Keine andere Schalenwildart hat sich in den letzten 20 Jahren so vermehrt wie das Schwarzwild. Bestandszunahme sowie Ausbreitungstendenz sind weiterhin ungebrochen. Tatsache ist, dass die Jäger angesichts der örtlich auftretenden Schäden in der Landwirtschaft und der Gefahr eines möglichen Ausbruchs der Schweinepest gefordert sind, die Bestände zu begrenzen bzw. zu reduzieren. Nur auf Beute und Revierebene ausgerichtete Jagd hat bisher keine ausreichenden Erfolge bei der Bestandskontrolle und der Schadensminderung gebracht.

Erfolgreiche Jagdarten

Die derzeitige Schwarzwildstrecke wird, geschätzt nach dem Ergebnis einer Befragung in Baden-Württemberg, zu etwa 2/3 auf der Ansitzjagd erlegt, der überwiegende Teil davon an der Kirrung. Bewegungsjagden einschließlich der Treibjagden erreichen ca. 30 %. Die übrigen Jagdarten dürften unter 5 % liegen.

Ansitzjagd

Erfolgreich sind Morgen-, Abend- und Nachtansitz. Die Auswahl der Ansitze erfordert gute Kenntnisse über Einstände, Nahrungsflächen, die Wechsel, die Windverhältnisse und das Raum-Zeit-Verhalten des Schwarzwildes. Es wird umso vorsichtiger, je häufiger es der Jäger vergrämt (was er oft gar nicht bemerkt). Am erfolgreichsten ist nicht der Jäger mit dem meisten Sitzfleisch, sondern der, der zum richtigen Zeitpunkt, bei beständigem, gutem Wind, ausreichendem Licht und guten Nerven am richtigen Platz ansitzt.

Es überrascht, dass Ansitzjagd auf Sauen ohne Kirrung für viele Jäger einem Lotteriespiel gleichkommt. Tatsächlich lässt sich aber auch auf attraktiven Nahrungsflächen im Feld (z.B. Wiesen, Maisfelder), im Wald (Mastbäume) und auf Wechseln trefflich Beute machen. Im Sommer bei großer Hitze gilt das ganz besonders für Suhlen, die dann oft noch bei gutem Büchsenlicht aufgesucht werden. Vertrauter als am Abend kommen die Sauen morgens auf dem Rückwechsel zu den Tageseinständen.

An Kirrungen gehen Sauen am zuverlässigsten in den Abend- und frühen Nachtstunden, wenn sie hungrig die Einstände verlassen. Erfahrene Tiere umschlagen dann oft die vom Menschen präparierten Plätze, um sich Wind zu holen. Sie erleben einen allzeit gedeckten Tisch, in dem sie abends mehrere Kirrungen anwechseln und sich an den nicht bejagten unbehelligt gütlich tun. Effektive Kirrjagd muss möglichst revierübergreifend geplant und ausgeübt werden. Sonst artet sie nur allzuleicht zu einer Fütterung aus, die einen höheren Zuwachs bringt als wir durch die Jagd entnehmen.

Pirsch

Sauen lassen sich im Vergleich zu anderen Schalenwildarten gut anpirschen. Mondhelle Nächte eignen sich dafür ganz besonders. Das laute Brechen übertönt meist die Geräusche des pirschenden Jägers, der allerdings peinlichst genau auf den Wind achten muss.

Bewegungsjagden

Zu den Bewegungsjagden zählen alle Jagdarten, bei denen Schwarzwild durch Menschen und / oder mit Hunden vor die Schützen gebracht wird. Um den hohen Zuwachs abzuschöpfen, kann auf diese Art der Bejagung in der Regel nicht verzichtet werden. Vor allem kann sie dazu beitragen, den Jagddruck zu vermindern. Im Gegensatz zu anderen Schalenwildarten hat die Treibjagd auf Sauen Tradition. Besonders erfolgversprechend erscheint sie bei gekreisten Sauen, wogegen die sogenannten grünen Jagden oft nur zufällige Ergebnisse bringen. Entscheidend für den Erfolg ist, dass die Sauen gesprengt die Schützen anlaufen und nicht die ganze Rotte einen Einzelnen in helle Aufregung versetzt. Das setzt richtiges Postieren geübter Schützen um den Einstand voraus: das Treffer- und Ansprechergebnis nimmt auf Ständen mit übersichtlichem Schussfeld sprunghaft zu. Es empfiehlt sich deshalb, besonders die Wechsel zu den benachbarten Einständen abseits der zu treibenden Dickungen zu besetzen. Schwarzwild wählt, wie der Fuchs, meist die kürzeste Verbindung zur nächsten Dickung.

Auf Bewegungsjagden, meist als Ansitz-, Drück- oder Stöberjagd durchgeführt, durchsetzen Schützen, Hundeführer, teilweise mit und ohne Treiber, großflächig Einstandsgebiete mit oft weit mehr als 1.000 Hektar. Zweckmäßig, vor allem im ebenen Gelände, erscheint es, die Schützen auf ca. zwei Meter hohen Drückjagdständen zu platzieren, die ein Schießen auf bewegliche Ziele zulassen. Sie besetzen dabei zwei bis vier Stunden die Fluchtwechsel. Um die guten Wechsel zu erfahren, kommt der Meldung über die beobachteten Wildbewegungen nach der Jagd entscheidende Bedeutung zu. Im Alt- und Stangenholz zwischen den Dickungen, von laut jagenden Hunden angekündigt, können die Schützen das Wild ansprechen, sicher erlegen und brauchen keine Schnappschüsse zu riskieren. Dabei läuft eine Rotte oft mehrere Schützen an und kann so erfolgreich beschossen werden. Hundeführer gehören immer an die Einstände. Ihre Hunde müssen mit ihrer oder der Treiber Unterstützung die Dickung vor ihnen ausjagen und wildleer halten. Wenige Treiber, vor allem aber auf Schwarzwild eingejagte Hunde halten so das Wild in Bewegung. Das gelingt durch wiederkehrende Beunruhigung besser als durch eine lärmende Treiberlinie. Wenn nach dem Treiben und Jagen der Hunde die Schützen noch etwa 45 Minuten auf den Ständen verbleiben, wird noch so mancher erfolgreiche Schuss möglich. Denn Sauen, die sich dem Druck der Hunde und Treiber stellten, verlassen nach Einkehr der Ruhe den beunruhigten Ort.

Wer Schweinsköpfe ernten will, muss Hundsköpfe ausbilden

Erfolgreich sind Hunde, die bevorzugt oder sogar ausschließlich an Schwarzwild jagen, es scharf attackieren und verbellen, so dass es den Einstand verlässt. Oft wird dies nur unter dem Beischlagen (Anschließen) anderer Hunde oder mit Unterstützung von Treibern / Hundeführern gelingen, die auf den Keif (Standlaut) zugehen. Wir wollen hier nicht den überscharfen Packer, der die Jagdsaison weitgehend im Wundbett verbringt. Das alte Sprichwort: "Wer Schweinsköpfe ernten will, muss Hundsköpfe dran geben" gilt somit nur modifiziert, es muss lauten: "Wer Schweinsköpfe ernten will, muss Hundsköpfe ausbilden!" Gefragt ist der mit ausreichender Wildschärfe und Jagd verstand ausgestattete fährtenlaute Hund.

Fährtenlaute Hunde sind für das Wild berechenbar. Es hält seine Fluchtwechsel ein und flüchtet nicht panisch wie vor dem stummen Hund. Hunde mit viel Erfahrung auf Sauen können sich zu Spezialisten entwickeln, die dann von gestellten Rotten einen Frischling nach dem anderen abdrängen und vor die Schützen bringen.

Die derzeitige Praxis zeigt aber einen ausgesprochenen Mangel an Hunden, die zuverlässig an Sauen jagen. Die Mehrzahl der Hunde laufen auf Bewegungsjagden, die anderen Schalenwildarten gelten. Werden jungen Hunden dabei Rehe vorgeschossen, so jagen sie später bei entsprechender Veranlagung zwar auch noch an Schwarzwild, aber nur bis sie den ersten Schlag erhalten. Dann werden sie sich an die lustige, angenehme und erfolgreiche Rehjagd erinnern und die wehrhafte Sau unbehelligt lassen, so lange noch ein Reh in der Dickung steckt. Der Einsatz einer Saumeute von 20 und mehr aufeinander eingejagten Hunden, die mit ihrem Führer die Dickungen durchjagen, hat sich auf Schwarzwildjagden bestens bewährt. Sie können angemietet werden, sind aber oft schon lange Zeit vorher ausgebucht und nur in begrenzter Zahl verfügbar. Bewegungsjagden ohne Hundelaut sind wie die Suppe ohne Salz und das Stochern nach einer Stecknadel im Heuhaufen: meistens erfolglos!

Die Ausbildung zum Saufinder

Schon als Welpe soll der spätere Saufinder frühzeitig sein späteres Lieblingswild kennen lernen: Ein eingefrorenes Stück Sauschwarte, das der Hund an der Dressurangel jagen und schütteln darf.

Eine erlegte Sau, der er sich vielleicht vorsichtig mit gesträubten Nackenhaaren annähert, die er aber dann unter Anrüden seines Herrn rupfen und verbellen darf, frische Lager im Revier, Saufährten denen er an der Leine nachhängt, Schaugatter, wo er die Sauen am Zaun mit Unterstützung seines Herrn wütend verbellen wird. All diese Gelegenheiten prägen den Hund auf seine spätere Beute. Seine erste kurze Totsuche wird unser Saufinder nicht auf den Rehbock, sondern auf die "wilde Sau" absolvieren, die dann sein "Kopfhund" durch Schütteln an den Tellern und Läufen wieder zum "Leben" erweckt. Dieses Erfolgserlebnis wird mit besonders viel Lob und leckeren Happen belohnt. Die ersten angenehmen Erfahrungen vermitteln dem Hund den Eindruck, dass Schwarzwild zu besiegen ist und von ihm keine Gefahr ausgeht.

Das erste Jagderlebnis prägt gerade den Saufinder, darum sollte möglichst früh vor ihm ein Stück Schwarzwild geschossen werden, das er fährtenlaut gejagt hat. Hier erfährt sein Finderwille und seine Wildschärfe einen regelrechten Schub. Für seine weitere Saufinderkarriere ist es dann wichtig, dass man ihm helfen kann, wenn er eine Sau stellt. Hierzu muss der Hundeführer unter lautem Rufen und mit Warnkleidung seinen Stand verlassen dürfen um den Keif anzugehen. Ein so ausgebildeter Hund braucht diese Erlebnisse nur mehr durch jagdlichen Einsatz in der Praxis zu festigen. Wenn dann vor ihm auch gelegentlich ein Reh oder anderes Stück Wild erlegt wird, tut dies seiner Vorliebe für Sauen keinen Abbruch und er wird auch zukünftig zuerst Sauen finden, bevor er an anderem Wild jagt. Um soweit zu kommen, muss es aber auch Jagden geben, auf denen nur Sauen frei sind.

Ansprechen und Schießen

Übungsschießen auf bewegliche oder plötzlich auftauchende Ziele ist Voraussetzung für eine erfolgreiche und sichere Teilnahme an Bewegungsjagden. Zusagen für Jagdeinladungen sollten an den Nachweis entsprechender Schießübungen gekoppelt sein. Sauen verlassen ihre Einstände i. d. R. in Reihenformation, angeführt von der Leitbache, der gewöhnlich die Frischlinge und übrigen Rottenmitglieder (Überläufer, nachrangige Bachen mit ihren Frischlingen) folgen. Das Ansprechen der Frischlinge bereitet hier selbst dem Anfänger keine Probleme. Auch die etwas größeren Überläufer sind noch relativ sicher anzusprechen. Schwieriger wird es dann, den flüchtigen Keiler von der Bache zu unterscheiden. Auch das Ansprechen der Einzelstücke einer gesprengten Rotte ist nicht mehr so einfach, wobei Frischlinge sicher an ihrer geringen

Größe und ihrer braun / graubraunen Schwarte gut zu erkennen sind. Auch Überläufer können ihrer Größe nach noch weitgehend richtig angesprochen werden, wobei hier ein Verwechseln mit geringen Bachen / Keilern möglich ist. Bewegungsjagden eignen sich aber hauptsächlich dafür, den bei Schwarzwild zwingend notwendigen Abschuss des Jungwildes erfolgreich und mit möglichst geringem Jagdruck zu erfüllen. Keiler sind am sichersten am Pinsel und am Gewaff zu erkennen. Liegt anstelle eines Überläufers einmal eine geringe, nicht mehr säugende Bache, werden die Frischlinge dann von der Rotte geführt. Der Verlust einer Leitbache ist jedoch in jeglicher Hinsicht ein Fehler. Darum hier im Zweifelsfall (wenn nicht Frischling, Überläufer oder Keiler) den Finger gerade lassen, wenn das Absehen eine mögliche Leitbache erfasst.

Gemeinsame Jagdstrategien

Die hohen Strecken in den letzten Jahren zeugen von den Anstrengungen der Jäger, die aber den noch höheren Zuwachs nicht einholen konnten. Eine nennenswerte Steigerung der Strecke bei der Ansitzjagd, die ja das scheue Wild begünstigt, ist allenfalls in revierübergreifenden Bejagungskonzepten denkbar. Bessere Ergebnisse ließen sich mit großräumig abgestimmten Bewegungsjagden erzielen. Grüne Jagden in unseren für Schwarzwild zu kleinen Revieren bergen das Risiko, das Wild nicht anzutreffen. In revierübergreifenden Bewegungsjagden auf der Fläche von Schwarzwildarbeitsgemeinschaften sind die Sauen aber irgendwo zu finden. Vor Hunden und Treibern bewegen sich Rotten und Einzelstücke zwischen den möglichen Einständen und können so mehrmals beschossen werden. Jeder Revierinhaber kann für sein Revier einladen und die Jagd organisieren. Gejagt wird in allen Revieren zeitgleich. Da zuverlässige Schützen und Hundeführer gefragt sind, sollten Termine für diese Jagden frühzeitig, am besten für Jahre, festgelegt sein.

Unter kompetenten Jagdleitern erziehen Bewegungsjagden zu diszipliniertem Verhalten wie keine andere Jagdart. Unter den gegebenen optimalen Lebensbedingungen des Schwarzwildes ist der Bestand nur in den Griff zu bekommen, wenn alle auf das Schwarzwild geeigneten Jagdarten erfolgreich, im Sinne der Abschusshöhe, der Bestandsstrukturen und auch des Tierschutzes zur Anwendung kommen. Dabei leisten die "Feldjäger" vor allem in der Sommerjagd auf Frischlinge und Überläufer einen unverzichtbaren Beitrag zur Schadensverminderung. Die Waldjäger müssen jedoch in revierübergreifenden Herbst- und Winterjagden die Kontrolle für einen der Landeskultur angepassten Bestand übernehmen.