Aufgrund von Konflikten zwischen der ehemaligen Staatsforstverwaltung und privater Jägerschaft zum Thema Jagd in den Isarauen wurde ein waldökologisch-wildbiologisches Gutachten zur Bewertung der aktuellen Situation erstellt und Empfehlungen zum weiteren Vorgehen gegeben. Das Rotwild kommt nur im Südteil vor, allerdings in hohen Konzentrationen. Der Rehwildbestand hat in den letzten Jahren abgenommen.
In den Isarauen zwischen Ismaning und Moosburg haben sich seit Mitte der 1980er Jahre zwischen privaten Jägern und der Staatsforstverwaltung erhebliche Spannungen aufgebaut. Die Jägerschaft der angrenzenden Reviere nahm Anstoß an den jagdlichen Methoden des Forstamts, beklagte eine übermäßige Reduktion der Rehe und befürchtete, dass die vor kurzem erfolgte Erweiterung des Rotwildgebietes Isarauen wirkungslos bleiben würde. Deshalb wurde die Jagd auf Schalenwild in den Revieren des staatlichen Forstamts Freising zwei Jahre lang erheblich eingeschränkt. Die Oberste Jagdbehörde beauftragte die Technische Universität München (TUM), Fachgebiet Geobotanik, sowie den Verein für Arten-, Umweltund Naturschutz (Vauna) mit einem waldökologisch-wildbiologischen Gutachten.
Der Auwald hat sich gewandelt
Die waldökologische Analyse stellt zunächst fest, dass der Isar-Auwald durch die Eingriffe in das Wasserregime seit über 100 Jahren viel von seiner ursprünglichen Dynamik eingebüßt hat. Mittelalte, fremde Reinbestände aus Fichte, Kiefer oder Hybridpappel nehmen größere Flächen ein. Die Standortverhältnisse sind für die Forstwirtschaft im größten Teil der Isarau jedoch gut. Die Forstverwaltung hat sich dennoch aus den weniger produktiven Flächen zurückgezogen. Sie richtet sich heute nach den Grundsätzen der Naturgemäßen Waldwirtschaft und überlässt größere Teilbereiche einer freien, natürlichen Entwicklung.
Verbissbelastung deutlich rückläufig
Bei der Beurteilung der Wald-Wild-Verhältnisse stützt sich die Analyse hauptsächlich auf die Forstinventur (ca. 1.200 Aufnahmepunkte im Staatswald). In den vier südlichen Distrikten lassen sich hohe Verjüngungsvorräte (> 8.000 unverbissene Jungpflanzen pro ha) nachweisen. In den vier nördlichen Distrikten sind die Verjüngungsvorräte hingegen deutlich geringer (< 5.000 Pflanzen).
Die Zeitreihe des Vegetationsgutachtens zeigt einen deutlichen Rückgang der Verbissbelastung seit etwa 1986. Beim Laubholz ist das mittlere Verbissprozent von über 50 auf etwa 20 zurückgegangen.
Schälschäden im Südteil erreichen waldbedrohende Ausmaße
Schälschäden sind nur im südlichen Teil festzustellen. Sie erreichen auf Teilflächen ein Ausmaß, dass mit einer Auflösung der Waldbestockung gerechnet werden muss. Dies ist aus ökosystemarer Sicht unbedenklich, jedoch nicht mit den gesetzlichen Vorgaben in Einklang zu bringen.
Die jagdlichen und waldbaulichen Maßnahmen des Forstamtes trugen in den letzten Jahren entscheidend zu einer aus waldökologischer Sicht positiven Entwicklung der Verjüngung bei. Auf Verbissschutzzäune kann fast durchwegs verzichtet werden. Im Vergleich zu den frühen 1980er Jahren hat der Isar-Auwald an Naturnähe daher deutlich gewonnen. Er erfüllt zunehmend die gesellschaftlichen Anforderungen, die bei einer Leitbilddiskussion mit anderen Interessengruppen definiert worden waren.
Rotwild tritt stark konzentriert auf
Rückrechnungen aus den Jahresjagdstrecken legen nahe, dass das Rotwildgebiet Isarauen derzeit eine Population von etwa 300 Stück beherbergt, die sich ausschließlich im südlichen Teil, also dem ehemaligen Rotwildgebiet mit Zengermoos, aufhalten. Der neu hinzu gekommene nördliche Teil ist weitgehend rotwildfrei. Das Wild konzentriert sich auf wenige Reviere und erreicht dort Bestandsdichten von zehn Stück pro 100 ha. Offensichtlich ist die Populationsverbindung zwischen dem Isar-Auwald und dem Zengermoos abgerissen. Demzufolge muss man eigentlich von zwei kleinen, getrennten Populationen sprechen.
Das Rotwildgebiet Isarauen wurde erst vor wenigen Jahren um den Auwald zwischen Freising und Moosburg auf fast die doppelte Fläche erweitert. Wegen der dichten Besiedelung des Gebiets und der Verkehrsdichte ist jedoch nicht damit zu rechnen, dass sich Rotwild dort von selbst einstellen wird.
Reichlich Ruhe, aber nur im Wald
Die Rehwildstrecken der letzten elf Jahre lassen weder in den staatlichen noch in den privaten Revieren eine Veränderung in der Populationsdichte erkennen. Dennoch ist auf Grund der nachlassenden Verbissbelastung davon auszugehen, dass die Population wegen der intensivierten Bejagung in den Revieren des Forstamtes zurückgegangen ist. Die Jagdstrecken erreichen in den Waldrevieren des Forstamtes sieben bis zehn Stück pro 100 ha. In den Feldrevieren liegen sie weit darunter.
Die Gründe für diese ungleiche Verteilung der Rehe liegen in der Habitatqualität. In den Feldrevieren mit großflächigem Maisanbau ist sie marginal. Hier finden Rehe nur wenige Monate im Sommer vorübergehend ein Auskommen. Der Auwald hat dagegen auf Grund der forstlichen Maßnahmen der letzten Jahre – großflächiges Verjüngungsangebot, Extensivierung auf den weniger produktiven Standorten – an Qualität gewonnen. Er stellt einen nahezu idealen Ganzjahreslebensraum für Rehe dar. Die reichlich angekommene Verjüngung sowie der hohe Anteil der Strauchflora erzwangen jedoch eine Änderung der jagdlichen Methoden hin zu Stöberjagden mit zahlreichen laut jagenden Hunden. Diese Jagden verärgern die Jäger der Nachbarreviere.
Das Gutachten gibt folgende Kernempfehlungen:
- in den staatlichen Revieren die Jagd nur in den Monaten Mai sowie von November bis 15. Januar auszuüben; dies ergibt fünf Monate Jagdruhe in der Vegetationszeit;
- die Rehe weiterhin intensiv mit Ansitz- und Stöberjagd zu bejagen;
- den Rotwildbestand im Teil Süd innerhalb von fünf Jahren auf etwa zwei Drittel abzusenken sowie etwa ein Dutzend Stück einzufangen und im Teil Nord auszusetzen.