Der Wald unterscheidet sich vom Acker oder vom Grünland deutlich in der Wasserbilanz: Insbesondere ist jenes Niederschlagswasser, das auf Blätter und Nadeln auftrifft und direkt verdunstet, ohne den Boden zu erreichen (Interzeption), im Wald deutlich höher als etwa auf Gras- oder Ackerland. Die Tiefensickerung ist allerdings im Wald geringer als bei Grasland.
Die Interzeption von Nadelbäumen liegt deutlich höher als bei Laubbäumen, während die Tiefensickerung unter Nadelbäumen geringer ist als unter Laubbäumen. Der Wasserverbrauch (Verdunstung oder Transpiration) von Wäldern ist trotz ihrer höheren Blatt- und Nadelmasse nur geringfügig höher als jener von Acker oder Grünland.
Die Wasserpumpe Waldbestand
Welche Baumart pumpt am meisten Wasser aus dem Boden? Die Birke, die oft als "Wasserprasser" bezeichnet wird, verbraucht pro Gramm Blattmasse mehr als das Siebenfache an Wasser als die Douglasie. Rechnet man jedoch auf den Bestand hoch, so verbraucht die Douglasie aufgrund ihrer wesentlich höheren Nadelmasse pro Jahr jedoch tendenziell mehr Wasser (Tabelle 1). Die Unterschiede im Wasserverbrauch werden also für die verschiedenen Baumarten auf Bestandesebene oft überschätzt.
Auf Bestandesebene liegt der Wasserverbrauch der Baumarten maximal um etwa den Faktor 2,5 auseinander, wobei Douglasie und Lärche den höchsten Wasserverbrauch haben, die Kiefer den geringsten Wasserverbrauch aufweist.
Tabelle 1: Mittlere Transpiration, Laubmasse und Bestandestranspiration unterschiedlicher Baumarten (Lyr et al. [eds.] 1992) | |||
Baumart | Mitt. Transpiration (Blätter) [gH2O.g-1FG.d-1] | Laubmasse kg.ha-1 | Bestandestranspiration mm.a-1 |
Birke | 9,5 | 4940 | 430-480 |
Buche | 4,8 | 7900 | 320-370 |
Lärche | 3,2 | 13950 | 460-580 |
Kiefer | 1,9 | 12550 | 240-300 |
Fichte | 1,4 | 31000 | 390-450 |
Douglasie | 1,3 | 40000 | 480-580 |
Reinigende Wirkung des Waldes beeinflusst Wasserqualität
Inwieweit haben nun der Wald, die Baumartenzusammensetzung und die Waldbewirtschaftung Einfluss auf die Wasserqualität? Schon alleine durch das Vorhandensein von Wald fehlen waldfremde Nutzungen (etwa durch Industrie, Gewerbe und Haushalt). Es wird damit auch kein oder wenig Düngermittel eingesetzt und eingeschränkt Pflanzenschutzmittel verwendet. Ebenso werden Abfallstoffe (Klärschlämme und ähnliches) im Wald nicht eingebracht.
Sehr deutlich zeigt sich das an der im Wald deutlich geringeren Nitratbelastung des Grundwassers in Einzugsgebieten der Schweiz: Werte über 26 mg Nitrat pro Liter Wasser werden im Wald im Gegensatz zu landwirtschaftlich genutzten Einzugsgebieten selten gemessen, Werte über 40 gar nicht erreicht (Abbildung 1).
Abbildung 1: Nitratgehalte im Grundwasser in Abhängigkeit von der Bodennutzung in schweizerischen Einzugsgebieten (BUWAL/WSL 2005). Die Flächen entsprechen dem Anteil der Grundwasserfassungen mit dem jeweiligen Nitratgehalt [mg Nitrat.l-1]
Im naturnahen Wald sind die Stoffkreisläufe weitgehend geschlossen; der Waldboden verfügt über eine höhere Reinigungswirkung, da die Bodenbearbeitung fehlt und der Humusgehalt höher ist; Dies alles plus die höhere biologische Aktivität und die bessere Durchwurzelung bewirken einen höheren Stoffentzug und geringere Stofffrachten im Wasser als in landwirtschaftlich genutzten Böden.
Allerdings bedeutet die größere Oberfläche von Beständen auch eine höhere Auskämmung von [Schad]stoffen wie Stickstoff und Schwermetallen aus der Luft. So haben beispielsweise Untersuchungen von v. Wilpert et al. (2001) gezeigt, dass der Eintrag von H+-Ionen und Ammonium-Stickstoff in Fichten-Althölzern um 130 %, in Buchen-Stangenhölzern um 30 % gegenüber dem Freiland erhöht ist.
Laubbäume produzieren besseres Trinkwasser
Auch die Baumartenzusammensetzung hat einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Wasserqualität: Generell wird unter Laubbäumen hochwertigeres Trinkwasser produziert als unter Nadelbäumen. So werden im Sickerwasser unter Laubbäumen geringere Nitratkonzentrationen gemessen, da die Auskämmung von Stickstoff geringer ist, die Durchwurzelungstiefe im Allgemeinen größer ist und die geringere Interzeption ein Mehr an Sickerwasser (Verdünnungseffekt) bedeutet.
Unter Laubbäumen wird im Allgemeinen mehr Mineralbodenhumus als unter Nadelbäumen gebildet - dies bedeutet mehr Adsorption und damit geringere Stofffrachten im Sickerwasser. Eine Ausnahme sind stickstoffproduzierende Baumarten wie die Erle: So wurden unter Beständen von Amerikanischer Roterle bei vergleichbarer Stickstoffionenkonzentration im Eintrag und geringerem Bestandesniederschlag weitaus höhere Stickstoffkonzentationen im Bodenwasser gemessen als unter Douglasienbeständen (van Miegroet et al. 1992).
Baumartenzusammensetzung und Waldbewirtschaftung zusammen zeigen nach Untersuchungen von v. Wilpert et al. (2001) erheblichen Einfluss auf die Wasserqualität: So sind die Austräge von Nitrat, Sulfat, Chlor, Magnesium und Kalzium unter Kleinkahlschlag wesentlich höher als unter Buchenverjüngung. Wais et al. (2008) stellten fest, dass – allerdings stark standortsabhängig - die Sickerwasserfrachten umso geringer sind, je kleinflächiger die Bewirtschaftungsform ist. Ebenso stellten diese Autoren fest, dass Nitratspitzen im Sickerwasser durch Vorverjüngung und Bodenvegetation abgepuffert werden können.
Auch Durchforstungseingriffe beeinflussen die Nitratgehalte des Sickerwassers: Gartner (unveröff.) stellte nach einer Durchforstungsmaßnahme in einem 60-jährigen Buchenbestand in 60 cm Bodentiefe unter Buche nahe Klausen-Leopoldsdorf eine Verdoppelung der allerdings sehr geringen Nitrat-Ausgangskonzentrationen von 6 mg.l-1 über einen Zeitraum von zwei Jahren fest.
Durch Sturmschäden und Borkenkäferkalamitäten kann sowohl die Trinkwasserqualität als auch die Wasserspende verändert werden: Ab einem Anteil von etwa 25-30 % abgestorbener Bäume nahmen in den untersuchten Einzugsgebieten sowohl der Oberflächenabfluss als auch die Nitratkonzentration im Quell- als auch im Bachwasser stark zu (Zimmermann et al. 2000), während die Nitratwerte im Grundwasser mehr oder weniger unverändert blieben.
Empfehlungen für Quellschutzgebiete der Stadt Wien
Mehrere Autoren haben sich damit beschäftigt, welche Art der Waldbewirtschaftung die Trinkwasserqualität am besten fördert: So empfiehlt Köck (2009) etwa für das Wiener Quellenschongebiet Maßnahmen wie ein Kahlschlagverbot und rät zu einem Dauerwaldkonzept (Stabilität), Eingriffsstärkenbegrenzung (15-25% der Bestandesgrundfläche), höhenstufenabhängigen Mindestüberschirmungsgrad [70-90% (montan) & 60-80% (subalpin)] und die Forcierung der Naturverjüngung. Weiters rät Köck, die Baumartenvielfalt entsprechend der Potenziellen Natürlichen Waldgesellschaft (Stabilität der Waldbestände für den Quellenschutz) zu fördern und Hydrotope mit angepasster Bewirtschaftung auf der Basis von PNWG und Bodentyp abzugrenzen. Auch Waldzertifizierungssysteme wie PEFC geben Empfehlungen hinsichtlich der Bewirtschaftung von Wäldern mit Wohlfahrtsfunktion und hinsichtlich des Wasserschutzes.
Was kostet Grundwasserschutz?
In der Schweiz wurden an Hand von Fallbeispielen die zusätzlichen Kosten für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften in Grundwasserschutzzonen (S2, S3) mit 35 und 166 Schweizer Franken pro Jahr und Hektar, für darüber hinausgehende Empfehlungen mit 134 und 187 Schweizer Franken pro Jahr und Hektar errechnet und Abgeltungsmodelle entwickelt (Bürgi & Spjevak 2008).
Kann der Wald Hochwasserspitzen abschwächen? Über das Ausmaß der Waldwirkung darauf gibt es sehr divergierende Angaben, da direkte Vergleiche aufgrund der Vielzahl an Einflussfaktoren (Geologie, Bodengründigkeit, Neigung, Bewaldungsprozent) nur selten möglich sind. Die meisten Autoren gehen von Werten zwischen 5 und 30 % aus. Als Beispiel sei eine Arbeit von Rieger (2012) für das Einzugsgebiet der Windach in Bayern angeführt. Hier wurden abhängig vom Bewaldungsprozent und der Stärke des Hochwassers Werte bis zu 35 % Abflussdämpfung erreicht.
Sowohl in Hinblick auf die Wasserqualität als auch auf die Wasserspende besitzt der Wald ein starkes Regulierungspotenzial, das durch angepasste Bewirtschaftungsmethoden erheblich beeinflusst werden kann. Dieses Potenzial wird von den Standortseigenschaften und Einflüssen von außen (z.B. Stoffeinträge, Klimawandel etc.) begrenzt.
Literatur
Bürgi, A.; Spjevak, S. (2009): Grundwasserschutz im Wald kostet! Wald Holz 90, 2: 30-33.
BUWAL, WSL (Hrsg.) 2005: Waldbericht 2005 – Zahlen und Fakten zum Zustand des Schweizer Waldes. Bern, Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft; Birmensdorf, Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft. 152 S.
Koeck, R. (2009): Bedeutung des Karst- und Quellenwasserschutzes am Beispiel des Wiener Quellenschongebietes. In: Lebensministerium, Kurzfassung der Referate: Ramsar-Fachtagung "Die Bedeutung von Feuchtgebieten für Trinkwasser, Klima und Biodiversität", Tagungsband, 42 S.
Lyr, H.; Fiedler, H.J.; Tranquillini, W. (1992): Physiologie und Ökologie der Gehölze. Gustav-Fischer-Verlag Jena und Stuttgart
Rieger W. (2012): Prozessorientierte Modellierung dezentraler Hochwasserschutzmaßnahmen, Universität der Bundeswehr München, Institut für Wasserwesen, Wasserwirtschaft und Ressourcenschutz, Mitteilungen Heft 116, München, 303 S.
Van Miegroet, H.; Homann, P.S.; Cole, D.W. (1992): Soil-Nitrogen Dynamics Following Harvesting and Conversion of Red Alder and Douglas-Fir Stands. Soil Science Society of America Journal 56, 4: 1311–1318.
von Wilpert, K.; Zirlewagen, D. (2001): Bodenversauerung und Entwicklung der Wasserqualität im bewaldeten Einzugsgebiet der Conventwald Fallstudie. Freiburger Forstliche Forschung, Heft 33: 123-137.
Wais, W.; Huber, C.; Göttlein A. (2008): Waldverjüngung und Wasserqualität, LWF Waldforschung Aktuell 66, p. 9-13.
Zimmermann, L.; Moritz, K.; Kennel, M.; Bittersohl, J. (2000): Influence of bark beetle infestation on water quantity and quality in the catchment Grosse Ohe/Bavarian Forest National Park.Silva Gabreta 4, 51-62