Für den deutschen Sprachraum kann "Waldbaden" im engeren Sinn als der Kontakt mit Wäldern in der klaren Absicht, gesundheitsfördernde Effekte zu erfahren, verstanden werden. Positive Wirkungen des Waldbadens treten jedoch auch ohne ein Bewusstsein des Waldnutzers dafür oder sogar ohne direkten Waldkontakt durch eine Imitation oder ein Verbringen einzelner Waldelemente, ein (SHIN 2007; CHENG et al. 2009; NAKAWAGA et al. 2015; KAWAI und MIYACHI 2016). Letzteres wird Pseudo-Waldbaden genannt und findet vom Wellnessangebot bis zum Zirbenzimmer Anwendung (SAWADA et al. 2016).

Wissenschaftlicher Hintergrund

Die Effekte auf die menschliche Gesundheit sind in den letzten Jahren zunehmend wissenschaftlich untersucht worden. Die Autorinnen und Autoren untersuchten hierfür Indikatoren wie beispielsweise Pulsrate, Blutdruck, Hormonspiegel, Nervenaktivität und die subjektive Einschätzung der Stimmung der Probanden. Eine präventive und therapeutische Wirkung ist bereits belegt (TSUNETSUGU et al. 2007; LEE 2008; PARK et al. 2008 und 2009; MORITA et al. 2009; SHIN et al. 2010; KAWAI und MIYACHI 2016).

Der Einsatz zur Stärkung des Immunsystems, zur allgemeinen Entspannung, aber auch gegen Stress, Burnout, Depressionen und Angstzustände wird empfohlen (VALE et al. 1999; MORITA et al. 2007; BRADLEY et al. 2007; KIM et al. 2013; YOO 2013; JUNG et al. 2015; YU et al. 2016). Die Wirkung ist je nach dem Hintergrund der Nutzerinnen und Nutzer zu differenzieren (SEELAND 2010; KIM YOUNHEE 2016A und 2016B). Bisher wurde jedoch nur bei einem ansonsten ungesunden, städtischen Lebensumfeld der Probanden eine positive Wirkung des Waldes ausreichend erforscht (MAO et al. 2012).

Entwicklung und Verbreitung

Der Begriff Waldbaden wurde aus dem Japanischen übertragen, wo die Forstbehörde seit 1982 "Shinrin-yoku", das sogenannte Baden in der Atmosphäre des Waldes, aktiv bewirbt (AKAKABE 2010 und 2012; TSUNETSUGU et al. 2007 und 2010). Der gezielte Einsatz der Wirkung von Wäldern wird durch Wissenschaft und Praxis zur Steigerung von physischem und mentalem Wohlbefinden vorangetrieben und erfährt weltweit zunehmende Popularität (TSUNETSUGU et al.. 2010): Nach Japan, Korea, China, Taiwan, Australien, Neuseeland, Irland und den USA übernehmen in Europa Finnland, Schweden und Großbritannien hierfür Vorreiterrollen (SHIN et al. 2010; LEE et al. 2011; NAN et al. 2013; CERVINKA et al. 2014; BRÖDENBAUER 2015; ASSOCIATION OF NATURE AND FOREST THERAPY GUIDES AND PROGRAMS 2017).

Gerade waldreiche Bergregionen werden aufgrund der natürlicheren Kulisse in Korea und China für die Etablierung von Waldtherapie-Programmen bevorzugt (MAO 2012; Yoo 2007).

Umsetzung in die Praxis

Durch den Trend des "Life of Health and Sustainability" ("LOHAS"), und des entstandenen sozialen Bedarfs an Grünräumen zur Erholung bietet sich besonders Flächenmanagerinnen und -managern die Chance, Waldbaden kommerziell anzubieten. Das allgemeine Betretungsrecht umfasst in Österreich nach § 33 Abs. 1 ForstG ausschließlich eine private, nicht-entgeltliche Nutzung und erlaubt keine entgeltlichen Angebote ohne Einwilligung der Waldbesitzerin oder des Waldbesitzers. Es sind für die Behandlung von gestressten Personen allerdings besonders betreute, wahrnehmungsbasierte Programme mit Beratung, Coaching oder themenbezogenen Vorträgen anzuraten (MORITA et al. 2007). Dadurch kommt Waldeigentümerinnen und -eigentümern eine gewisse Schlüsselstellung zu.

Möglichkeiten, um als Waldeigentümerin oder -eigentümer durch Waldbaden Einkommen zu erzielen, wären:

  • Angebot von betreutem Waldbaden
  • Verbindung mit anderen kostenpflichtigen Angeboten (Waldfreibad, Kneipp-Anlagen, …)
  • Zusätzliche Flächennutzungsvereinbarungen (Mediations-, Yoga- oder Qi Gong-Kurs, …)
  • Flächenverpachtung zum Waldbaden (an Gemeinden, Hotels, Coaches, Kindergärten, …)
  • Eintrittsgelder bei Exklusivnutzung
  • Andere Dienstleistungen: Betreuung von externen Waldbadeflächen als Experte
  • Förderungen (Kurtaxe, Landesfördermittel, Europäischer Fond für regionale Entwicklung (EFRE), …)

Der allgemeine, in Österreich geltende Sicherheitsmaßstab für Naturräume verschärft sich für Waldteile, auf denen zum Waldbaden abseits der Wege eingeladen wird. Es ist in diesen Fällen auch dort ein gefahrloser Waldzustand herzustellen.
Waldbaden stellt in der Regel eine, im Vergleich mit anderen Erholungsaktivitäten im Wald, sehr sanfte Nutzungsform dar. Erfolgt es unter Betreuung, so ist kaum mit Interessenkonflikten mit der Jagd- oder Forstwirtschaft zu rechnen.

Erfolgreiche Beispiele

Es gibt bereits einige prominente Beispiele, wie den einen Hektar großen Waldtherapiegarten Nacadia in Dänemark, dessen Bereiche auf verschiedene zeitliche Phasen der 10-wöchigen Behandlung angepasst sind (UNIVERSITÄT VON COPENHAGEN 2008, CORAZON et al. 2010). Zudem werden Vorträge und begleitete Touren angeboten (UNIVERSITÄT VON COPENHAGEN 2012). 
 

Im November 2016 wurde auf der Insel Usedom in Mecklenburg-Vorpommern der erste offizielle "Kur- und Heilwald" mit einer Fläche von 187 Hektar eingerichtet, was seit 2011 durch eine Neufassung des Landeswaldgesetzes möglich ist (STEINGRUBE et al. 2015; MINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT, BAU, UND TOURISMUS MECKLENBURG-VORPOMMERN 2016). Er bietet einen Gesundheitsparcours und drei Heilwanderwege, einer davon auch für nicht-sehende Gäste.

Green Care WALD

Die Landschaft Wald eröffnet zahlreiche Möglichkeiten für Green Care-Interaktionen. Das Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) setzt mit dem Projekt Green Care WALD auf die soziale Nachhaltigkeit und regt dazu an, den Wald auch für soziale Projekte zu nutzen. Der Wald, in dem die Interaktion zwischen Mensch und Natur bei diesem Projekt stattfindet, ist mehr als nur eine Kulisse, denn er wirkt als Katalysator zur Steigerung von Gesundheit und Wohlbefinden bei den verschiedensten Zielgruppen. Es werden Menschen mit physischen und psychischen Erkrankungen oder schwierigen sozialen Hintergründen angesprochen. Das BFW berät und betreut interessierte Waldbesitzerinnen und -besitzer.

Einrichtung und Gestaltung der Waldorte

In japanischen Versuchen wurde eine positive Wirkung von allen 28 verschiedenen untersuchten Waldtypen belegt (LI et al., 2007 und 2008a und 2008b; PARK, 2009). Dennoch eignen sich bestimmte Waldbilder besonders, sodass bei der Flächenwahl darauf Rücksicht genommen werden kann oder die Bestände dahingehend behandelt werden können (UPTON et al., 2013).

Eine ideal geeignete Fläche sollte ruhig liegen und dennoch eine adäquate Verkehrsanbindung aufweisen. Im Umfeld sollten Parkmöglichkeiten mit Sanitäranlagen gegeben sein. Nähe zu Gesundheitseinrichtungen, Informationszentren oder Gastronomie können sich in Abhängigkeit des Angebots positiv auswirken. In weiterer Folge sollten Rettungspunkte und zusätzliche, dem Angebot entsprechende Erholungsinfrastruktur eingerichtet werden.

Für das Waldbaden werden Natur- statt Kunstverjüngung, Mischwald gegenüber Nadelwald und intensiver gepflegte gegenüber nicht gepflegten Beständen bevorzugt (MATTSON und LI, 1994; UPTON et al., 2013). Um Kahlschläge zu vermeiden, sollten Nutzungen einzelstamm- oder femelweise erfolgen (BOSTEDT und MATTSON, 1995). Besondere Landschaftselemente wie Bäche, Seen, Moore oder Felsblöcke steigern die Erholungswirkung (ZHANG et al., 2015).

Persönliche Bereitschaft der Flächenbewirtschafter

Das Angebot zum Waldbaden kann, je nach gewählter Form, zu einem erhöhten Besucheraufkommen führen. Besucher können aber auch gerade durch das Angebot bewusst gelenkt werden. Umso wichtiger ist es jedoch, auf den betroffenen Flächen alle nötigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen und Haftungs- und Versicherungsfragen im Voraus zu klären. Der Umgang mit den Besucherinnen und Besuchern setzt zudem eine freundliche und respektvolle Interaktion voraus. Im Idealfall könnte sogar eine Betreuung oder ein Coaching von der Waldbewirtschafterin oder vom Waldbewirtschafter selbst übernommen werden.

Für und mit der Region

Die Angebote im Wald können die Entwicklung der Region sowie die Akzeptanz und Verankerung des Forstbetriebes fördern: Partnerschaften mit Behörden, mit benachbarten Waldbesitzerinnen oder mit der Öffentlichkeit stärken die Position der Betriebe. Der Kreativität sind bei der Nutzung der lokalen Gegebenheiten und Potentiale keine Grenzen gesetzt. Gesundheitsangebote, Gastronomie, Beherbergung und Transport können kombiniert werden. Durch die zusätzlichen Qualitätsmerkmale und die gesteigerte Bekanntheit können Wettbewerbsvorteile und Förderungsanreize geschaffen werden.

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