Die Roteiche (Quercus rubra) ist eine Baumart, die im östlichen Nordamerika beheimatet ist. Sie wurde vor über 400 Jahren nach Europa eingeführt und seither mit unterschiedlichem Erfolg in Deutschland angebaut. Das Wissen über diese Baumart ist aufgrund der wenigen wissenschaftlich begleiteten Versuchsanbauten noch lückenhaft.

Die Roteiche in Nordamerika

Im natürlichen Verbreitungsgebiet der Roteiche gibt es jährliche Niederschlagsmengen zwischen 760 und 2.030 mm, die Jahresdurchschnittstemperaturen schwanken sehr weit zwischen 4 und 16 °C (Abb. 1). In ihrer Heimat bevorzugt die Roteiche eher tiefgründige Standorte. Sie gilt nicht als Baumart, die sich auf Extremstandorten bewährt. Nach dem Tulpenbaum (Liriodendron tulipifera) ist sie die wirtschaftlich bedeutendste Laubholzart ihrer Heimat, die überwiegend in Mischbeständen mit Stroben und anderen Laubhölzern aufwächst. Die Roteiche besitzt folgende ökologische Charakteristika:

  • Halblichtbaumart
  • hohe Ausschlagfähigkeit
  • hohe Wurzelenergie (Durchwurzelungstiefe von 2,8 m möglich)
  • schlechte Streuzersetzung
  • breite Standortamplitude
  • starke Selbstdifferenzierung (Erhaltung des eigenen Unterstandes)
  • hohe Schadstoffresistenz

Versuchsflächen in Deutschland

Um Erfahrungen zum Wachstum dieser Baumart zu gewinnen, wurden in Norddeutschland sowie in Südwestdeutschland Versuchsanbauten angelegt. Hier wurden für die Baumart Roteiche höhere Wuchsleistungen als für die heimischen Eichenarten beobachtet.

Für die 17 baden-württembergischen Versuchsflächen gilt zusammenfassend Folgendes: Im Alter von 100 Jahren sind die Roteichen den heimischen Eichen in der Oberhöhe um elf bis 14 Meter überlegen. Die höchsten Roteichen wachsen auf Löß über Bundsandstein und mäßig frischem Feinlehm bei einer mittleren Jahrestemperatur von 9,6 °C und Jahresniederschlägen über 1.000 mm. Die heimischen Eichen erreichen auf diesen Standorten ähnliche Oberhöhen, allerdings erst in deutlich höherem Alter und bei deutlich geringerer Niederschlagsausstattung.

In der Durchmesserentwicklung ist die Roteiche den heimischen Eichen deutlich überlegen. Um einen Brusthöhendurchmesser (BHD) von 50 Zentimetern zu erreichen, benötigte die Roteiche im Schnitt 95 Jahre, die Stiel- und Traubeneiche dagegen 150 Jahre. Mit ursächlich für die Durchmesser-Förderung ist sicherlich der frühzeitige und starke Eingriff auf den Roteichen-Versuchsflächen.

Bei den Volumenzuwächsen erreichen die Roteichen im Alter von 60 Jahren zwölf Vorratsfestmeter pro Hektar und Jahr (Vfm/ha*a), die heimischen Eichen dagegen nur etwa sechs Vfm/ha*a. Bezüglich der Gesamtwuchsleistung leisten die Roteichen im Alter 60 etwa 200 Vfm/ha*a bzw. im Alter 120 etwa 500 Vfm/ha*a mehr als die heimischen Eichen.

Ähnliche Beobachtungen wurden auf den nordwestdeutschen Versuchsflächen gemacht. Auf den besseren Standorten war die Roteiche im Alter von 93 Jahren der Stieleiche um 44 Prozent in der Volumeleistung, um 69 Prozent in der Gesamtwuchsleistung überlegen. Für die schlechtesten Standorte ergaben sich ähnliche Leistungsrelationen für den Vergleich zwischen Roteiche und Traubeneiche, allerdings auf absolut niedrigem Niveau.

Mehr Masse, weniger Wert

Der hohen Massenleistung steht eine geringere Wertleistung entgegen. Aktuell schätzen Holzverarbeiter das Holz der Roteiche eher gering. Zum einen weil keine Thyllenbildung erfolgt, was die Verwendung im hochwertigen Fassbau ausschließt, zum anderen weil das Holz durch die höheren Radialzuwächse unruhigere Strukturen aufweist. Die Stämme neigen zur Rissbildung, was die Verwendung als Furnier einschränkt. Die erzielten Nettoerlöse lagen bei einem Vergleichsdurchmesser von 60 Zentimetern um etwa 30 Prozent unter denen der einheimischen Eichen.

Untersuchungen in Bayern

Unter Verwendung von Daten der ersten und zweiten Bundeswaldinventur (BWI1 bzw. BWI2) soll ein Vergleich bayerischer Eichen auf Einzelbaumebene angestellt werden. Während sich die Traubeneiche in Nordwestbayern konzentriert, wurde die Stieleiche schwerpunktmäßig in Süd- und Südostbayern aufgezeichnet; die Roteiche beschränkt sich auf wenige Inveturpunkte vor allem im Fränkischen Keuper und im Tertiären Hügelland (Abb. 3). Bei der BWI2 wurden in Bayern lediglich 81 Roteichen an 33 Inventurpunkten als Probebäume ausgewählt (Tab. 1).

 RoteicheStieleicheTraubeneiche
Anzahl WZP 4*811.5461.373
Altersspanne [J]19 – 15411 – 2549 – 515
Alter Mittelwert56100106
BHD min – max [mm]71 – 84670 – 1.29070 – 1.214
BHD Mittelwert304423363
Höhe min – max [m]8,3 – 37,95,1 – 39,95,6 – 40,2
Höhe Mittelwert22,422,323,4
Tab. 1: Beschreibung des Zahlenmaterials der BWI2 für die Bäume der Baumartengruppe "Eiche" für das Bundesland Bayern

* WZP=Winkelzählprobe

Alle Inventurpunkte, an denen die Gattung Quercus vorkam, wurden mit Standort- und Klimainformationen aus dem Projekt KLIP 4 verknüpft. In Abbildung 4 ist die Verteilung einiger Parameter sowie die obere bzw. untere Quartilsgrenze der Roteiche dargestellt. Für den Leistungsvergleich wurden nur einheimische Eichen berücksichtigt, bei denen die physiographischen Parameterwerte innerhalb dieser Grenzen lagen. Hierdurch werden die Datensätze der einheimischen Eichen deutlich reduziert. Es konnten 81 Roteichen, 108 Steileichen und 47 Traubeneichen zu Vergleichszwecken herangesogen werden.

Ersichtlich wurde, dass die Roteichen an Inventurpunkten vorkommen, an denen eine deutlich bessere Niederschlagsausstattung in der Vegetationszeit gegeben ist (Abb. 4). Beim Vergleich der Durchmesserzuwächse der Roteiche mit denen heimischer Eichen konnten signifikant größere Steigungen für die Baumart Roteiche für die Komponenten Durchmesserzuwachs und Volumenzuwachs nachgewiesen werden. Demnach ist davon auszugehen, dass eine Wuchsüberlegenheit der Roteiche gegenüber den einheimischen Eichen gegeben ist und damit höhere Massenleistungen erwartet werden können.

Die Zukunft der Roteiche in Bayern

Aufgrund der sehr spärlichen Datenausstattung sind leider nur vage Aussagen möglich. Festgehalten werden kann, dass die Roteiche, wie die heimischen Eichenarten, höhere Temperaturen als sie bisher in Bayern herrschen grundsätzlich verträgt. Für eine Erwärmung, wie sie durch den Klimawandel vorhergesagt ist, ist die Roteiche gewappnet, sie verträgt wärmere Winter und wärmere Sommer. Ihre Grenze ist dort, wo gleichzeitig die Niederschläge sinken. Dadurch wird sie beispielsweise auf kalkreichen Standorten anfällig für Wurzelfäule. Falls die Temperaturen weiter als die befürchteten 2 °C im Jahr steigen, wird die Roteiche voraussichtlich Probleme bekommen.

Fazit für die forstliche Praxis

Die Roteiche ist eine Baumart, die auch in Bayern eine höhere Massenleistung als die heimischen Eichenarten erwarten lässt. In kürzeren Produktionszeiträumen lassen sich höhere Volumenerträge pro Hektar erzielen. Dem steht eine geringere Werterwartung gegenüber. Allerdings sollte die derzeitige Markteinwertung nicht als Ausschlussgrund für den Anbau der Roteiche gesehen werden. Der technologische Fortschritt kann die Marktströmungen verändern.

Der Anbau der Roteiche erfordert keine speziellen Vorgehensweisen. Allerdings sollten die Gründe für Anbaufehlschläge der Vergangenheit beachtet werden. So hat sich die Mischung von einheimischen Eichen und Roteichen aufgrund unterschiedlicher Wuchsrelationen nicht bewährt. Die Roteiche ist keine Baumart für Grenzstandorte. Auf durchschnittlichen Standorten ist sie allerdings eine interessante Nebenbaumart, die das einheimische Baumartenspektrum ergänzt und bereichert.