unter den ungünstigsten Verhältnissen um 40 bis 50% erhöhen.

(TR)