Das Landkärtchen (Araschnia levana) mag es nicht extrem. Der Schmetterling ist in vielen Ländern verbreitet, grob skizziert im gemäßigten Europa bis nach Japan. Das Mittelmeergebiet und nördliche Skandinavien meidet es. In Bayern ist die Art fast flächendeckend anzutreffen und nicht selten. Sie bevorzugt Höhenlagen zwischen 100 und 1.000 m ü. NN.

Der Schmetterling lebt in feuchten Waldinnen- und -außenrändern sowie auf Flächen, die dicht mit Sträuchern bestockt sind. Die Große Brennnessel (Urtica dioica) spielt als Eiablagepflanze sowie als Raupennahrung eine entscheidende Rolle. Blütenreiche Wiesen sind dagegen für die erwachsenen Falter eine wichtige Nahrungsquelle.

Steckbrief

Wie man den Schmetterling erkennt, soll mit ein paar wichtigen Merkmalen erläutert werden.

Zwei Erscheinungen: Die Flügelunterseite des Falters erinnert mit seinen feinen Linien an eine Landkarte und verhalf ihm zu seinem Namen. Erstaunlicherweise hat der Schmetterling zwei Erscheinungsformen der Flügeloberseite: die orangebraune Frühjahrsform (f. levana, 1. Generation) und die dunkle Sommerform (f. prorsa, 2. und ggf. 3. Generation) mit weißen- sowie orangefarbenen Flecken. Welche Form der Falter annimmt, hängt mit der Tageslänge während der Raupen- und Puppenphase zusammen; dies wird Saisondimorphismus genannt. Welchen Vorteil die unterschiedlichen optischen Erscheinungsformen für die Art hat, ist bisher noch nicht geklärt und bedarf der weiteren Forschung. Der Saisondimorphismus ist ein echtes Alleinstellungsmerkmal unter den europäischen Tagfaltern.

Abb. 2a und b: Ein Falter, zwei Gesichter: Die Frühjahrsgeneration (links) ist orangebraun und trägt eine zartblau schimmernde Fleckenreihe am hinteren Flügelpaar. Die Sommergeneration (rechts) dagegen ist fast schwarz mit weißen und orangenen Flecken. Fotos: PantherMedia / CreativeNature und PantherMedia / Lothar Hinz

Die Falter suchen zur Nahrungsaufnahme das Offenland auf. Sie sind typische Blütenbesucher und nutzen ganz unterschiedliche Blütenpflanzen. Die Frühjahrsform des Landkärtchens ist auf Schlehe, Weißdorn, Sternmiere oder Sumpfdotterblume anzutreffen. Die Sommerform saugt dagegen gerne an weißen Doldenblütlern wie Wilde Möhre oder Engelwurz, aber auch an Wasserdost und weiteren Blütenpflanzen.

Zu beobachten sind die Falter der Frühjahrsgeneration ab Mitte Mai bis Mitte Juni. Die Sommerform erscheint ab der ersten Junihälfte bis Ende August. Je nach Witterung kann sich der Flugzeitraum zeitlich etwas nach vorne bzw. hinten verschieben.

Eigelege von besonderer Gestalt: Die Eier werden bevorzugt an der Großen Brennnessel abgelegt, dazu muss diese jedoch luftfeucht und eher schattig stehen. Die einzigartigen Eigelege klebt das Falterweibchen auf der Blattunterseite zu nach unten hängenden, grünen Türmchen aneinander. Die Larven schlüpfen dann seitlich aus den Eiern.

Raupen mit Dornen: Die Raupen ernähren sich von der Großen Brennnessel und leben sehr gesellig zusammen. Sie sind vorwiegend schwarz und tragen an jedem Segment verzweigte Dornenpaare. Ab dem zweiten Larvenstadium (L2) bildet sich ein Dornenpaar auf dem Kopf der Raupe aus, womit sie sich von der leicht zu verwechselnden Raupe des Tagpfauenauges (Aglais io) unterscheidet.

Puppen – ein seltener Anblick: Die Puppen sitzen an der Großen Brennnessel. Sie sind meist braun und weisen spitze Erhebungen auf. Die Puppen der letzten Generation überwintern. Aus dem Freiland sind nur wenige Puppenfunde bekannt. Dabei handelte es sich meist um Einzelfunde, was verwundert, da die Raupen vor der Verpuppung doch sehr zahlreich an einer Brennnessel zusammenlebten.

Was der Falter mag

Die Art profitiert von Stickstoffeinträgen und der damit verbundenen Zunahme der Brennnessel. Allerdings ist nicht jedes Brennnesselvorkommen für das Landkärtchen interessant. Geeignete Standorte befinden sich vor allem in feuchter und schattiger Umgebung und dürfen nicht zu sehr besonnt sein.

Wer der Art etwas Gutes tun möchte, sollte beschattete Brennnesseln zur Eiablage und als Raupennahrung gar nicht oder nur abschnittsweise mähen. Die Falter (1. Generation) profitieren aber auch von blütenreichen Waldrändern. Wer seine Waldränder mit blütentragenden Sträuchern wie Weißdorn und Schlehe anreichern möchte, dem bietet das waldbauliche Förderprogramm (WALDFÖPR) zusätzlich finanzielle Unterstützung.

Daneben spielen für die Sommerfalter auch blütenreiche Wiesen als Saughabitate eine ganz wichtige Rolle. Wer also zumindest entlang von feuchten und schattigen Waldrändern Blühwiesen teilweise belässt oder möglichst spät mäht – optimalerweise erst nach der zweiten Faltergeneration Ende August – der hilft dem Landkärtchen und auch vielen anderen Arten sehr.

Dabei könnte auch eine Förderung über die neu eingeführten Öko- Regelungen (Altgrasstreifen, Blühstreifen) oder das Kulturlandschaftsprogramm (Kulap) mit seinen Angeboten zur extensiven Grünlandbewirtschaftung oder zur Anlage von Blühflächen in Betracht kommen. Das zuständige Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten berät hierzu gerne.