Der Mittelspecht (Leiopicus medius) ist ein Habitatspezialist, der in der Schweiz hauptsächlich ehemalige Mittelwälder mit zahlreichen Alteichen besiedelt. Sein Bestand ist hierzulande gefährdet. Diese Vogelart kann sich langfristig nur halten, wenn es auch weiterhin grossflächige Eichenwälder gibt.

Gemäss dem im Jahr 2008 erschienenen Aktionsplan Mittelspecht Schweiz sollen Mittelspechtbestände und ihre Lebensräume erhalten bleiben sowie zusätzliche zusammenhängende und vernetzte Lebensräume (z.B. Eichenflächen) geschaffen werden, damit der Bestand anwächst.

Aktionsplan Mittelspecht Schweiz: Der Mittelspecht ist in der Schweiz gefährdet. Zurzeit verteilt sich  sein Bestand in der Schweiz auf 12 Kantone im westlichen, nördlichen und östlichen Mittelland und Jura. und umfasst gegenwärtig rund 500 Brutpaare. Die Vogelart bewohnt eichenreiche Waldbestände unterhalb 800 m ü. M. und besitzt einen grossen Raumbedarf: Ein lokaler Brutbestand von 5–10 Brutpaaren benötigt 50–100 ha Eichenwald mit alten Eichen. Die Art ist gefährdet, weil Eichenwälder im Verlaufe des letzten Jahrhunderts vielerorts in für die Art unbesiedelbare Habitate (z. B. Nadelholz-Reinbestände, Hochwald-Mischbestände) umgewandelt wurden. 
Damit kurzfristig die Erhaltung des aktuellen Mittelspechtbestands und mittel- bis langfristig ein solcher von mindestens 700 Brutpaaren erreicht werden kann, braucht es ein koordiniertes Vorgehen von Bund, Kantonen und weiteren Akteuren (z. B. Waldbesitzer). Dazu werden im Aktionsplan folgende Ziele festgelegt: Die aktuellen Mittelspechtbestände und ihre Lebensräume bleiben in ihrer heutigen Verbreitung erhalten. Wo notwendig werden dafür Bewirtschaftungsmassnahmen umgesetzt. Die Vernetzung aktueller sowie die Wiederbesiedlung ehemaliger und weiterer geeigneter Standorte werden mit geeigneten Massnahmen gefördert, insbesondere durch Anlage von Jungwaldflächen zusätzlich zu den bestehenden Eichenwäldern. Ein Mittel dazu sind die vom BAFU den Kantonen vorgeschlagenen Massnahmen zur Förderung des Mittelspechts in den Programmvereinbarungen NFA zum Produkt "Biodiversität im Wald". Für die Umsetzung der Massnahmen werden die Kantone vom BAFU finanziell unterstützt. Die Schweizerische Vogelwarte Sempach und der Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz beraten die Akteure und stellen die nationale Koordination sicher.

Der 2008 veröffentlichte Aktionsplan Mittelspecht Schweiz beschreibt die Rahmenbedingungen (Ziele, Strategien, Massnahmen, Rolle der Akteure usw.) für die Erhaltung und Förderung dieser gefährdeten Vogelart in der Schweiz. Ausgehend vom heutigen Bestand geht es darum, die Abnahme der Gesamtpopulation zu stoppen, die bestehenden Lebensräume zu erhalten und zusätzliche zusammenhängende und vernetzte Lebensräume (z. B. Eichenflächen) zu schaffen. Ferner gibt der Aktionsplan einen Überblick über die aktuelle Situation des Mittelspechts in der Schweiz und über die bisherigen und laufenden Aktivitäten.

Der Mittelspecht besiedelt mit Vorliebe ausgedehnte alte Eichenwälder. Dieser Such- oder Stocherspecht ist auf struktur- und altholzreichen Wäldern angewiesen, da er seine Nahrung vorwiegend in der Borke alter Eichen findet und seine Bruthöhle in morschem Holz baut. 

Steckbrief Mittelspecht:

Aussehen: 

  • beide Geschlechter mit grossem rotem Scheitel
  • der Bartstreif reicht nicht bis zum Scheitel und Nacken
  • grosser weisser Schulterfleck 
  • der kurze, weniger stark ausgeprägter Schnabel ist eher zum Stochern in der Baumrinde als zum Hacken geeignet
     

Nahrung:

  • Insekten; im Sommer lesen sie die Insekten eher von den Blättern ab, im Winter stochern die Vögel in der Borke danach. Da Eichen von den einheimischen Bäumen das reichste Insektenleben besitzen, besteht auch diese enge Bindung zwischen Mittelspechten und der Eiche.

Lebensweise:

  • pro Paar ist eine  Mindestfläche von ca. 10 ha nötig
  • eine Brut pro Jahr
  • jedes Jahr neue Bruthöhlen in Bäumen mit je 4-7 Eiern
  • Standvögel
  • werden bis zu 8 Jahren alt

Besonderheiten:

  • Mittelspechte sind ausgesprochen standortreu. Die Vögel streifen auch ausserhalb der Brutzeit nur in einem Umkreis von wenigen Kilometern umher.
  • Mittelspechte trommeln im Gegensatz zu anderen Spechtarten nur sehr selten. Stattdessen markieren sie in der Brutzeit ihr Revier mittels klagenden, quäkenden Lauten.
  • Nasskaltes Wetter mit tiefen Temperaturen Im Frühjahr ist für Bruten kritisch.

Rote Liste Schweiz:

  • potentiel gefährdet (NT)

Wichtig:

  • Die Vernetzung der Bruthabitate ist wichtig, um auch kleinen Populationen eine Überlebenschance zu geben. 
  • In Deutschland findet man Mittelspechte in Hochstammobstgärten in hohen Dichten. Bis in die 1950er Jahre war dies auch in der Schweiz zu beobachten. Heute gibt es nur noch vereinzelte Meldungen aus diesem Habit. Als Trittsteinbiotop ist es aber nach wie vor äusserst wichtig.

Gefährdungsursachen

Hauptsächliche Gefährdungsursachen für Mittelspechte in der Schweiz sind: 

  • die Umwandlung ehemaliger eichenreicher Wälder in Mischbestände ohne hohe Eichendichte sowie Netto-Entnahme der Altholz-Eichen, insbesondere Altholz III (>120 Jahre). 
  • das Fehlen von 1–2 Baumgenerationen der Eiche aufgrund fehlender Verjüngung seit etwa 1940. 
  • die zunehmende Isolation geeigneter Eichenwaldflächen aufgrund Habitatverschlechterungen in benachbarten Lebensräumen.
  • Reduzierung des Eichenanteils in Wäldern
  • Überführung ehemaliger Mittelwälder in Hochwälder
  • Einwachsen von Buchen oder anderen Baumarten in die Kronen der Eichen
  • ausbleibende Eichenverjüngung
  • Entfernen von Totholz
  • zunehmende Isolation von geeigneten Habitaten

Weitere Informationen dazu finden Sie im Aktionsplaln Mittelspecht Schweiz und im eigenen Aktionsplan Mittelspecht des Kantons Zürich.

Massnahmen

Als Habitatspezialist besiedelt der Mittelspecht hierzulande gerne ehemalige Mittelwälder mit zahlreichen Alteichen. Sein Bestand kann langfristig nur erhalten werden, wenn grossflächige Wälder mit der Hauptbaumart Eiche bestehen bleiben. Leider zählt die Vogelart in der Schweiz zu den gefährdeten Vogelarten, so dass ihr Vorkommen als Indikator für eine naturnahe Wald- und insbesondere Eichenwaldbewirtschaftung dient. Es zeigte sich, die Art ist auf Fördermassnahmen angewiesen ist. 2008 wurde daher der von BirdLife Schweiz, der Schweizerischen Vogelwarte, dem BAFU und weiteren Experten erarbeitete Aktionsplan Mittelspecht Schweiz  zur Erhaltung und Förderung dieser Vogelart aufgelegt. Dieser zeigte, welches die dringendsten Massnahmen sind und wo die Umsetzung mit welchen Partnern am erfolgversprechendsten ist.

Und - wie sieht die Situation 15 Jahre später aus?

Bestandessituation in der Schweiz

Aufgrund verschiedener Kriterien ist der Mittelspecht eine Art, für die vordringlich Artenförderungsprogramme erstellt werden.
Bereits in den 1970er und 1980er Jahren erfasste BirdLife grossflächig die Mittelspechtbestände einiger Regionen. 2005 wurden dann für die Schweiz nur noch 500 bis 600 Reviere ausgewiesen (BirdLife). Der Bestand verteilt sich dabei auf Lagen unterhalb von 600 m Höhe am Jurasüdfuss von Genf bis in die Region Biel, um Basel sowie in der Nordostschweiz. 

2016 belief sich die Zahl der Mittelspechtreviere auf knapp 1700 bis 2050. In einigen Kantonen kann eine Zunahme der Anzahl Reviere klar nachgewiesen werden, in anderen ist es denkbar, dass der Mittelspecht dort schon früher häufiger war als angenommen. Als Gründe für den Anstieg der Bestände kommen die Effekte des Klimawandels mit milderen Temperaturen im Winter in Frage wie auch die vielerorts angestossenen Eichen-Fördermassnahmen und andere Faktoren. (BirdLife). Für die Klimawandel-These spricht, dass der Mittelspecht in anderen europäischen Ländern ebenfalls zugenommen hat. Doch die Eichenförderung hat sich wohl auch positiv ausgewirkt. Inzwischen wurden aufgrund des Aktionsplans Mittelspecht zahlreiche Projekte gestartet. Die Eichenförderung sollte unbedingt fortgeführt werden, um den Fortbestand der Vogelart langfristig zu sichern. (BirdLife)

Kanton Zürich (ZH)
Dem Kanton Zürich kommt für die Erhaltung des Mittelspechts in der Schweiz eine grosse Bedeutung zu, weil hier rund 1/3 aller Mittelspechtvorkommen liegen. Die Erhaltung der Mittelspechtbestände verlangt eine enge Kooperation zwischen dem Forstdienst, privaten Waldeigentümern und dem Naturschutz. Bereits 2004 wurde hier ein spezifischer Aktionsplan erstellt, dessen Ziel es ist, den Mittelspecht im Kanton zu fördern, indem die bestehenden Lebensräume erhalten und zusätzliche zusammenhängende und vernetzte Lebensräume (z.B. Eichenflächen) geschaffen werden. Der Aktionsplan Mittelspecht des Kantons Zürich hat sich zum Ziel gesetzt, den Mittelspecht zu erhalten und zu fördern. 2022 wurde zum 5. Mal (nach 1978, 1988, 2002, 2012) eine Brutbestandserhebung durchgeführt. Ziel war es, die Zusammenhänge zwischen Lebensraum, Waldnutzung und Vorkommen des Mittelspechts im Kanton besser zu verstehen und daraus weitergehende Förderschwerpunkte abzuleiten. Zudem sollte die Bestandesentwicklung und die Arealverschiebung möglichst gut dokumentiert werden. In Bülach hat BirdLife Schweiz 2015 zusammen mit der Gemeinde zudem einen Mittelspecht-Themenweg im Hardwald eröffnet, um auf diese Thematik auch noch anders hinzuweisen.

Erfassungsmethode:
Mittelspechte sind nicht einfach zu erfassen, da die Balz der Tiere witterungsabhängig und oft nur kurz ist. Daher wurden im Kanton Zürich zwischen Mitte März und Mitte Mai die Erhebungen jeweils ganztags durch Abspielen einer Klangattrappe von Revier- und Balzlauten durchgeführt, um eine Reaktion zu provozieren. Dazu wurde alle 200 m eine Reihe der typischen Revieranzeigerufe abgespielt. Erfolgte keine Reaktion, wurde die Rufreihe nach 2 Minuten wiederholt. Erfolgte wiederum keine Reaktion, wurde stattdessen eine Serie von Balzlauten verwendet.

Ergebnis:
Die Erhebungen brachten eine erfreuliche Erkenntnis: Innerhalb der 2012 und 2022 nach strikt standardisierter Methode bearbeiteten Fläche stieg die Revierzahl um 31 Prozent. Insgesamt wurden 2022 im Kanton Zürich 587 Reviere entdeckt, eine Zunahme von ca. 60 Prozent gegenüber dem Ergebnis von 2012.
Das Verbreitungsgebiet des Mittelspechts hat sich weiter nach Süden und Osten ausgedehnt. Anschliessende Modellanalysen zeigen, dass die Art im Untersuchungsgebiet eine leichte Präferenz für Höhenlagen zwischen 550 und 600 m ü. M. besitzt. Exposition und Relief scheinen keinen Einfluss zu haben. Je weiter eine Waldfläche vom Verbreitungsschwerpunkt entfernt ist, desto geringer ist die Revierverdichtung unabhängig vom Habitat. Dies deutet darauf hin, dass im Kanton Zürich noch weiteres Ausbreitungspotential besteht.

Besonders wertvoll sind strukturreiche, lockere Eichenbestände.
Die ausgeprägte Präferenz des Mittelspechts für hohe Baumbestände ist sicherlich in Zusammenhang mit seiner ökologischen Bindung an alte (Laub-)Bäume zu interpretieren. Die Daten lassen zudem darauf schliessen, dass relativ lockere Baumbestände gegenüber sehr dichten Beständen bevorzugt werden und dass komplex strukturierte Wälder eher besiedelt werden als einschichtige.
Was die Baumartenzusammensetzung anbelangt, sind Eichen erwartungsgemäss die mit Abstand stärkste Vorhersagevariable für das Vorkommen des Mittelspechts. Auch der Anteil Eschen und / oder Ahorn ist offenbar positiv mit dem Vorkommen korreliert. Wälder mit hohem Nadelholzanteil, insbesondere Fichte und Föhre, werden dagegen gemieden. Bei der Buche ist tendenziell ebenfalls ein negativer Zusammenhang zu erkennen, was vermutlich damit zusammenhängt, dass die Buche der Eiche den Platz streitig macht.
Für die Totholzmenge konnte kein Zusammenhang mit dem Vorkommen der Vogelart gefunden werden, was aber der mangelhaften Datengrundlage zuzuschreiben sein dürfte. 

Planung der Waldentwicklung hilft mit.
Innerhalb der im Waldentwicklungsplan festgelegten Eichenförderflächen hat der Mittelspechtbestand seit 2012 um gut 10 Prozent zugenommen und dürfte die Bestandessättigung nahezu erreicht haben. Ausserhalb der Förderflächen hat der Bestand zwar viel stärker zugenommen, ist aber aktuell nur halb so hoch. Bei den Waldflächen, bei denen die Biodiversität Vorrang vor der Holznutzung hat, ist die Überlappung mit den Eichenförderflächen hoch und die Entwicklung deshalb sehr ähnlich.

Ein Blick in die Zukunft:
Es spricht nichts dagegen, dass sich der Bestand des Mittelspechts im Kanton Zürich weiterhin positiv entwickelt. Die Klimaerwärmung könnte ebenfalls dazu beitragen, da mit dem Ausbleiben längerer Kälteperioden das Nahrungsangebot in Form von Beeren z.B. an Efeu und Wirbellosen zunimmt.

Auch bestimmte Waldbauliche Entwicklungen, wie verstärkte Verjüngung der Eiche auf Schadflächen, könnten der Art zukünftig ebenfalls zugutekommen.
Bei der Waldbewirtschaftung kann für den Mittelspecht aber auch einiges schiefgehen. So darf beispielsweise die Eichenverjüngung nicht auf Kosten der Alteichen gehen, da die Verjüngungsflächen für die Vögel für längere Zeit nicht nutzbar sind. Ein bedeutender Teil des potenziellen Mittelspecht-Habitats ist inzwischen besiedelt, doch gibt es insbesondere ausserhalb des Verbreitungsschwerpunkts noch dünn besiedelte Potenzialflächen. Um die positive Entwicklung aufrechtzuerhalten, müssen die bisher bewährten Fördermassnahmen für den Mittelspecht weitergeführt werden.

Fazit:
Dank des naturnahen Waldbaus und der Eichenwaldbewirtschaftung und vielleicht auch Dank des Klimawandels hat die Mittelspecht-Population im Kanton Zürich stark zugenommen und der Bestand scheint derzeit langfristig gesichert.

Andere Kantone und ihre Erfahrungen:

Kanton Aargau (AG)
Die Resultate der Mittelspechtkartierung mittels Klangattrappen bilden auch im Kanton Aargau ein wichtiges Instrument für die Feststellung und Sicherung von Eichenwaldreservaten. Zwischen 2008 und 2009 fand man mit dieser Methode rund 100 Mittelspechtbrutpaare in eichenreichen Waldgebieten. Da sich diese Wälder vor allem im nördlichen Teil des Kantons befinden, ist der Mittelspecht hauptsächlich dort heimisch. Zwei mittelspechtreiche Zentren kristallisierten sich dabei heraus: Das eine befindet sich in der Gegend um Magden, Olsberg, das andere bei Koblenz. Drei bis vier Reviere sind in Windisch, Möhlin, Magden, Niederrohrdorf, Kaiseraugst, Rheinfelden und Siglistorf vorhanden. In weiteren Gemeinden gibt es vereinzelte Reviere. Semesterarbeiten der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW Wädenswil zeigten, dass in Waldlfächen mit nachgewiesenem Mittelspechtvorkommen signifikant mehr Eichen mit einem Brusthöhendurchmesser von über 40 Zentimetern wuchsen als in gleich grossen Flächen ohne Mittelspechtvorkommen. Ebenso unterschied sich der Totholzanteil in der Baumkrone der starken Eichen. Mittelspechtreviere wiesen dabei mehr Kronentotholz auf als unbesetzte Waldlfächen. Morsches und angefaultes Holz an Eichen bietet dem Mittelspecht nicht nur Nahrung, sondern auch gute Bedingungen für den Bau von Bruthöhlen. Mehr dazu finden Sie hier.

Mit der Sicherung von Eichenwaldreservaten im Rahmen des Naturschutzprogramms Wald kann sichergestellt werden, dass Eichenpflanzungen gefördert und Alteichen temporär geschützt werden. Von diesen Massnahmen wird die Mittelspechtpopulation im Kanton kurz- und langfristig profitieren. Langfristig wird sich der Mittelspecht aber nur halten können, wenn es gelingt, grossflächige Wälder mit der Eiche als Hauptbaumart zu erhalten bzw. neu anzulegen. Zum Glück nützt dies nicht nur dem Mittelspecht, sondern auch rund 40 weiteren Vogelarten, zahlreichen Kleinsäugern und unzähligen Insekten- und Pilzarten.

Das Naturschutzprogramm Wald
Die Sicherung von Eichenwaldreservaten in Zusammenarbeit mit Waldeigentümerinnen und Waldeigentümern bildet einen Schwerpunkt der dritten Etappe des Naturschutzprogramms Wald im Kanton Aargau (2008 bis 2013). Bis 2020 entstanden auf insgesamt 2500 Hektaren Wald solche Reservate. In diesen wurden einerseits neue Eichenjungwaldflächen angelegt, andererseits sollten alte Eichen so lange erhalten bleiben, bis die jungen Eichen genügend dick sind, damit der Mittelspecht sie zur Nahrungssuche nutzen kann. Das Ziel ist der Aufbau einer nachhaltigen Eichenwirtschaft, das heisst Schutz und Nutzen stehen längerfristig im Einklang. Mit den Waldeigentümerinnen und Waldeigentümern werden Verträge über 50 Jahre abgeschlossen und der temporäre Nutzungsverzicht wird entschädigt. Die Schaffung von Eichenjungwald wird mit 30‘000 Franken pro Hektare unterstützt.
Die Kartierung der Mittelspechte erfolgte 2008, 2009 und 2010. Die Präsenz des dieser Spechtart ist ein gewichtiges Argument für die Schaffung eines Eichenwaldreservats. Es ist vorgesehen, die Mittelspechtaufnahmen periodisch zu wiederholen, um über den Erfolg der Eichenwaldreservate Rechenschaft ablegen zu können (Umwelt Aargau Nr. 46, November 2009). 

Im Kanton Zürich konnten 2008 240 Brutpaare nachgewiesen werden, im Kanton Aargau waren es zwischen 2008 und 2010 zwischen 113 und 129 Brutpaare, im Kanton Neuenburg 2003 zwischen 100 und 150 und im Kanton Jura 2011 zwischen 125 und 150 Brutpaare. In den anderen Kantonen gab es damals noch keine Kartierungen. Man vermutete aber auch dort gesamthaft mehr als 160 Brutpaare. Seit den 1990er Jahren wurden gezielte Kartierungen in den Kantonen AG, GE, NE, JU, TG und ZH durchgeführt ebenso in den Kantonen BE, BS, BL, FR und SO.

Kantone Jura (JU), Genf (GE) und Neuenburg (NE)
Die Kartierung im Jura 2011 diente als Grundlage für den kantonalen Aktionsplan Mittelspecht. Durch Bestandeserhebungen wurden hier, wie auch in den Kanton Neuenburg, und Thurgau sowie rund um Genf vergleichsweise hohe Bestände festgestellt.
Seit 1990 finden im Kanton Genf systematische Kartierungen statt, In der Umgebung von Genf wurden zahlreiche Brutpaare festgestellt. Die Bestände am Jurasüdfuss sind gegenüber früheren Jahren etwas zurückgegangen.
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gab es im Kanton Neuenburg keine Meldungen über Mittelspechtvorkommen. Inzwischen breitet sich die Art stark aus, insbesondere im Bois du Devens. 

Kanton Thurgau (TG)
Verbreitungszentren des Mittelspechts bilden die Bestände entlang des Seerückens westlich von Romanshorn im Kanton Thurgau. Zwischen 1976 und 1994 gab es im Kanton Bestandeserhebungen mit Klangatrappen. Inzwischen fördert das Forstamt Thurgau die Eiche und damit den Mittelspecht und die Biodiversität. Die 2005 im ganzen Kanton erhobene Verbreitung des Mittelspechts - analog zu der im Kanton Zürich, bildete die Basis für das Förderkonzept. Der Vogelschutz begrüsst und unterstützt diese langfristigen Massnahmen zur Vernetzung der Mittelspecht-Populationen im Kanton zwischen Romanshorn und Diessenhofen (Eichenförderung und Mittelspecht im Thurgau/TVS).
Der Thurgau verfügt zwar nur über zwei Prozent der gesamten schweizer Waldfläche, aber dank der gezielten Eichenförderung leben hier 20 Prozent der gefährdeten Mittelspechte (Kanton TG). 2010 konnten 110 Reviere festgestellt werden. Dieser Bestand ist deutlich grösser als Zahlen aus früheren Kartierungen.

Ausserdem besteht offenbar ein Austausch der Mittelspechtpopulationen zwischen Zürich und Thurgau, was zur Erhaltung der genetischen Diversität beider Populationen beiträgt.
Daher ist es wichtig, dass Artenschutzkonzepte immer auch Populationen benachbarter Kantone berücksichtigen. Man soll mit diesen Massnahmen Vernetzung erreichen und keine Isolierung bestehender Populationen. Im Aktionsplan Mittelspecht Schweiz ist dies daher eine wichtige Forderung.

Kanton Bern (BE)
Neben dem Kanton Zürich, wo der Art ein eigener Aktionsplan gewidmet ist, liegt ein Schwerpunkt der Mittelspecht-Förderung in der Region Biel im Kanton Bern (BirdLife).

Seit 2003 werden am Jurasüdfuss Kartierungen durchgeführt, die der Forstwirtschaft als Grundlage für Artenförderungsmassnahmen dienen. Diese Vorkommen wurden 2012 erneut vollständig bearbeitet, und die Aufnahmeräume wurden noch ausgedehnt. Neu wurden jetzt z.B. auch Waldflächen im Mittelland in die Kartierung einbezogen, wobei die Auswahl in Zusammenarbeit mit den lokalen Forstorganen aufgrund der Habitateignung erfolgte. Weil der Mittelspecht als wenig ausbreitungsfreudig gilt, wurden lediglich Waldflächen ausgewählt, die in der Nähe der bereits bekannten Vorkommen am Jurasüdfuss liegen.

Kanton Solothurn (SO)
In den frühen 1950er Jahren existierten hier  Mittespechtreviere, doch zwischen 1979 und 1995 konnte die Vogelart nicht mehr nachgewiesen werden. Erst seit 1996 mehren sich Beobachtungen am Solothurner Jurasüdfuss und seit 2007 gibt es wieder vereinzelte Brutnachweise. Gemäss Aktionsplan Mittelspecht Schweiz ist die Datengrundlage für den Mittelspecht im Kanton Solothurn lückenhaft. 2012 hat der Vogelschutzverband des Kantons Solothurn VVS daher versucht, mit Hilfe von Freiwilligen durch eine systematische Kartierung diese Lücken schliessen. Mit Hilfe von Waldbestandeskarten und den Angaben von Kreisförstern wurden 65 Gebiete im Kanton ausgeschieden und im Zeitraum zwischen Februar und April 2012 von 35 Kartiererinnen und Kartierern nach vorgegebener, standardisierter Methode kartiert. Die Bestandserhebung wurde gemeinsam mit dem Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz im Rahmen des Artenförderungsprogramms Vögel Schweiz durchgeführt und dient als Grundlage für Erfolgskontrollen und gezielte Förderprogramme. 

Kantone Basel (BS) und Basel-Landschaft (BL)
Ähnliche Beobachtungen existieren auch aus dem Kanton Basel-Landschaft, wo in den letzten Jahren Nachweise in Gebieten und Habitaten gelangen, die seit 1980 nicht besiedelt waren. Dazu gehören sowohl Beobachtungen aus dem Oberbaselbiet als auch Brutnachweise aus Obstgärten und eichenarmen Waldflächen. Aufgrund dieser Beobachtungen wird vermutet, dass der Bestand des Mittelspechts in den Kantonen Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Bern und Solothurn bisher unterschätzt wurde und zudem in den letzten Jahren zugenommen hat (Nähere Angaben finden sich u.a. im Ornithologischen Beobachter 2013).

Daher wurden neuere, standardisierte Kartierungen in den Kanton Basellandschaft unter der Leitung des Basellandschaftlichen Natur- und Vogelschutzverbandes BNV, in Basel-Stadt von der Ornithologische Gesellschaft Basel OGB sowie in Bern durch den Berner Vogelschutzes BVS und in Solothurn vom Vogelschutzverband des Kantons Solothurn VVS durchgeführt (Nähere Angaben finden sich u.a. im Ornithologischen Beobachter 2013). Insgesamt konnten in BS, BL, BE und SO über 400 Reviere ermittelt werden. Der Gesamtbestand dürft noch deutlich höher zwischen 450 und über 600 Brutpaaren liegen. Dieser Unterschied ist einerseits methodenbedingt, liegt andererseits aber auch an einer Zunahme des Bestandes inklusive Arealausdehnung.

Das Verbreitungsgebiet des Mittelspechts in der Schweiz hat sich seit den 1950er-Jahren deutlich verändert, indem einerseits viele Brutplätze südlich der Verbreitungsschwerpunkte Jurasüdfuss – Jura AG/BL – nördliches ZH-SH und Seerücken verschwanden und sich andererseits seit den 1990er-Jahren gewisse Verbreitungslücken langsam schliessen.
Gesamtschweizerisch scheinen die Bestände seit den 1990er-Jahren zugenommen zu haben. Diese Zunahmen gehen wohl einerseits auf gezielte Kartierungen zurück (AG, GE, NE, JU, TG, ZH). Andererseits könnten die Vogelart von der Alterung der Wälder und der Zunahme an stehendem Totholz wie auch von den Artenförderungsmassnahmen (z.B. im Kanton Zürich) profitiert haben. Auch ein positiver Einfluss der Klimaerwärmung ist nicht auszuschliessen (AFP Mittelspecht).

Massnahmen zeigen Wirkung

Die Rettung des Mittelspechts ist eine Erfolgsgeschichte: Anders als sein grösserer Verwandter, der Buntspecht, sucht der Mittelspecht seine Beute auf Baumoberflächen und findet sie gerade im Winter oft in den Rissen von grobborkigen Bäumen. In der Schweiz weisen vor allem alte Eichen solche Risse auf. Ins morsche Holz von alten Eichen oder in stehendes Totholz zimmert der kleine Specht auch seine Bruthöhle. Doch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden viele dieser Eichenriesen aus den Schweizer Wäldern geschlagen. Im Kanton Zürich etwa verlor der Mittelspecht fast die Hälfte seiner Lebensräume. 2005 wurden schweizweit nur noch rund 500 Reviere nachgewiesen. Das Bundesamt für Umwelt BAFU lancierte deshalb 2008 den “Aktionsplan Mittelspecht”. Daraufhin stellten die Kantone bedeutende Eichenbestände etwa in Form von Sonderwaldreservaten unter Schutz und viele Waldbesitzende lassen seither die grossen Eichen sowie andere Brutbäume mit weichem Holz stehen. Zusätzlich werden dichte Baumbestände ausgelichtet, damit die Kronen der Eichen mehr Sonne bekommen, denn das lockt Beuteinsekten an.

Heute geht es dem Mittelspecht wieder deutlich besser: Seine Bestände haben sich fast verdreifacht und er gilt in der Schweiz nicht mehr als gefährdet, sondern ist als potenziell gefährdet eingestuft. 

Bis 2019 wurden bereits folgende Ziele erreicht:

  • mit 1696-2042 Revieren wurde das für 2035 gesetzte Zeil von 700 Revieren bereits jetzt übertroffen!
  • die Mittelspecht-Bestände und seine Lebensräume blieben in der Grösse erhalten
  • eine bessere Vernetzung der Mittelspecht-Vorkommen konnte erreicht werden
  • teilweise erfolgte eine Wiederbesiedlung geeigneter Standorte durch die Vogelart


Doch der Mittelspecht steht weiterhin auf der Liste der prioritären Arten, da er von Förderungsmassnahmen abhängig ist. “Um das Überleben der Art sicherzustellen, müssen wir den Anteil an Eichen und Totholz im Schweizer Wald weiterhin erhöhen”, erklärt Danielle Hofmann vom Bundesamt für Umwelt (BAFU; Sektion Wildtiere und Artenförderung). “Das kommt nicht nur dem Mittelspecht zugute”, ergänzt sie. “Viele weitere Arten würden profitieren, darunter seltene Käfer, Moose, Flechten und Pilze.”

Zukünftig müssen alle bisherigen Fördermassnahmen weitergeführt werden, um dem Mittelspecht auch langfristig ein Überleben hierzulande zu ermöglichen.

Weitere Förderung nötig

Neben aktuellen Bestandeskartierungen müssen Alteichenwälder erhalten und nachhaltig genutzt werden, Mittelwälder sollten ebenfalls erhalten bzw. neu geschaffen werden, Eichen in Mischwäldern sollte man fördern, Neupflanzungen von Eichen auch ausserhalb von Eichenwäldern fördern die Vernetzung, Schaffung von Sonderwaldreservaten mit mindestens 10 ha Grösse, auch wäre der stehende Totholzanteil in Laubwäldern zu erhöhen und das Monitoring eichenreicher Wälder kann noch verbessert werden. Von Zeit zu Zeit sollten immer wieder Erfolgskontrollen der Artenförderungsmassnahmen durchgeführt werden, um ggf. Verbesserungspotenzial zu erkennen. 

Zudem ist eine intensive Beratung aller Akteuren ebenfalls ein wichtiger Aspekt. Die Schweizerische Vogelwarte steht zusammen mit BirdLife Schweiz und dem Verein ProQuercus allen, die sich für den Schutz und die Förderung des Mittelspechts und seines Lebensraumes einsetzen möchten mit Rat und Tat zur Seite. Ausserdem sind auch Weiterbildungsdkurse für Waldbesitzer, Förster Forstverantwortliche etc. geplant.

Mit all diesen Massnahmen sollte es doch möglich sein, den Bestand des Mittelspechtes in der Schweiz langfristig zu sichern.