Beeinflussen sich Waldameisenpopulationen und Zeckenzahlen? Bestehen Wechselwirkungen zwischen beiden Arten? Die Forschung sucht nach Lösungen, mit denen sich die Verbreitung von Zecken nachhaltig eindämmen lässt. Eine Studie der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, Schweiz liefert dazu erste Antworten. Bislang wurde vor allem die Wirkung von Schimmelpilzen und Fadenwürmern untersucht.
Neuer Forschungsansatz
Forschende im Team von Silvia Zingg (HAFL) haben einen anderen Ansatz gewählt: sie nahmen die Wechselwirkungen zwischen den Kleinen Roten Waldameisen und Zecken genauer unter die Lupe. Bisher war nur bekannt, dass Zecken potentiell zur Nahrung der Roten Waldameisen zählen. In der Studie von Silvia Zingg und ihrem Team sollte nun die Frage untersucht werden: Kann die Rote Waldameise das Vorkommen von Zecken in unseren Wäldern beeinflussen?
Dafür wurden auf 130 Stichprobenflächen in der Nordwestschweiz die Zecken- und Ameisendichte bestimmt. Bei der Hälfte der Standorte war ein Ameisennest in der Nähe, bei der anderen Hälfte nicht. Um die Zecken zu zählen, wurde ein weisses Tuch über Boden und Vegetation gezogen. Zudem untersuchte man weitere mögliche Einflussfaktoren wie Streudicke, Vegetation und Mikroklima, die das Vorkommen von Zecken beeinflussen.
Klarer Einfluss - unklare Ursache
Die Resultate der Studie zeigen, dass dichte Vegetation einen negativen und tiefe Streu einen positiven Einfluss auf die Zeckendichte hat. Zecken reagieren empfindlich auf Austrocknung. Daher bevorzugen sie neben einer bodennahen Vegetationsdecke und einer tiefen Streuschicht auch eine hohe Luftfeuchtigkeit.
Vor allem konnte mit der Untersuchung gezeigt werden, das Waldameisen die lokalen Zeckenvorkommen deutlich reduzieren können. Besonders wichtigfür die Wirkung ist die Grösse der Ameisennester. Steigt beispielsweise das Volumen eines Ameisennestes von 0,1 m3 auf 0,5 m3, sinkt die Anzahl Zecken um rund zwei Drittel. Je grösser die Nester waren, umso weniger Zecken-Nymphen (Ixodes) wurden gefunden.
Die Mechanismen, die die negative Beziehung zwischen Waldameisen und Zecken steuern, bleiben weiterhin unbekannt. Um sie vollständig zu entschlüsseln, sind weitere Studien nötig.
Zu den möglichen Mechanismen gehören die abstossende Wirkung von Ameisensäure und das räuberische Verhalten der Waldameisen. Es ist bekannt, dass Waldameisen das Waldökosystem beeinflussen und wichtige Ökosystemleistungen erbringen. Die Erhaltung und Förderung der Waldameisen kann daher diese Funktionen aufrechterhalten und negative Auswirkungen auf die Zeckenhäufigkeit haben.
Da von Zecken übertragene Krankheiten ein wichtiges Thema der öffentlichen Gesundheit sind, sollten bei künftigen Studien die Rolle der Waldameisen bei der Kontrolle des Zeckenvorkommens berücksichtigt werden.
Die Ergebnisse stammen aus einer wissenschaftlichen Studie der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL: The negative effect of wood ant presence on tick abundance (in Englisch mit zahlreichen Abbildungen und Literaturangaben).
Abb. 3. Waldameisennest im Kanton Zürich. Foto: Doris Hölling (WSL)