Die beiden Autoren widmen sich einem etwas vernachlässigten Thema: den Waldgräsern. Sie zeigen die Bedeutung der Waldgräser, die zusammen mit anderen Waldbodenpflanzen wertvolle Hinweise auf die jeweiligen Standorteigenschaften liefern. Die Kenntnis der Waldgräser ist für alle, die sich intensiv mit dem Wald beschäftigen, sehr nützlich. So richtet sich dieser Bestimmungsführer an Forstleute, Standortkundler, Studierende der Forstwirtschaften, Biologie und Landschaftsökologie sowie Pflanzenfreunde, Naturliebhaber und interessierte Waldspaziergänger.
Ihnen ist es ein guter Begleiter und hilft insbesondere auch beim Einstieg in die Gräserkunde oder bei standortskundlichen Fragen im forstlichen Alltag, denn in diesem Bestimmungsführer wurden erstmals alle grasartigen Pflanzen berücksichtigt, die in den ökologischen Artengruppen der "Forstlichen Standortsaufnahme" enthalten sind. Arten mit geringer Waldbindung fehlen.
Inhaltsübersicht
Am Anfang wird ein kurzer Überblick über die Systematik und Nomenklatur der grasartigen Pflanzen gegeben. Danach widmen sich die Autoren dem Aufbau der grasartigen Pflanzen: Süssgräser mit ihren Wurzeln, Wuchsformen, Halmen, Blättern, Blütenständen und Ährchen, Ried- oder Sauergräser mit Blattscheiden und –spreiten, Ähren und Ährchen sowie Blütenstandsformen, Blüten, Hüllspelzen und Samen und die Binsengewächse mit ihren Stängeln, Blättern, Blüten und Früchten. Eine Überblick-Tabelle mit den wichtigsten Merkmalen und Unterschieden beendet das Kapitel.
Bestimmungsschlüssel
Die Bestimmungsschlüssel wurden gegenüber bestehenden Werken präzisiert und erweitert. Der Leser findet einen gut und verständlich aufgebauten Schlüssel. Für die Seggen gibt es zudem einen Schlüssel für die Bestimmung im vegetativen (nichtblühenden) Zustand, was die Bestimmungsmöglichkeiten deutlich erhöht. Zunächst beginnt das Kapitel mit den Familienschlüsseln, danach, wo nötig, jeweils Schlüssel für Gräser im blühenden Zustand beziehungsweise Schlüssel der vegetativen Merkmale.
Artbeschreibungen
Daran schlissen sich die Art-Porträts an. Nach einer kurzen Einführung mit Hinweisen und Erläuterungen enthält jedes Artportät nach einem Übersichts-Foto, den wissenschaftlichen, deutschen und zum Teil englischen Namen und in Kalenderform Angaben zur Blüte- und zur Frucht- bzw. Reifezeit. Danach folgt die Namenserklärung, gefolgt von einem kurzen Abschnitt über Lebensweise, Wuchsform Wurzeltiefe und Pflanzenhöhe sowie zu Besonderheiten des Erscheinungsbildes. Der Leser erhält zudem einen Hinweis auf ähnliche Arten. Es folgt eine kurze Beschreibung des ökologischen Verhaltens.
Ergänzend dazu finden sich neben dem Textblock Buchstaben auf blauen Punkten. Die nebenstehenden Erklärungen zu den Detail-Fotos sind zugleich auch wichtige Merkmale der dargestellten Waldgräser oder zeigen Verwechslungsarten.
Abb. 2. Juncus effusus und Juncus conglomeratus. Foto: Christian Fischer
Alle wesentlichen Merkmale, die zur Bestimmung nötig sind, findet der Leser in zahlreichen Detail-Fotos, die auch die Bestimmung mittels Schlüssel im Wald ergänzen und erleichtern sollten. Die Vergrösserungen der Fotos sind dabei überwiegend so gross dargestellt wie sie durch die üblichen Botanikerlupen betrachtet werden können, was die Bestimmungsarbeit erleichtert.
Angaben der Zeigerwerte nach Ellenberg, zum Grad der Waldbindung nach der Waldartenliste und der Zugehörigkeit zu einer ökologischen Artengruppe schlissen sich an. Danach geben die Autoren einen kurzen Überblick über die Verbreitung sowie über den jeweiligen Gefährdungs- und Schutzstatus. Die Artbeschreibungen werden durch die Rubrik "Wissenswertes und Verwendung" ergänzt. Hier findet der Leser zum Beispiel, ob das Waldgras als Säurezeiger geeignet ist, ob es im Gartenhandel als Ziergras angeboten wird, dass das Flattergras früher als Flechtmaterial für Körbe und Matten diente, ob sich ein Gras als Futterpflanze eignet oder vom Wild verschmäht wird, welche medizinischen Zwecken es gedient hat, welche Veränderungen ein Zu- oder Abnahme der Arthäufigkeit bedingen und Vieles mehr.
Forstliche Bedeutung und Verwendung
Abb. 3. Früher verhalfen Gräser und Seggen so manchem Forstberieb als Nebennutzung zu beträchtlichen Einnahmen. Sie wurden beispielsweise als Packmaterial oder zum Polstern von Matratzen verwendet. Foto: Ulrich Wasem (WSL)
Im nächsten Kapitel geht es um die forstliche Bedeutung und Verwendung von Waldgräsern – früher und heute. Die Autoren zeigen an Beispielen auf, wie Waldgräser früher verwendet wurden und welche Bedeutung sie in der heutigen Forstwirtschaft besitzen: In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts beispielsweise verhalfen Gräser und Seggen einigen Forstbetrieben als Nebennutzung zu beträchtlichen Einnahmen. Sie wurden zum Polstern von Matratzen oder als Packmaterial verwendet, bevor sie durch andere Materialien ersetzt wurden. Als Ziergräser werden Waldgräser vielfach in Gärten und Parkanlagen auch unter Bäumen im lichten Schatten gepflanzt. Andere Gräser werden zur Dünensicherung eingesetzt, wieder andere eignen sich zur Befestigung von kalkreichen, trockenen oder feuchten Böschungen.
Heute erbringen Waldgräser vor allem einen indirekten Nutzen, da sie an steinigen Südhängen den jungen Forstpflanzen Schutz gegen Überhitzung, austrocknende Winde und Strahlungsfrost bieten, zudem mindern sie den Ablauf des Oberflächenwassers und die Erosion.
Auch bei zur Verdichtung neigenden Böden kann sich die Drainagewirkung der Graswurzeln günstig auswirken. Je nach herrschender Baumart können sie den Bodenzustand verbessern (Kiefer, Lärche, Fichte) oder verschlechtern (Esche, Robinie). Und obwohl Gräser für Wild nur mässig attraktiv sind, können einige Waldgräser in der Wildäsung v.a. für Rotwild eine gewisse Bedeutung erlangen, indem sie vom Verbiss der Forstpflanzen ablenken. Andere wiederum stellen für forstliche Verjüngungspflanzen eine starke Konkurrenz dar. Dies sind insbesondere Arten, welche mittels Ausläufern dichte reine Bestände bilden können.
Eine wichtige Bedeutung besitzen heute grasartige Pflanzen als Indikator für die Einschätzung der Standorteigenschaften. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Standortansprüche der Arten kann man Bodenart und -zustand, Wasserversorgung, Holzertragsleistung etc. eines Standortes nach den vorkommenden grasartigen Pflanzen ansprechen und so für die Baumartenwahl und die Verjüngungsverfahren wichtige Hinweise erhalten. Für die praktische Forstarbeit finden sich bei den Artportraits jeweils wichtige Angaben dazu, was das Buch zu einem wichtigen Begleiter machen kann.
Darüberhinaus beherbergt das Bestimmungsbuch im Anhang ein ausführliches Glossar, ein Verzeichnis der wissenschaftlichen und der deutschen Pflanzennamen und einen grossen Literaturanhang, der nach speziellen Themenbereichen untergliedert ist. Angaben zu entsprechenden Internetseiten runden den Anhang ab.
Bezugsquelle
Das Buch ist im Buchhandel erhältlich oder kann beim Verlag bestellt werden.
Christine Rapp, Norbert Bartsch
Waldgräser. Der Bestimmungsführer
268 Seiten, ca. 500 Farbfotos und Zeichnungen Flexibroschur ISBN 978-3-258-07957-8
Haupt Bern