Die nordamerikanische Robinie (Robinia pseudoacacia L.) nimmt bundesweit etwa 34.000 Hektar Holzbodenfläche ein. Davon entfallen allein auf Brandenburg 2/3 der Anbaufläche. Zwar bestockt die Pionierbaumart weniger als 1-2% des hiesigen Holzbodens, angesichts weiterer Klimaänderungen gewinnt sie aber an Bedeutung (Roloff und Grundmann 2008, Knoche und Engel 2012a, b, Knoche et al. 2014).
Einleitung
Im Gegensatz zu Wäldern mit ihrer reichen genetischen Vielfalt sind Kurzumtriebsplantagen (KUP) auf Hochleistungsklone ausgerichtet, die in kurzer Zeit möglichst viel Biomasse akkumulieren. Gleichzeitig sollen diese Klongemische aber auch eine hinreichend große Anpassungsfähigkeit an abiotische Stressfaktoren besitzen und widerstandsfähig gegenüber biotischen Schaderregern sein. Dies setzt eine umfassende, häufig langwierige Selektion im Rahmen von Klonprüfungen voraus.
Seit 2015 wurde in einer 3. Phase des FNR-Projektes FastWOOD (www.fastwood.org) vom Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde (LFE) und dem Forschungsinstitut für Bergbaufolgelandschaften Finsterwalde (FIB) das Teilprojekt "Frühdiagnose der ökophysiologischen Leistungsfähigkeit von Robinien heimischer Bestände" bearbeitet. Ziel war es, auf der Basis geeigneter Leitindikatoren des pflanzlichen Stoffwechsels spezifische Reaktionsmuster bzw. Indices zu identifizieren, die bezüglich der individuellen Anpassungsfähigkeit an Umweltfaktoren eine Klassifikation von Robinienklonen ermöglicht. Dazu wurden Phänotypen, die sich unter verschiedenen Standorteigenschaften als besonders wuchskräftig und vital erwiesen und somit an die bisherigen Umweltbedingungen als am besten adaptiert herausgestellt haben, ausgewählt (Knoche und Engel 2012b bzw. Liesebach 2012).
Überblick
Im Vergleich zu anderen Laubbaumarten (Eiche, Buche) reagiert die Robinie im Gefäßversuch sehr schnell auf beginnende (8 Tage) und sich weiter verschärfende Trockenheit. Neben sichtbaren Symptomen, wie z.B. Blattvergilbung und Blattabwurf zeigen die hier dargestellten Ergebnisse bereits nach 8 Tagen Trockenheit signifikante blattbiochemische Veränderungen. Durch diese schnelle Reaktionsfähigkeit kann sie bei Wiedervernässung ihre Reserven schnell wieder mobilisieren.
Untersuchungsansatz
Mit einem kombinierten Untersuchungsansatz, der sowohl Gefäß- als auch Freilandversuche verband, sollten vorausgewählte Robinienklone bzw. –herkünfte auf der Grundlage von physiologischen Markern bezüglich ihrer Anpassungsfähigkeit gegenüber Wasser- und Nährstoffmangel sowie gegenüber Spätfrösten bewertet werden. Das ökophysiologische Screening und die Ertragsschätzung erfolgt an vier ausgewählten Klonen aus Deutschland bzw. 2 Absaaten aus Ungarn und Rumänien (Tab. 1) sowohl anhand eines Biomonitoringverfahren auf einer Freilandfläche als auch durch ein Gefäßversuch unter kontrollierbaren Bedingungen (Abb. 3 und 4).
Klon-Nr. | Name | Zuchtnummer | Herkunft |
5 | Fra3 | NW 8-819 Z | Frankfurt/Main |
6 | Langen | NW 11-461 X | Hann. Münden |
11 | Rowena | --- | Waldsieversdorf |
12 | Roy | --- | Waldsieversdorf |
15 | Kiskunsagi | NW 13-0448 X | Ungarn (Kontrolle) |
23 | Cuci | ROB5-10 | Rumänien |
Durch die Simulation potenzieller Belastungssituationen (u.a. Trockenheit, Frost, Nährstoffmangel) ist es möglich, verschiedene Klone bzw. Herkünfte hinsichtlich ihrer individuellen physiologischen Anpassungsfähigkeit zu vergleichen. Bekanntlich zeigt die Robinie ein hohes Anpassungsvermögen an Hitze und Trockenheit, allerdings sind diese Eigenschaften stark sorten- bzw. herkunftsabhängig und bisher noch kein Züchtungskriterium. Dabei ermöglicht die Kombination von Gefäß- mit Freilanduntersuchungen Aussagen darüber, ob und in wieweit die ermittelten individuellen biochemischen und physiologischen Muster auf Freilandbedingungen übertragbar sind.
Methoden
Abb. 2: Anlage des Gefäßversuches in Finsterwalde (Foto: J. Engel)
Abb. 3: Anlage des Feldversuches in Welzow (Foto: J. Engel)
Zur Bewertung der Trockenstress- bzw. Anpassungsreaktionen werden ausgewählte Biomarker, die die Aktivität bestimmter Stoffwechselbereiche (Energie-, Primär- und Sekundärstoffwechsel) und gegebene Belastungszustände angemessen widerspiegeln, untersucht. Neben der Beurteilung der Trockenstresstoleranz ermöglicht die Bestimmung der phenolischen Blattinhaltsstoffe Aussagen zum Abwehrstoffwechsel der Robinienklone bzw. –herkünfte. Die Biomarker-Untersuchungen wurden durch ertragskundliche Messungen an allen Versuchspflanzen durch das FIB ergänzt (Tab. 2). Die Analysemethoden sind bei Kätzel (2003) beschrieben.
Durch Korrelationsanalysen und eine multivariate statistische Auswertung (Hauptkomponentenmethode) werden Beziehungen zwischen den einzelnen Blattinhaltsstoffen (= Biomarker) dargestellt. Zur besseren Ergebnisinterpretation erfolgt eine Gruppierung dieser Indikatoren nach "Biomarkermustern" (Kätzel 2003). Anhand der Biomarkermuster der Einzelbäume der Klone bzw. Absaaten erfolgt eine integrative Bewertung der Trockenstresstoleranz bzw. des Abwehrstoffwechsels, die neben den ertragskundlichen Parametern in eine Anbauempfehlung für Brandenburger Standortsbedingungen mündet.
Erste Ergebnisse am Beispiel „Biomarker zur Trockenstresstoleranz“
Nachfolgend werden typische Biomarkerreaktionen für „Trockenstress“ dargestellt, die sich in unterschiedlicher Intensität nicht nur bei allen 6 untersuchten Robinienherkünften, sondern auch bei anderen Baumarten nachweisen lassen.
Die Einzelbetrachtung der Biomarker zeigt eine Reihe von interkorrelativen Beziehungen zwischen den einzelnen Parametern. Daher wird eine Faktorenanalyse durchgeführt, um die wechselseitig korrelierenden Variablen auf wenige, voneinander unabhängige Variablengruppen (Faktoren) zu reduzieren. Im Ergebnis der Faktorenanalyse wurden 4 Faktoren extrahiert, die 78 % der Gesamtvarianz erklären. In einem der beiden wichtigsten Faktoren sind die Biomarker Osmolalität, Gesamt-Aminosäuregehalt und freies Prolin (bezogen auf Aminosäuren) positiv geladen und der Stärkegehalt negativ geladen enthalten. Alle vier Parameter kennzeichnen den Wasserhaushalt der Pflanze. Die Einzelladungen sind so ausgerichtet, dass hohe Faktorwerte Wassermangelsituationen der Pflanzen beschreiben (= Trockenstressfaktor). Mittels dieses Faktors ist es möglich, nicht nur die komplexen Reaktionen innerhalb der frühen Phase des Trockenstresses der einzelnen Klone zu vergleichen, sondern auch die Erholung nach Wiederbewässerung. Dabei sind solche Klone gegenüber Trockenstress relativ unempfindlich, die zu Beginn des Trockenstresses nur geringe bzw. keine physiologischen Reaktionen zeigen bzw. die sich nach Wiederbewässerung schnell erholen können (Abb. 4) .
Während 8 Tagen nach Versuchsbeginn hinsichtlich des Trockenstressfaktors der Kontrollpflanzen keine signifikanten Unterschiede zwischen den einzelnen Klonen bzw. Herkünften nachweisbar sind, zeigen die Pflanzen ohne Bewässerung einen deutlichen Anstieg in diesem Parameter (Duncan-Test, α = 0,05). Signifikante Unterschiede gibt es zwischen dem Klon Rowena und allen anderen Klonen bzw. Herkünften. Eine Ausnahme bildet die rumänische Absaat Cuci, die statistisch keine Unterschiede zu allen anderen Herkünften zeigt. 11 Tagen nach Wiederbewässerung bestehen noch immer signifikante Unterschiede zwischen den Kontroll- und Trockenstresspflanzen bei den beiden Herkünften Fra3 und Kiskunsagi. Vor allem Rowena, aber auch Cuci und Langen zeigen im Rahmen dieser Untersuchungen physiologisch die beste Erholung. Anhand dieser Ergebnisse erweisen sich die beiden Herkünfte Rowena und Cuci von den 6 untersuchten Versuchsgliedern am trockenstresstolerantesten.
Abb. 4: Klonvergleich bezüglich der Trockenstresstoleranz anhand des Trockenstressfaktors 8 Tage nach Beginn der Trockenheit bzw. des Erholungsvermögens 11 Tage nach Wiederbewässerung
(Vorläufige) Bewertung der Klone
Die vorläufige Bewertung der Klone (Abb. 5) anhand beider Versuchsansätze zeigt eine sehr gute Übereinstimmung, wobei der Brandenburgische Klon Rowenanicht nur durch seine guten physiologischen Parameter empfehlenswert ist, sondern auch eine ausreichende Wuchsleistung aufweist. Der Klon Fra3 ist allen anderen untersuchten Klonen bzw. Absaaten wuchsüberlegen und lediglich seine Neigung zur Zwieselbildung könnte einer höherwertigen Nutzung des Holzes entgegenwirken.
Die Photosynthese-Effizienzmessungen (durchgeführt durch das FIB) weisen für ihn von den sechs untersuchten Klonen/Herkünften die besten Ergebnisse nach (Lange 2016). Nachteilig bei diesem Klon wirken sich möglicherweise die geringen Phenolgehalte (Abwehrstoffwechsel) aus. Somit können diese beiden Klone zum Anbau empfohlen werden.
Die Herkunft aus Hann. Münden, der Klon Langen empfiehlt sich nicht für den Anbau in Brandenburg, da er in beiden Versuchsansätzen nicht nur eine geringe Wuchsleistung, sondern auch geringe Phenolgehalte aufwies.
Die beiden geprüften ausländischen Absaaten Cuci und Kiskunsagi hatten unter den Brandenburgischen Verhältnissen eine mittlere bis geringe Wuchsleistung, wobei nur für Cuci eine gute Trockenstresstoleranz zu verzeichnen ist.
Der zweite Brandenburger Klon Roy liegt mit allen Daten im Mittelfeld.
Abb. 5: Zusammenfassende Bewertung des Gefäß- und Freilandversuches
Danksagung
Dieses Projekt wird vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) durch die Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe (FNR) unter den Förderkennzeichen 22000914 (LFE) und 22001014 (FIB) gefördert.