Großer Kohlenstoffspeicher

Neben Mooren stellen Wälder den größten Kohlenstoffspeicher in Deutschland dar, wobei rund die Hälfte der Kohlenstoffvorräte von Wäldern in den Waldböden gebunden ist. Ungefähr ein Drittel der Landesfläche in Deutschland besteht aktuell aus Waldboden, insgesamt 11,4 Mio. Hektar. Die Waldflächen der Bundesländer Niedersachsen, Hessen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein (im Zuständigkeitsbereich der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA)) betragen zusammen 2,8 Mio. Hektar. Das sind 25 % der bundesweiten Waldfläche. Damit sind Waldböden allein schon wegen ihres Flächenanteils ein zentrales Element im Naturhaushalt. 

Vielfältige Aufgaben

Sie sind eine bedeutende, begrenzte sowie schützenswerte natürliche Ressource, die viele ökologische Funktionen im Naturhaushalt erfüllt. Waldböden dienen als Wasser- und Nährstoffspeicher, übernehmen Filter- und Pufferfunktionen und stellen Lebens- und Wurzelraum bereit. Insbesondere in Zeiten sich stark verändernder klimatischer Bedingungen leisten Waldböden einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität und zum effektiven Hochwasserschutz. 

Archiv der menschlichen Kulturgeschichte

Waldböden befinden sich überwiegend dort, wo es für die landwirtschaftliche Nutzung oder menschliche Besiedlung zu nährstoffarm, zu trocken oder zu nass, zu steil oder zu steinig ist. Wenn man bedenkt, dass Deutschland früher bis auf wenige Regionen (z.B. die Marschen an der Küste, Moore) komplett bewaldet war, finden alle Landnutzungen auf ehemaligem Waldboden statt. Der Mensch hat über die Epochen hinweg Wälder intensiv genutzt, die Spuren und Folgen von Baustoffgewinnung, Brennstofferzeugung, Waldweide­Nutzung, Köhlerei sowie Glashütten und Erzgewinnung sind bis heute deutlich erkennbar. Der Waldboden als Archiv hält noch immer wertvolle Informationen zur Archäologie und Erforschung menschlicher Kulturgeschichte bereit. 

Auflagehumus voller Leben

Wer neben befestigten Waldwegen den Boden betritt, bewegt sich auf dem sogenannten Auflagehumus: herabgefallenes Laub, Nadelreste, Zweige, Zapfen und dem, was davon übrig ist. Der Auflagehumus liegt dem Mineralboden auf und besteht aus Pflanzenteilen und organischer Feinsubstanz. Je nach Standort und seinen Bedingungen hat diese Schicht unterschiedliche Eigenschaften.

Der Auflagehumus ist typisch für den Wald und seine Böden. Er kann sich ausbilden, weil Wald im Unterschied zu landwirtschaftlichen Böden kaum bearbeitet wird. Die Anhäufung von Laub- und Nadelstreu kann recht hoch sein. Der Humus ist locker, weich und gut durchwurzelt, von Pilzmycel durchzogen und sehr belebt: Käfer, Regenwürmer, Milben, Asseln und Milliarden von Kleinstlebewesen. Daher findet man auch in einer Handvoll Waldhumus mehr Lebewesen, als es Menschen auf der Welt gibt – ein Alleinstellungsmerkmal unserer Waldböden.

Typische Schichtung

Lebewesen durchmengen und vermischen (Bioturbation, z.B. durch Regenwürmer) ebenso wie die Baumwurzeln das organisches Material und verlagern es in tiefere Bodenschichten. Dies geschieht vorwiegend im Oberboden. In tieferen Bodenschichten nehmen die Humusanteile und damit die Kohlenstoffgehalte deutlich ab, wodurch dort auch die Kohlenstoffvorräte zurückgehen. Im Oberboden bis 30 cm Bodentiefe mit Auflagehumus befinden sich bezogen auf 90 cm Bodentiefe rund drei Viertel des Kohlenstoffvorrats. 

„Als Faustregel werden etwa 100 Jahre für die Bildung von einem Zentimeter Waldboden veranschlagt“

Grundsätzlich entstehen auch Waldböden aus Verwitterung und Verlagerung der jeweils anstehenden geologischen Ausgangssubstrate und bilden ein Gemisch aus Mineralboden, Luft und Wasser sowie organischen Bestandteilen. Mineralverwitterung, Niederschlag, Grundwasser und die  Zersetzung organischer Substanz führen Nährstoffe zu, die von den Baumwurzeln aufgenommen und durch die Streu sowie die absterbende Wurzelmasse wieder zurückgeführt werden. Durch die zahlreichen physikalischen, chemischen und bio- logischen Prozesse entwickeln und verändern sich Waldböden ständig, sie sind offene und poröse Systeme. Waldböden entwickeln sich jedoch sehr langsam: Als Faustregel werden etwa 100 Jahre für die Bildung von einem Zentimeter Waldboden veranschlagt. Alte Waldstandorte können somit mehrere 10.000 Jahre alt sein. Dennoch sind der jeweilige Zustand und die ökologische Beschaffenheit des Waldbodens dynamisch; er reagiert zum Teil sehr empfindlich auf Veränderungen des Klimas, der Waldbewirtschaftung und der Stoffeinträge. Jeder dieser Faktoren beeinflusst die Bodenbiologie sowie das ökologische Gleichgewicht, den Nährstoffkreis und den Wasserhaushalt im Wald.

Einzigartige Formationen

Jeder Waldboden hat sich nach den spezifischen Bedingungen des Standortes entwickelt und ist damit einzigartig. Unterschiedliche Ausgangsgesteine, Klimafaktoren, Geländerelief sowie der Einfluss von Wasser, Vegetation, Mensch und Zeit bringen eine enorme Vielfalt an Waldböden hervor. 

Von den periglazial geprägten Landschaften des Norddeutschen Tieflandes, über die Lössbörden bis hin zu den Mittelgebirgen bieten die vier Bundesländer Niedersachsen, Hessen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein geologisch ein sehr breites Spektrum. Von den „reicheren“ Gesteinen wie Geschiebemergel, Kalkstein, Basalt oder Diabas, die deutlich basenreicher verwittern, reicht die Vielfalt an Ausgangsgesteinen über Sande, Beckentone, Lösslehme und Tonschiefer bis hin zu eher silikatärmeren Gesteinen wie Buntsandstein, Grauwacke oder Granit. Je nach Bodenbildungsprozessen, die das Material umwandeln, verlagern oder durchmischen, über Frostsprengung zerkleinern, chemisch verwittern oder lösen und durch Anreicherung von organischer Substanz und Bioturbation Kohlenstoff einbinden, entstehen verschiedene Bodentypen unter Wäldern.

In Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt überwiegen mit Abstand die Sande mit ihren verschiedenen Verlehmungsgraden. Im Hessischen Bergland sind Buntsandstein, Basalt oder Tonschiefer am häufigsten. Waldmoore befinden sich überwiegend in Niedersachsen, obwohl sie vereinzelt überall vorkommen können. Reichere Mergelstandorte sind typisch für den Osten Schleswig-Holsteins, Lösslehm dagegen in den anderen drei Bundesländern.

Naturnahe Waldbewirtschaftung

Die nachhaltige und naturnahe Waldwirtschaft richtet sich nach den von der Natur gegebenen Bedingungen, sowie den Möglichkeiten und Grenzen der jeweiligen Waldböden. Grundlage dafür ist die forstliche Standortskartierung, die flächig die erforderlichen Informationen zum Waldboden und seiner Nährstoff- und Wasserversorgung liefert. Vor dem Hintergrund des Klimawandels sind sowohl fundierte Informationen zum Wasserspeicher­vermögen des Bodens bedeutend, um eine möglichst klimaangepasste Baumartenwahl umsetzen zu können, als auch tragfähige Empfehlungen zur Aufforstung großer Schadflächen abgeben zu können.

Forstliches Umweltmonitoring

Neben der Standortskartierung ist das forstliche Umweltmonitoring ein wichtiges Instrument, um länderübergreifend den Zustand und die Veränderung von Waldböden zu erfassen und zu bewerten. Diese Untersuchungen belegen, dass die Säureeinträge aus der Atmosphäre seit dem Beginn der Industrialisierung neben einer Versauerung auch eine erhebliche Verarmung der Waldböden an Nährstoffen wie Calcium, Magnesium und Kalium verursacht haben. Eine Verknappung dieser essentiellen Nährstoffe kann die Bodenfruchtbarkeit deutlich herabsetzen, was zu verringerten Zuwächsen führen kann und Waldbestände anfälliger für Krankheiten und Schädlinge macht. Zusätzlich führten Stickstoffeinträge zu einer deutlichen Eutrophierung und weiteren Versauerung von Waldböden.

Vor Schädigungen schützen

Um den Waldboden vor zunehmender Versauerung und Basenverarmung zu schützen, wurden großflächig Bodenschutzkalkungen durchgeführt. Außerdem konnten zusätzliche Säureeinträge durch eine deutlich strengere Luftreinhaltungspolitik reduziert werden; die Stickstoffeinträge sind jedoch vielerorts immer noch zu hoch und führen zu einer Schädigung der Ökosysteme. Zudem wirken die hohen Einträge noch viele Jahre nach, während ausgewaschene Nährstoffvorräte irreversibel verloren sind. Zusätzlich gelangen vor allem aus Industrie und der Schädlingsbekämpfung organisch persistente Schadstoffe und Ewigkeitschemikalien (PFAS) in den Waldboden und reichern sich dort an, mit langfristigen negativen Auswirkungen auf die Bodenökologie. Auch die intensive Bewirtschaftung mit zu schweren Maschinen kann Waldböden schaden. Verdichtungen beeinträchtigen die Wasser- und Luftdurchlässigkeit der Waldböden, hemmen das Wurzelwachstum der Bäume sowie die biologische Aktivität.

Bewusster Umgang erforderlich

Der Waldboden ist ein komplexes und sensibles System, das sowohl zahlreiche Funktionen erfüllt als auch erheblichen Risiken ausgesetzt ist. Ein bewusster Umgang mit diesem wertvollen Ökosystem ist entscheidend, um die Gesundheit unserer Wälder langfristig zu sichern und ihre vielfältigen Funktionen zu erhalten. Damit die ökologischen Funktionen unserer Waldböden auch in Zukunft gesichert sind, ist ein funktionierendes Zusammenspiel von wissenschaftlichen Erkenntnissen, gezielten Schutzmaßnahmen und einer naturnahen sowie nachhaltigen Waldwirtschaft erforderlich.