Der Grasfrosch ist unsere am weitesten verbreitete Amphibienart und in Deutschland vergleichsweise noch häufig anzutreffen. Er wandert im zeitigen Frühjahr zu seinem Laichgewässer und verbringt die Landphase weitestgehend in dichter Gras- und Krautvegetation im Offenland und lichten Wäldern. Veränderungen in Feld und Flur, insbesondere die Intensivierung der Landwirtschaft und Zerschneidung von Habitaten machen dem sonst so anspruchslosen Lurch aber zu schaffen. Eine zunehmende Abwanderung der Grasfrösche in die weniger beeinträchtigten Lebensräume der Wälder ist die Folge. Dem Wald fällt daher eine zunehmend wichtigere Rolle als Habitat zu.
Eher unauffällig unterwegs
Der Grasfrosch, im Volksmund auch "Taufrosch" oder "Märzfrosch" genannt, bildet zusammen mit den beiden Arten Moorfrosch (Rana arvalis) und Springfrosch (Ranadalmatina) die Gruppe der Braunfrösche innerhalb der Gattung der Echten Frösche (Rana). Charakteristisch für ihre Art ist ihr markanter dunkler Schläfenfleck, der sich gut sichtbar hinter dem Auge abzeichnet. Ansonsten ist der bis 10 cm große Frosch mit stumpfer Schnauze eher unauffällig grau-braun, rötlich-braun bis olivgrün gefärbt, häufig mit dunkler Fleckung auf der Oberseite. Der Bauch ist meist hell marmoriert.
Verbreitung
Der Grasfrosch (Rana temporaria) ist unsere am weitesten verbreitete europäische Amphibienart. Das Vorkommen dieser "Allerweltsart" erstreckt sich im Westen vom Kantabrischen Gebirge auf der Iberischen Halbinsel bis tief nach Russland über die Tiefebenen Westsibiriens. Dagegen fehlt diese Art weitestgehend im Mittelmeerraum. Richtung Norden reicht das Areal des Grasfrosches weiter als bei allen anderen Amphibienarten. Als einzige Lurchart besiedelt er auch das Nordkap.
In Deutschland ist der Grasfrosch flächendeckend von den Nord- und Ostseeinseln bis hin zu den Alpen anzutreffen. Hier liegt das höchste vom Grasfrosch genutzte Laichgewässer auf 2.775 m ü. NN im schweizerischen Kanton Graubünden. Die durch den Menschen verursachten Veränderungen in der Landschaft führen jedoch dazu, dass es trotz seiner flächendeckenden Verbreitung in Deutschland zu regional sehr starken Unterschieden in der Dichte der Verbreitung und des Lurchbestandes kommt.
Lebensraum
Der Grasfrosch ist in Bayern vergleichsweise noch häufig anzutreffen. Seine weite Verbreitung spiegelt sich auch in einem breiten Lebensraumspektrum wieder. Es erscheint schwierig, die Ansprüche an sein Habitat fest zu machen, dienen der Art als Laichgewässer doch eine Fülle von stehenden und fließenden Gewässern. Den Großteil der Grasfrösche findet man in der Paarungszeit in permanenten, stehenden Gewässern wie Teiche und Kleinweiher. Er nutzt aber auch ruhigere, langsam fließende Gewässer wie Gräben und Bäche. Gewässer mit dichtem Fischbesatz sowie schnellfließende Gewässer werden dagegen eher gemieden und nur bei fehlendem Laichgewässerangebot genutzt. Zum Ablaichen bevorzugt er überwiegend flache, mit Vegetation versehene und besonnte Uferzonen. Namensgebend nutzt der Grasfrosch vor allem dichte Gras- und Krautvegetation als Unterschlupf in den Sommermonaten statt wie viele andere Lurcharten Steine oder Altholz. Diese findet er im Offenland auf brachliegenden Flächen, an Feldgehölzen, entlang von strukturierten Waldrändern oder innerhalb lichter Wälder. Sobald es regnet, begeben sich Grasfrösche auch in vegetationsärmere Standorte zur Nahrungssuche.
Zur Überwinterung zieht es den Lurch oft wieder zurück in geeignete Gewässer – häufig die Laichplätze vom Frühjahr – um am Grund auszuharren. Bei anhaltender Eisdecke in stehenden Gewässern fallen Grasfrösche nicht selten dem Erstickungstod zum Opfer. Vielerorts herrscht daher ein hoher Andrang in sauerstoffreichen Fließgewässern und Standgewässern mit permanenter Frischwasserzufuhr. Ein anderer Teil der Tiere überwintert in Erdlöchern und anderen frostfreien Verstecken.
Paarung und Fortpflanzung
Die Gruppe der Braunfrösche gilt als besonders kälteresistent. Dies zeigt sich auch im zeitigen Beginn ihrer Aktivität im Frühjahr. Sobald die mikroklimatischen Bedingungen günstig sind, wandern Grasfrösche bereits ab Ende Januar – oft zu Tausenden – zu ihren Laichgewässern, sofern sie dort nicht bereits überwintert haben. Bei anhaltenden Temperaturen über 5 °C und frostfreien Nächten kann es bereits im Februar zu Verpaarungen kommen. Das Hauptlaichgeschäft erfolgt jedoch im März, wobei jedes Weibchen – je nach Größe – einen gallertartigen Eiklumpen mit 800 bis 2.500 Eiern ablegt. Dabei bilden oft die von vielen Weibchen abgelegten Laichballen mehrere quadratmetergroße Laichteppiche. Nach zwei bis drei Wochen schlüpfen die fast schwarzen Larven und nach weiteren zwei Monaten verwandeln sich die Kaulquappen schließlich zu Jungfröschen. Die Art gilt als "Explosivlaicher", die sich nur für einige Tage oder wenige Wochen im Frühjahr am Laichgewässer aufhält, ehe sie wieder in ihre Sommerlebensräume abwandert.
Abb. 3: Von vielen Weibchen abgelegte Laichballen bilden einen Laichteppiche (Foto: A. Meyer, DGHT).
Fressen und gefressen werden
Grasfrösche sind überwiegend in der Dämmerung und nachts aktiv, begeben sich aber bei regnerischen Tagen auch tagsüber auf Beutefang. Abhängig vom Landlebensraum ist ihr Nahrungsspektrum sehr vielseitig. So stehen auf der Speisekarte des Lurchs Asseln, Mücken, Käfer, Spinnen, Schnecken und Würmer.
Zu den natürlichen Fressfeinden gehören bereits im Laich- und Larvenstadium verschiedene Tierarten. In Gewässern, in denen zahlenmäßig viele Molche vorkommen, ist die Entwicklungschance von Grasfröschen verschwindend gering. Auch für Vögel – allen voran die Stockente – sind Laich und Larven ein gefundenes Fressen. Daneben treten einzelne Wasserinsekten, etwa Schwimmkäfer, Libellenlarven und räuberische Wasserwanzen als Fressfeinde auf. Die heranwachsenden Kaulquappen werden bereits von einigen Raub- und Friedfischen als potenzielle Beute beäugt. Nur ein verschwindend geringer Teil der Larven schafft so die Entwicklung zum Jungfrosch. Begeben sich die Jungtiere an Land, fallen sie häufig verschiedensten Vogelarten zum Opfer. So lauern Krähen, Greifvögel und Reiher den Jungfröschen am Uferrand auf. Nicht selten werden sie auch von Spitzmäusen, Iltissen und Maulwürfen gefressen.
Abb. 4: Nur ein verschwindend geringer Teil der Kaulquappen schafft die Entwicklung zum Jungfrosch (Foto: Fünfstück H.-J./www.5erls-naturfotos.de).
Gefährdungen
Der Grasfrosch gilt aufgrund seiner weiten Verbreitung und vergleichsweise geringen Lebensraumansprüche als "Allerweltsart". Dennoch müssen in den letzten Jahren vermehrt Bestandsrückgänge in einigen Teilen Europas verzeichnet werden. In vielen deutschen Bundesländern wird der Grasfrosch daher auf der Vorwarnliste geführt, so auch in Bayern. Einige Bundesländer wie Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Brandenburg stufen den Lurch bereits als "gefährdet" ein.
Ursachen liegen hier vor allem in der intensiv genutzten Landwirtschaft und der Eutrophierung der Böden durch den Eintrag von Düngemittel begründet. Erstere sorgt durch die Intensivierung der Flächennutzung in den vergangenen Jahrzehnten für einen zunehmenden Verlust geeigneter Lebensräume und Habitatstrukturen und somit zum Rückgang der Lurchbestände. Bei einer vom Umweltbundesamt im Jahre 2013 in Auftrag gegebenen Studie untersuchten Wissenschaftler die Auswirkungen verschiedener Pflanzenschutzmittel auf Grasfrösche. So wie viele andere Lurcharten nutzen Grasfrösche landwirtschaftliche Äcker und Felder als Lebensraum im Sommer und als Wanderkorridor zu den Laichgewässern im Frühjahr. Dies kann dazu führen, dass die besonders empfindliche, nackte Haut der Amphibien mit ausgebrachten Pflanzenschutzmitteln in Berührung kommt. Die Forscher stellten fest, dass bei einigen Pestiziden schon bei einem Zehntel der erlaubten Ausbringungsmenge akute Lebensgefahr für die Lurche besteht.
Neben der Intensivierung der Landwirtschaft führen Grundwasserabsenkungen und der damit einhergehenden Trockenlegung von Gewässern zum Verlust potenzieller Laichgewässer. Zu guter Letzt führt der Siedlungs- und Straßenbau zu einer Zerschneidung der Landschaft und somit der Wanderkorridore der Grasfrösche. Gerade zur Zeit der Laichwanderung im Frühjahr fallen viele Grasfrösche dem Verkehrstod zum Opfer.
Schutzmaßnahmen im Wald
Mangels eines artspezifischen Schutzkonzeptes profitiert der Grasfrosch generell nur von Schutzmaßnahmen für Amphibien, die die Landlebensräume und Laichgewässer erhalten. Die Forstwirtschaft kann dieser Art insbesondere durch eine bodenschonende Waldbewirtschaftung, Förderung naturnaher, laubbaumreicher Bestände und durch Totholzanreicherung unter die Arme greifen. Waldlichtungen und lichte Strukturen in den Beständen schaffen eine nötige Gras- und Krautvegetation. Vielschichtige, breite Waldsäume sind wichtige Strukturen, die Landlebensräumen wie Wälder, Feuchtwiesen und Brachflächen vernetzen und dem Grasfrosch und weiteren Amphibien als Wanderkorridore dienen.
Im Zuge von Wegebau- und Instandsetzungsmaßnahmen können Kleingewässer und Tümpel entlang der Wege angelegt werden und eine kleintierschonende Graben- und Böschungsunterhaltung kommt den Amphibien ebenfalls zu gute. Die Schaffung von neuen Kleingewässern sollte – soweit möglich – in einem mosaikartigen Verbund mit räumlichem Bezug zu einer bereits vorhandenen Grasfroschpopulationen erfolgen. Bestehende, mit Wasser gefüllte Fahr- und Rückespuren sollten nach Möglichkeit nicht wieder verfüllt werden, da diese als temporäre Lebensräume dienen können.
Atlas der "Amphibien und Reptilien in Bayern"
Dieses Buch beschreibt die Verbreitung, Lebensweise und Lebensräume aller 30 in Bayern heimischen sowie aller weiteren dort nachgewiesenen Amphibien- und Reptilienarten. Rund zwei Dutzend Praxisbeispiele von erfolgreich durchgeführten Schutzprojekten regen zum Nachahmen an und machen das Buch auch überregional zu einer unverzichtbaren Standardwerk für den Natur- und Artenschutz.
Dieses Werk ist beim Eugen Ulmer Verlag erschienen; ISBN 978-3-8186-0379-3.