Totes Holz – lebenswichtig für viele Arten

Jede Sorte Holz hat ihre "Liebhaber", und das von der ersten Minute an: frisch gefälltes Holz ebenso wie fast vollständig zersetztes. Lässt man es über längere Zeiträume im Wald liegen, werden Vertreter dieser Liebhaber von dem Holz magisch angezogen und versuchen, es zu besiedeln oder es als Versteckplatz zu nutzen. Allein schon unter den Käfern sind 3.500 Arten auf totes Holz angewiesen, etwa zwei Drittel dieser Arten gelten als gefährdet. Viele Frischtotholzbesiedler sind nicht allein wegen des Mangels ihrer Ressource gefährdet, sondern vor allem aus anderen Gründen:

  • Viele der Arten brauchen zusätzlich blütenreiche Lebensräume.
  • Manche Arten benötigen eine über viele Jahre/Jahrzehnte währende Habitattraditon.
  • Manche Arten sind sehr wärme- oder lichtliebend und bevorzugen daher Baumkronen. Sie werden daher seltener nachgewiesen, als sie tatsächlich sind.

Aber es gibt auch viele selten gewordene Totholzinsekten, die einfach zu wenig und zu wenig vielfältigen Brutraum finden. Und so sollte auch stets ein angemessener Anteil von Holz im Wald verbleiben. Dies gehört zum Erhalt der biologischen Vielfalt und der Funktionen des gesunden Ökosystems Wald.

Kalamitätsholz – Herausforderungen für Waldbesitzer

Gerade die in den letzten Jahren vermehrt auftretenden Schadereignisse wie Frühjahrs- und Sommerstürme, Borkenkäferkalamitäten und Trockenschäden führen zu bislang kaum gekannten Mengen an Kalamitätsholz und vermehrt zu Lagerzeiten außerhalb der klassischen Einschlagssaison. In dieser Situation sind die Möglichkeiten der Waldbesitzer begrenzt, was eine zügige Abfuhr des Holzes aus dem Wald betrifft, da die Abfuhr immer auch von der Aufnahmefähigkeit der Holzabnehmer und den Möglichkeiten und Zwängen der Abfuhrlogistik abhängig ist.

Wenn es im Wald liegt, kann Laubholz mancher Holzarten "verstocken" oder einen farbigen sogenannten Einlauf entwickeln, und dadurch für hochwertigere Verwendungen ausscheiden. Oder es kann "arbeiten", also sich werfen und reißen, wenn es bei der Lagerung zu starken Temperaturschwankungen ausgesetzt ist. Es können sich auch technische Holzschädlinge aus der großen Gruppe der Käfer im Holz ansiedeln und dabei vom Splint auch in das wertvollere Kernholz eindringen. Ein Beispiel wäre der Laubnutzholzborkenkäfer (Trypodendron domesticum).

In manchen Fällen wird vermutet, dass sich auch Forstschädlinge in gelagertem Holz fertig entwickeln können, wie etwa der Zweipunkt-Eichenprachtkäfer (Agrilus bipunctatus), der allerdings geschwächte Eichen benötigt, wie etwa solche nach Kahlfraß durch Schmetterlinge. Laubholz ist in Hinsicht auf Forstschädlinge, die sich in eingeschlagenem Holz entwickeln können, deutlich weniger problematisch als Nadelholz. Aber auch viele als Forstschädlinge unproblematische Arten können das Holz besiedeln oder es als Versteck nutzen. Wird das Holz dann zum Beispiel als Brennholz in beheizte Räume verbracht, können sie dort ihr Versteck verlassen und durchaus auch "lästig" werden.

Fallenwirkung von "Lagerholz" im Wald

Wenn Holz an der Waldstraße lagert und erst nach einer Weile abgefahren wird, lockt es in der Zwischenzeit unweigerlich Arten an, die dort ihre Eier ablegen. Die Arten, die sich während der Lagerdauer nicht fertig entwickeln können, gelangen mit der Holzabfuhr in aller Regel an Orte, wo sie keine geeigneten Lebensräume vorfinden und daher auch keine wirklichen Überlebenschancen haben. Somit ist das Holzlager an der Waldstraße für sie zur "Falle" geworden, wie folgende Beispiele zeigen.

So kann für den in der FFH-Richtlinie gelisteten Alpenbock (Rosalia alpina) gelagertes Holz zur tödlichen Falle werden. Die Art besiedelt frisch totes oder am lebenden Stamm vorhandenes, anbrüchiges Laubholz vor allem von Buchen, Bergulmen und Bergahornen.

Eine Prachtkäfer-Art, die häufig gefälltes Eichenholz anfliegt, ist beispielsweise der Goldgruben-Eichenprachtkäfer (Chrysobothris affinis, Abb. 2). Anders als der Zweipunkt-Eichenprachtkäfer (Agrilus biguttatus) kann er lebenden Bäumen nicht gefährlich werden, sondern braucht anbrüchiges Holz. Daher kann gelagertes Frischholz auch für ihn zur gefährlichen Falle werden, wenn es solche anbrüchigen Teile enthält oder länger im Wald lagert. Speziell längere Stammteile sind für xylobionte Käfer besonders attraktiv.

Manche Käferarten nutzen das Holz als Versteckplatz oder auch zur Eiablage, wenn Brennholz zur Trocknung des Holzes im Wald gelagert wird. Besser wäre in diesem Fall also die Lagerung außerhalb des Waldes, um diese Fallenwirkung zu vermeiden. Denn auch wenn es sich bei den Besiedlern um häufige Arten wie etwa den Blauen Scheibenbock (Callidium violaceum, Abb. 4) oder den Rothaarbock (Pyhrrhidium sanguineum) handelt, können solche Arten – mit dem Brennholz in das Haus eingeschleppt - lästig werden und auch beispielsweise für eine geruchliche Belästigung sorgen.

Dass Holz eine solche Fallenwirkung hat, ist beispielsweise auch für die in Südeuropa lebende FFH-Käferart Trauerbock (Morimus funereus) beschrieben worden. Der Trauerbock besiedelt relativ starke Laubholzstämme und kann in Wäldern, wo er vorkommt, durch das Lagern gefällten Holzes im Wald angelockt und dann mit diesem über den Holztransport und Holzhandel auch verschleppt werden. Ähnliches gilt für den Körnerbock.

Auch die weit verbreiteten Haufen mit Holz-Ernteresten für die thermische Verwertung stellen potenziell eine Fall dar, und zwar für Igel & Co. Sie sollten daher ebenfalls nur kurzfristig gelagert und rechtzeitig abgefahren werden, bevor die Aktivitätszeit des Igels beginnt.

Was kann der Waldbesitzer tun?

Damit aufgearbeitetes Holz nicht zur Käferfalle werden kann, sollten die Waldbesitzer zumindest folgende drei Empfehlungen zur Holzabfuhr, zum Lagerort und zum Waldnaturschutz im Allgemeinen beachten.

Rechtzeitige Holzabfuhr: Wichtigste Maßnahmen sind der bevorzugte Einschlag im Winter, denn dann wird das Holz ja nicht besiedelt, und der rechtzeitige Abtransport bis Ende März, bevor die Totholzbewohner aus ihren Winterverstecken kommen. Dies gilt für alle Sorten Holz, selbst Reisighaufen, denn auch schwaches Totholz hat seine spezialisierten Arten.

Lagerort: Eine Fallenwirkung kann durch die Wahl der richtigen Lagerorte vermieden werden, die demnach eher schattig liegen sollten. Dies hat auch den Vorteil, dass das Holz nicht zu stark arbeitet. Auch wenn dieser Mangel bei geringwertigen Sortimenten keine wirtschaftliche Bedeutung hat, so ist es doch bei Schnittholz ein Faktor, den man auch aus diesem Grund berücksichtigen sollte. Ist keine schattige Lagerung oder Lagerung in einem Nadelholzbestand möglich, können auch Planen eine ähnliche Funktion erfüllen.

Attraktive Alternativen: "Das Bessere ist der Feind des Guten": Nach diesem Motto können Besiedlungen von Lagerstämmen reduziert werden. Beispielsweise kann der Alpenbock (Rosalia alpina) durch besonders attraktive, d.h. starke und gut besonnte Brutbäume weitgehend davon abgehalten werden, Polterholz zu besiedeln. Dieses sollte man zudem schattig und beispielsweise an Forststraßen in Nadelwaldbestände lagern, damit es keine Fallenwirkung entfalten kann. Die als Brutbaum besonders geeigneten, d.h. exponierten Biotopbäume sollten markiert und so gezielt vor Nutzung und vor Entnahmen durch nicht hinreichend informierte Brennholz-Selbstwerber geschützt werden. Aus verschiedenen Gründen ist Totholz in wegfernen Lagen besser angesiedelt, weil hier keine Verkehrssicherungsproblematik besteht. Allerdings sind die Wegränder meist sonniger und lichter und ferner auch wegen des Blütenangebots besonders attraktive Lebensräume für Totholzbewohner.

Mehr Totholz dank geeigneter Förderung

Im Rahmen des "Bayerischen Vertragsnaturschutzprogramms Wald" (VNP Wald) werden neben dem Erhalt von Biotopbäumen auch die Anreicherung von Totholz im Privat- und Körperschaftswald gefördert. Nach den Ergebnissen der dritten Bundeswaldinventur ist der Anteil des Laubholzes in Bayerns Wäldern in den letzten 40 Jahren von 22 % auf heute 36 % gestiegen. Der Vorrat an stehendem und liegendem Totholz ist auf mittlerweile 22 Kubikmeter je Hektar angewachsen und bietet insbesondere auch zahlreichen Insekten, die in Totholz leben, Lebensraum. Dies ist ein eindrucksvoller Beleg für die Anstrengungen und Erfolge einer integrativen Waldbewirtschaftung. Viele Totholzbewohner können mit einfachen Maßnahmen gefördert und so die biologische Vielfalt in unseren Wäldern gestärkt und erhalten werden – auch und gerade im Wirtschaftswald.

Zusammenfassung

Holz, das im Wald gelagert wird, kann für Totholz besiedelnde Tierarten einen durchaus attraktiven Lebensraum zum Beispiel zur Eiablage oder als Versteck darstellen. Wird derart besiedeltes Holz aus dem Wald abgefahren, gelangen diese Totholzbesiedler meist in für sie ungeeignete Umgebungen oder werden bei der Verarbeitung vernichtet. Um diese Fallenwirkung zu vermeiden, sollte Holz nicht länger als bis Ende März im Wald gelagert werden bzw. es sind im Wald Lagerorte auszuwählen, die wenig attraktiv für Totholz besiedelnde Arten sind. Das sind vor allem schattige und kühlere Bereiche. Weiterhin reduziert ein noch besseres und erhöhtes Lebensraumangebot an Biotopbäumen und Totholz im Wald die "Attraktivität" der Holzpolter.

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