Vorkommen und Aussehen

Die Gattung der Wacholder gehört zur Familie der Zypressengewächse und umfasst weltweit rund 60 Arten. In der Schweiz kommen zwei Arten vor:

  • Gemeiner Wacholder (Juniperus communis)
  • Sevistrauch oder Sadebaum (Juniperus sabina)

Eine Unterart des Gemeinen Wacholders ist der Zwergwacholder (Juniperus communis alpina).  Dieser wächst bei uns mehrheitlich im Gebirge als von Grund auf verzweigter Strauch in Gesellschaft von Legföhren und Alpenrosen und wird selten höher als 50 cm. Er bevorzugt nährstoffarme, trockene Böden in sonniger Lage. Der Sevi wächst meistens als niederliegender, dicht buschiger Strauch an Südhängen im Wallis sowie in Föhntälern. Ausnahmsweise kann der Sevi baumförmig wachsen und 10 m Höhe erreichen.

Der Gemeine Wacholder bildet meist einen aufrechten bis kriechenden Strauch. Im deutschen Ostseeraum wie auch im Baltikum erreichen Wacholder in Baumform Höhen von 10 bis 15 m. Sie können 800 bis 1000, in Ausnahmefällen bis 2000 Jahre alt werden. Der stattlichste Wacholder in der Schweiz in Planchettes (NE) soll rund 1000 Jahre alt sein und hat einen BHD von 43 cm.

Die stechenden, graugrünen Nadeln des Gemeinen Wacholders sind 1 bis 2 cm lang. Sie weisen auf der oberen Seite einen weissen Streifen mit schmalen, grünen Rändern auf und bilden zu dritt im Quirl stehend einen Stern. Bald nach der Jugendzeit löst sich die glatte, graubraune Rinde in eine längsrissige, streifig-faserige Borke auf. Das harzfreie Holz ist zähe, weich, elastisch, feinfaserig und dauerhaft.

Die (je nach Höhenlage) Ende April bis Anfang Juni sich unauffällig entfaltenden, geschlechtlich getrennten Blüten stehen an kurzen Seitensprossen in der Blattachse der mittleren Nadelquirle eines Zweiges. Nach erfolgter Bestäubung und Befruchtung vereinigen sich die obersten drei Schuppenblätter. Sie wachsen zu einem kugelförmigen Beerenzapfen heran, der die Samen bald völlig einschliesst. Aus botanischer Sicht handelt es sich jedoch nicht um eigentliche Beeren, denn bei Nadelgehölzen gibt es keine Früchte, sondern Zapfen! Im Herbst des zweiten oder sogar erst im dritten Jahr reifen die "Zapfen". Sie werden mit der Zeit fleischig und schwarzblau, dazu bekommen sie einen wachsähnlichen Überzug.

Ökologische Bedeutung

Aus forstlicher Sicht hat der Wacholder keine Bedeutung. Aus landwirtschaftlicher Sicht verursachen einige Wacholderarten (der Gemeine Wacholder zählt nicht dazu) mit der Verbreitung des Gitterrostes (Gymnosporangium sabinae) seit einigen Jahren immer wieder Probleme. Der Sevibaum oder Sevistrauch sowie einige (nicht im Wald wachsende) Zierwacholderarten sind im Frühjahr als Zwischenwirt Träger dieses Rostpilzes. Wechselt dieser von Landwirten und Obstanlagenbesitzern gefürchtete Pilz auf die Birnbäume, ist mit wesentlichen Wachstums- und Ertragseinbussen zu rechnen. Extremer Pilzbefall kann zum Tod der Fruchtbäume führen. Mit dem Entfernen der befallenen Wacholderpflanzen kann die Infektionskette unterbrochen und somit die gefürchtete Krankheit am wirksamsten bekämpft werden.

Für verschiedene Landschaftsbilder und für den Naturschutz ist der Wacholder von grosser Bedeutung. Viele Lebewesen finden in und um diesen charakteristischen Strauch oder Baum ihren idealen Lebensraum. Eine Untersuchung ergab, dass 18 verschiedene Säugetiere, über 40 Vogel- sowie 20 Insektenarten seine Umgebung bevorzugen. Namentlich sind dies Wacholderprachtkäfer, Wacholderminiermotte und Wacholderborkenkäfer sowie die Wacholderdrossel. Letztere trägt zudem zur Verbreitung dieser immergrünen Pflanze bei.

Verwendung

Funde in Ausgrabungen von Pfahlbauten belegen, dass der Wacholder seit geraumer Zeit als vielseitige Pflanze geschätzt wird. Wo er als Baum wächst, lässt sich das wegen seiner Struktur geschätzte Holz verschiedenartig verwenden. Das von rotbräunlich bis gelblich gefärbte, mit engen Jahrringen versehene Holz wird vor allem von Drechslern und Schreinern geschätzt. Aus dem sehr wenig schwindenden Holz lassen sich nicht nur Spazierstöcke, Pfeifenrohre, Rebstecken oder sogar kunstgewerbliche Gegenstände herstellen, sondern auch auserlesene Luxusmöbel.

Die Zweige des Wacholders wurden bereits bei den alten Ägyptern für Rauchopfer benutzt. Für die gute alte Bauernküche war das "Wacholderchries" zum Räuchern der Würste und Schinken unentbehrlich. Am häufigsten und zugleich am verschiedenartigsten war und ist die Verwendung der erbsengrossen, kugeligen Beeren. Mit ihrem eigenartigen Aroma bereichern sie als Küchengewürz nicht nur Wild- und Fischgerichte sowie Sauerkraut, sondern auch als leckere Süssigkeit einen mit einem grosszügigen "Schlirgg" bestrichenen, frischen Butterzopf! Und falls Mann oder Frau mal zuviel an Kulinarischem konsumiert hat, hilft einer der je nach Gegend verschieden benannten Wacholderschnäpse Steinhäger (Deutschland), Genever (Holland), Gin (England) oder Borowitschka (Slawische Staaten).

Einer der wohl ältesten Nachweise zum Gebrauch von Wacholderbeeren geht auf die alten Ägypter zurück, welche zum Einbalsamieren ihrer Leichen als Füllmaterial, nebst Sägespänen von Koniferen und Pfeffer, auch Wacholderbeeren verwendeten. In der Heilkunde fanden und finden praktisch alle Bestandteile des Wacholders eine umfangreiche Verwendung für viele verschiedenartige Körperleiden und Beschwerden. So verspricht sich Mann/Frau Linderung bei Rheuma, Gicht, Arthrose, Magen- und Darmstörungen, Hautkrankheiten, Bronchitis und Asthma, Kopfschmerzen, unreinem Blut und vielem mehr. Allerdings gilt zu beachten, dass bei der Anwendung von Wacholderprodukten die Nierentätigkeit angeregt wird sowie auf die Haut allenfalls ein mehr oder weniger starker Reiz ausgeübt werden kann. Deshalb empfielt sich eine Rücksprache mit dem Arzt. Schwangere sollten Wacholderprodukte generell meiden.

Name

Wacholder wird vom althochdeutschen "wechalter" abgeleitet. "Wech" bedeutet wach, frisch; "tar" lässt sich übersetzen mit frischmachendes, immergrünes Gehölz. Also ein "Lebendigmacher", was sich in der Mythologie mehrfach widerspiegelt. Die alten Römer schätzten den Wacholder und nannten ihn Juniperus, zurückzuführen auf dessen von der Göttermutter Juno bevorzugten Beeren. Noch heute gebräuchliche Namen für den Wacholder sind Reckolder, Räucherstrauch, Machandel, Knirk, Kranewitt und viele mehr (angeblich sollen es über 150 sein).

Mythologie und Brauchtum

In vielen Sagen und Märchen spielt der Wacholder eine magische Rolle. Bereits die alten Römer massen ihm eine wichtige Bedeutung zu. Bei den alten Germanen galt er als heiliger Baum des Lebens. Geradezu widersprüchlich scheinen die vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert anhaltenden Vorstellungen des Wacholders einerseits als Todesbaum, anderseits als Lebensbaum. Mit dem Todesbaum, der, wie beispielsweise die Eibe, noch heute bevorzugt auf Friedhöfen angepflanzt wird, war die Vorstellung verbunden, dass sich die Seelen der Verstorbenen im Baum verstecken und durch bestimmte Umstände wieder zum Leben zurückkehren. Zudem galten angezündete Wacholder als Abwehr gegen Hexentum, Pest und Teufel.

Ganz anders der Wacholder als Lebensbaum, welcher als immergrüne Pflanze als Symbol der Fruchtbarkeit, Gesundheit und ewigen Lebens gilt. Unzählig sind die tief im Volksglauben verankerten, dem Wacholder zugeschriebenen guten Eigenschaften. Dazu einige Beispiele:

  • Eichenlaub und Kranewitt, dös mag der Teufl nit.
  • Reckolder, gib dich gefangen; dass dem XY seine Warzen vergangen.
  • Der Bayrisch-Österreichische Brauch, bei einer Wanderung einen Wacholderzweig auf den Hut zu stecken, soll Müdigkeit sowie den "Wolf" (Wundlaufen) verhindern.

Auch musikalisch ist der Wacholder anzutreffen; so beispielsweise in der Oper "Hänsel und Gretel" von Engelbert Humperdinck (1854 - 1921) bei der Entzauberung Hänsels: "Hokus Pokus Holderbusch". Im weiteren hiess eine Kultgruppe der deutschen Folkszene "Wacholder" (1978 - 2001).

Quellen

  • Walter Kienli: Die Gehölze der schweizerischen Flora; 1948
  • Schutzgemeinschaft Deutscher Wald; Faltblatt 2002
  • Peter Kurz et al: Hecken; 2001
  • Klaus Radestock: "Wacholderschnaps" (Waldbote 109)
  • div. Naturheilkundebücher Kneipp / Künzle

(TR)