Die Auswirkungen von Frost auf den Baumumfang

Die extreme Kältewelle in Europa im Februar 2012 ist Geschichte. Die ungewöhnliche Kälte hat sich nicht nur auf Mensch und Tier ausgewirkt, auch Waldbäume haben unter den tiefen Temperaturen gelitten. Mit Baumumfangsmessungen, die das Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) auf ihren Versuchsflächen durchführt, lassen sich die Folgen der Schutzmechanismen von Bäumen gegen extreme Kältephasen gut beobachten.

Stämme, Blätter oder Wurzeln ziehen sich bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt abrupt zusammen. Diese Tatsache wurde schon im 19. Jahrhundert erkannt (Hoffmann, 1857 bzw. Sachs 1860). Zwar hatte sich schon Friedrich (1897) detailliert mit kurzfristigen Änderungen des Baumumfangs auseinandergesetzt, doch erstreckten sich seine Untersuchungen nicht über den Winter. So begann man erst in den 60iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts diese Naturerscheinung näher zu untersuchen (Winget und Kozlowski, 1964, Mc Cracken und Kozlowski, 1965).

Temperatur nicht alleiniger Auslöser für Schrumpfen

Die Kontraktion von Baumstämmen bei Frostperioden wurde zunächst als rein thermisch erachtet, da die Temperatur der Auslöser für dieses Phänomen ist. Doch ist dieses Schrumpfen des Stammes durch die Temperatur allein nicht erklärbar, da die thermische Expansion von Holz zu klein ist.

Schließlich stellten Zweifel und Häsler (2000) fest, dass die Auslösetemperatur für die Kontraktion bei etwa -5°C liegt und dass es während der Kältephasen zu kleineren von der Temperatur abhängigen Änderungen des Baumumfangs kommt. Die Kontraktion ist nach Wiedererwärmung reversibel, dass heißt die Stämme schwellen wieder auf ihren ursprünglichen Umfang an.

Bei Frost wird Wasser nach innen verlagert

Beide Autoren gingen davon aus, dass es bei Frost zu einem lateralen Wassertransport von der Rinde zum Xylem kommt. Dies erkläre die rasche Abnahme des Baumumfangs und stelle gleichzeitig auch einen Schutzmechanismus für die lebenden Zellen der Rinde gegenüber dem Frost dar.

Die von Zweifel und Häsler beschriebenen Muster konnten während der vergangenen Kältewelle an den untersuchten Bäumen der BFW-Monitoringstationen beobachtet werden. An sieben Versuchsflächen wird vom Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) die Änderung des Baumumfangs kontinuierlich erfasst. Jeder dieser Bäume ist mit zwei Sensoren bestückt (Abbildung 1): einem manuell ablesbaren Dendrometer und einem elektronisch registrierenden Sensor.

Die Daten zeigen eindrucksvoll die Verringerung des Baumumfangs während der Kälteperiode. Dabei ist es interessant, dass die Unterschiede zwischen einzelnen Bäumen derselben Baumart an ein und demselben Standort recht groß sein können. So schwankt beispielsweise die Reduktion des Umfangs der gemessenen Eichen in Unterpullendorf zwischen 9 mm und weniger als 2 mm, was einer Reduktion des Durchmessers zwischen 2,9 und 0,5 mm entspricht (Abbildung 2).

Weiters bestätigen die Daten auch eindeutig ein weiteres Ergebnis von Zweifel und Häsler. Erst wenn die Kontraktion des Baumes einsetzt, ist eine Abhängigkeit des Baumumfangs von der Temperatur erkennbar (Abbildung 3).

Die Dendrometerwerte zeigen Tagesgänge, die mit dem Tagesgang der Lufttemperatur parallel laufen. Vor der Kälteperiode und danach ist dagegen keine Synchronität erkennbar.

Schließlich ist die unterschiedliche Reaktion der Bäume auf die extreme Kälte an den einzelnen Versuchsflächen interessant. Um eine bessere Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu erzielen, wurden die Baumumfangsänderungen auf den jeweiligen Baumdurchmesser bezogen, da dickere Bäume auch größere Schwankungen im Baumumfang aufweisen. Weitere Faktoren, welche die Reduktion im Stammumfang beeinflussen, sind neben der Baumart das Alter der Bäume, die Standortsbedingungen, insbesonders die Seehöhe der Versuchsfläche und der Witterungsverlauf im Vorfeld.

Laubbäume reagieren eindeutig auf Kältephasen

Laubbäume weisen während des Winters kaum Schwankungen des Stammumfanges auf. Dafür reagieren sie recht eindeutig auf ausgeprägte Kältephasen. Die Eichen in Unterpullendorf (Burgenland) und die Buchen in Klausen-Leopoldsdorf (Niederösterreich) zeigen dieses Verhalten (Abbildung 4).

Bäume in größeren Seehöhen sind von Haus aus niedrigeren Temperaturen ausgesetzt und reagieren daher weniger drastisch auf diverse Kälteperioden. Ein Beispiel dafür sind die Fichten und Lärchen in Murau, die auf einer Seehöhe von 1540 m wachsen. Jüngere Bäume reagieren stärker als ältere Bäume. Die jungen Fichtenbestände in Mondsee und Heiligenkreuz haben relativ betrachtet die größten Einbrüche beim Baumumfang zu verzeichnen. Die Fichten der Versuchsfläche Jochberg reagieren deutlich anders als die Bäume an den übrigen Flächen. Dies hängt mit der Tatsache zusammen, dass dort schon im Dezember die Temperatur bis auf -10°C sank und diese seither kaum über 0°C stieg. Es hat somit vorher ein Schrumpfungsprozess stattgefunden, die Werte konnten daher nicht weiter sinken.

Dieses Beispiel macht einmal mehr deutlich, wie wichtig es ist, Monitoringstationen zu betreiben. Erst so ist es möglich, mit zeitlich hochauflösenden Messungen sehr komplexe Vorgänge wie die Reaktion einzelner Baumarten auf extremen Frost zu erfassen und besser zu verstehen.

Literatur

  • Friedrich, J. (1897): Über den Einfluss der Witterung auf den Baumzuwachs. Mitteilungen aus dem Forstlichen Versuchswesen Österreichs. Heft XXII, 160 Seiten
  • Hoffmann, H. (1857): Witterung und Wachstum, oder Grundzüge der Pflanzenklimatologie. Leipzig, 312–334.
  • McCracken, I.J., Kozlowski, T.T. (1965): Thermal contraction in twigs. Nature 208, 910–912.
  • Sachs, J. (1860): Kristallbildung beim Gefrieren und Auftauen saftiger Pflanzenteile, mitgeteilt von W. Hofmeister. Ber. Verhandl. Sächs. Akad. Wiss. 12, 1–50.
  • Winget, C.H., Kozlowski, T.T. (1964): Winter shrinkage in stems of forest trees. J. For. 62, 335–337.
  • Zweifel, R., Häsler R. (2000): Frost-induced reversible shrinkage of bark of mature, subalpine conifers. Agric. For. Meteorol. 102, 213-222.