Herkunft und Ausbreitung in Europa
Die aus Südostasien stammende Asiatische Hornisse (Vespa velutina), die man wegen ihrer markanten gelben Füße im Englischen auch “yellow-legged hornet” nennt, breitet sich seit ihrem Erstnachweis in Südwestfrankreich im Jahre 2004 weiter in Europa aus. Die Heimat der in Europa eingeschleppten Unterart Vespa velutina nigrithorax liegt in China sowie in der Grenzregion zwischen Indien und Myanmar. Wichtig ist es zunächst hervorzuheben, dass es sich bei dieser nach Europa eingeschleppten und seit 2014 auch in Teilen Deutschlands nachgewiesenen Asiatischen Hornisse (Vespa velutina nigrithorax) nicht um die immer wieder in den Medien genannte Japanische Riesenhornisse (Vespa mandarinia) handelt (s. Info-Kasten).
Die Art gelangte mit Warensendungen aus Asien nach Frankreich. Ihre Ausbreitung in Frankreich verlief sehr schnell. Innerhalb weniger Jahre wurden rund zwei Drittel des Landes besiedelt. Nur aus den nordöstlichen Departements liegen bisher keine Nachweise vor. Die Ausbreitung erreichte auch die grenznahen Regionen Spaniens und Italiens. Ein isoliertes Vorkommen entwickelte sich in Nordportugal. Aus Südbelgien liegt ein Einzelnachweis vor (Witt 2015).
Ausbreitung in Deutschland und Bayern
In Deutschland wurde die Art erstmals 2014 in der baden-württembergischen Stadt Waghäusel bei Karlsruhe entdeckt. Der erste bestätigte Nestfund gelang im November 2014 in Büchelberg (Rheinland-Pfalz). Nachweise liegen unterdessen aus Rheinland-Pfalz, Saarland, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Hamburg, Berlin und seit 2022 auch aus Bayern vor. 2018 wurden Nester der Asiatischen Hornisse in und um Karlsruhe gefunden. Zwei der Nester befanden sich in luftiger Höhe von etwa 20 Metern in den Kronen von Laubbäumen, sodass sie erst nach Beginn des Laubfalls ab Ende Oktober entdeckt und entfernt werden konnten (Höcherl/Berg 2019).
In Bayern wurde 2022 in den “Faunistischen Notizen” der Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Entomologen (ABE) ein Foto einer Asiatischen Hornisse veröffentlicht, das am 22.10.2022 bei Neuhütten im Spessart aufgenommen wurde. Dies ist wahrscheinlich der dokumentierte Erst-Nachweis dieser Art für Bayern! 2023 gab es die ersten Nestfunde in Bayern. Insgesamt wurden fünf Nester aufgefunden und entfernt, das letzte im unterfränkischen Miltenberg am 19.11.23.
Merkmale und Unterscheidungen zur Hornisse
Es ist wichtig, die Asiatische Hornisse von der geschützten heimischen Hornisse (Vespa crabro) sicher zu unterscheiden. Die Asiatische Hornisse ist insgesamt etwas kleiner und deutlich dunkler gefärbt als unsere heimische Hornisse. Arbeiterinnen der Asiatischen Hornisse erreichen eine Körperlänge von bis zu 2,5 cm, Königinnen von bis zu 3 cm. Damit sind sie etwas kleiner als unsere Hornisse, die bei den Arbeiterinnen eine Körperlänge von bis zu 3 cm und Königinnen von bis zu 3,5 cm erreichen.
Die heimische Hornisse ist durch ihren gelb-schwarz gemusterten Hinterleib deutlich von der Asiatischen Hornisse zu unterscheiden (s. Abb. 3 u. 4). Dagegen ist der Körper der Asiatischen Hornisse Vespa velutina überwiegend schwarz. Die Beine sind gelb, was ihr im Englischen den Namen „yellow-legged hornet“ (Gelbfuß-Hornisse) eingebracht hat. Nach einem breiten dunklen Bereich ist der Hinterleib ebenso wie das Kopfschild orange bis gelblich. Die eingeschleppte Farbvariante V. velutina var. nigrithorax hat eine komplett schwarze Brust (Höcherl/Berg 2018).
Ein weiterer Unterschied zeigt sich im Nestbau. Während unsere heimische Hornisse ihre Nester immer in geschützten Höhlen, Nistkästen oder Verstecken anlegt, baut die Asiatische Hornisse überwiegend frei in den Kronen von Bäumen, in bis zu 20 m Höhe, hängende Nester (s. Abb. 2). Seltener sucht sie geschützte Stellen, z.B. unter Dachvorsprüngen, zum Nestbau.
Aufgrund fehlender einfacher morphologischer Unterschiede können Arbeiterinnen von Königinnen bei der Asiatischen Hornisse im Gelände nicht sicher unterschieden werden.
Auswirkungen auf die heimische Tierwelt
Wenn auch bisher Meldungen von Verlusten von Bienenvölkern durch die Asiatische Hornisse bei uns nur Einzelfälle sind, so zeigen die Erfahrungen aus unseren Nachbarländern, dass sie durchaus eine Bedrohung für die Imkerei darstellen kann. Im Vergleich zu unserer heimischen Hornisse, die bekanntlich auch einzelne Honigbienenarbeiterinnen abfängt, aber den Hauptanteil ihrer Nahrung mit Larven und Imagines von Fliegen und Mücken deckt, machen bei Vespa velutina Honigbienen 37 bis 85 Prozent der Beute aus. (Höcherl/Berg 2019). Honigbienen sind damit für die Asiatische Hornisse ein wichtiger Bestandteil ihres Nahrungsspektrums, dennoch kommt es nicht grundsätzlich zu einer Zerstörung ganzer Honigbienenvölker. Hintergrund ist, dass Bienenvölker bei einem starken Beflug der Asiatischen Hornisse ihre Flugaktivität einschränken oder sogar ganz einstellen. Da die Asiatische Hornisse primär die zurückkommenden Arbeiterinnen abfängt, reduziert sich auf diesem Wege ihr Fangerfolg. Dennoch wirkt sich diese Strategie nachteilig für die Bienenvölker aus, denn sie tragen weniger oder keine Vorräte mehr ein. Gerade in der starken Präsenz von Vespa velutina im August und September werden die Winterbienen produziert. Durch die verminderte Sammelleistung der Bienenvölker kann das zu einer Unterversorgung der eigentlich langlebigen Winterbienen führen (Requier et. al. 2018).
Ob sich die Asiatische Hornisse auf die Populationen der heimischen sozialen Faltenwespenarten, z.B. durch Konkurrenz um Neststandorte oder Nahrung und durch Prädation auswirkt, muss genau beobachtet werden. Noch liegen keine wissenschaftlichen Erkenntnisse über einen negativen Einfluss auf unsere heimische Hornisse vor. Es könnte sein, dass für die Hornisse im Frühjahr eine Konkurrenzsituation hinsichtlich der Nistplätze mit der früher fliegenden Asiatischen Hornisse vorstellbar ist. Andere Arten der sozialen Faltenwespen gehören dagegen zur regelmäßigen Beute der Asiatischen Hornisse und könnten somit durch Prädation direkt beeinträchtigt werden.
Die Völker der Asiatischen Hornisse sind deutlich individuenreicher als die der heimischen Hornisse. Die maximalen Zahlen liegen bei der heimischen Hornisse bei 1.700 produzierten Individuen (Witt 2015), während Völker der Asiatischen Hornisse über 10.000 Individuen erreichen können (Witt 2015).
Nach den Vorgaben der VO (EU) 1143/2014 muss jedes Vorkommen der Asiatischen Hornisse bei den zuständigen Umweltbehörden gemeldet werden (Untere Naturschutzbehörden [UNB] der Landkreise bzw. kreisfreien Städten). Die heimische Hornisse (Vespa crabro) ist als besonders geschützte Art nach Bundesartenschutz-Verordnung (BArtSchV Anl. 1) i. V. m. § 44 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) eingestuft. Daher ist es in der Praxis wichtig, beide Arten nicht zu verwechseln. Die Asiatische Hornisse lässt sich, wie oben beschrieben, gut und einfach von der heimischen Hornisse unterscheiden.
Das Institut für Bienenkunde und Imkerei (IBI) der LWG in Veitshöchheim hat eine Unterscheidungshilfe zwischen einheimischer und Asiatischer Hornisse im Scheckkartenformat herausgebracht, die an Imker verteilt wurde. Außerdem wurde dort bereits 2017 erfolgreich ein Vorwarnsystem unter dem Namen “Bee Warned” gegen die Asiatische Hornisse und den Kleinen Beutenkäfer eingeführt (Höcherl/Berg 2017, Höcherl/Berg 2019). Die “BeeWarned” Internetseite ist auch die offizielle Meldeplattform für Bayern für verifizierte Funde der Asiatischen Hornisse.
Ausblick
Das Gefahrenpotential der Asiatischen Hornisse für heimische Arten wie v.a. Honigbiene (Apis mellifera) und Hornisse (Vespa crabro) bleibt abzuwarten. Die Gefährlichkeit dieses Insekts für den Menschen wird leider häufig übertrieben. Aufgrund ihrer hohen Individuenzahl und Nestdichte kann die Asiatische Hornisse Einfluss auf die Biodiversität nehmen. Für die Imkerschaft ist es eine neue Herausforderung, der jedoch mit Maßnahmen wie dem Schutz der Bienenvölker durch spezielle Vorbauten an den Bienenkästen bis zu einem gewissen Grad begegnet werden kann. Sollten die Völker der Asiatischen Hornisse in Deutschland aufgrund ungünstigerer klimatischer Bedingungen grundsätzlich individuenärmer bleiben, wären damit auch viele mögliche Problemszenarien abgemildert. (Witt 2015).
Ihre Einwanderung gilt mittlerweile als unumkehrbar. Wir werden mit dieser Art leben müssen. Das Monitoring und die Beobachtung dieser “neuen” Insektenart soll aber helfen, deren Ausbreitung zu erfassen und zu dokumentieren. Eine erhöhte Aufmerksamkeit, v.a. der Imker und der interessierten Naturbeobachter, ist weiterhin notwendig und sinnvoll, aber ohne Hysterie und Panikmache auf der einen oder Verharmlosung auf der anderen Seite.
Japanische Riesenhornisse (Vespa mandarinia): Die Japanische Riesenhornisse ist mit einer Größe von bis zu 55 mm und einer Flügelspannweite bis 76 mm bei der Königin die größte Hornissenart der Welt. Ihre Arbeiterinnen erreichen 27 – 45 mm Größe. Die Heimat dieser Art liegt in Ost- und Südostasien. Sie kommt häufig in Japan und Korea vor. Diese imposant wirkende Hornisse wird ungefähr fünfmal so groß wie unsere Honigbiene. Meist legt sie ihre Nester, im Gegensatz zu unserer heimischen Hornisse und der Asiatischen Hornisse, in unterirdischen Höhlen und Nagetierbauten an.