Inhaltsübersicht

Der Waldschutz-Überblick 2020 enthält folgende Themen:

  • Anfragen und Meldungen: eine Einordnung
  • Witterung und ihre Auswirkung auf Schweizer Waldbäume
  • Kampf gegen gebietsfremde Schadorganismen
  • Das gefährliche Zusammenspiel von Trockenheit, Borkenkäfern und Waldwildschäden
  • Die Borkenkäfersituation in der Schweiz
  • Einheimische Borkenkäfer mit Vorliebe für Zedern
  • Ein neuer Insekt-Pathogen-Komplex auf der Lärche?
  • Asiatischer Laubholzbockkäfer, Citrusbockkäfer und andere eingeführte Arten
  • Zunehmend ein Thema: Schleimfluss und Bakterien
  • Bergahorn im Fokus
  • Neue Krankheit an der Buche in Nordamerika
  • Pilze als versteckte Passagiere im Verpackungsholz
  • Neue Mehltau-Arten in der Schweiz
  • Neue Cryphonectria-Art verursacht Hagebuchenrindenkrebs
  • Die Esche – Rekord der Zwangsnutzungen
  • Wildeinfluss beurteilen, wenn keine Verjüngung da ist – Beispiel Eibe
  • Wildschaden vermeiden: Der Kanton Jura macht es vor
  • 30 Jahre Wald-Wild bei Waldschutz Schweiz

    Das Klima in der Schweiz im Jahr 2020

    Meteorologisch war 2019 / 2020 der mildeste Winter seit Messbeginn, der Frühling 2020 war warm und trocken. Die Witterung zu Beginn des Sommers war insgesamt durchschnittlich; der Sommer wäre allerdings vielerorts zu trocken ausgefallen, wäre es nicht zu Starkniederschlägen Ende August gekommen. Der Herbst verlief mild und sonnig. Es traten keine für Bäume relevanten Bodenwasserdefizite auf, so dass auch keine erhöhten Baumwasserdefizite mehr entstehen konnten.

    Im landesweiten Mittel ergibt sich eine Jahrestemperatur von 1,5 °C über der Norm und damit der höchste Wert seit Messbeginn 1864, zusammen mit dem Jahr 2018. Die Jahresniederschläge 2020 erreichten verbreitet 80 bis 100 % der Norm 1981–2010.

    Ausgewählte Themen

    Borkenkäfer in Massenvermehrung

    Der Befall durch den Buchdrucker (Ips typographus, Abb. 1) hat 2019 stark zugenommen. Dies war insbesondere in den tieferen Lagen des Schweizer Mittellandes der Fall, welche 2018 besonders stark unter der Trockenheit litten. Aber auch in den zentralen Voralpen, wo es zuvor relativ ruhig war, ist der Befall 2019 regelrecht explodiert.

    Insgesamt muss in der Schweiz für 2019 mit 1'400'000 m3 befallenem Fichtenholz gerechnet werden, dem zweithöchsten je registrierten Befall (Abb. 2). Dieser Wert setzt sich aus 914'000 m3 gemeldeten Sommerzwangsnutzungen 2019 und den Schätzungen für die vergangene Winterperiode zusammen. Mit eingeschlossen ist eine ebenfalls geschätzte Viertelmillion m3 von im Wald stehengelassenem Käferholz. Nur im Rekordsommer 2003 war der Befall mit über 2 Mio. m3 noch höher. Regional wurden über 2 % des Fichtenvorrates befallen.

    Sollte sich die Witterung im Jahr 2020 wieder einigermassen normalisieren, dürfte der Höhepunkt der Massenvermehrung erreicht sein. 2020 muss man aber noch mit einem sehr grossen Anfall an Käferholz rechnen.

    Diverse Symptome auf Laubbäumen

    Bei Laubbäumen, vor allem bei der Buche, waren die beobachteten Symptome vielfältig (Abb. 3). Eine Gemeinsamkeit gestresster Laubbäume aber waren Schleimflusssymptome am Stamm.

    Die Sommerdürre 2018 erzeugte eine bis dato unbekannt grosse Buchenmortalität. Es war eine der schwersten Dürreperioden auf der Alpennordseite seit Beginn der systematischen Wetteraufzeichnungen. Ein Absterben ganzer Buchenbestände, wie es nun an verschiedenen Orten beobachtet wurde, hat es in der Schweiz wohl noch nicht gegeben.

    Bei der Buche und anderen Laubbaumarten setzte in den trockensten Regionen eine verfrühte Blattalterung ein, die zum Laubfall im Sommer, und einer aussergewöhnlichen Mortalität führte. 2019 war das Ausmass der Dürreschäden insbesondere in den Kantonen Jura, Solothurn, Basel-Landschaft  und Schaffhausen deutlich sichtbar. Bei Buchen wurde eine Mortalität von teilweise 50 bis 80 % (Jura) verzeichnet. Bisher wurde die Buche als ziemlich klimaresistent betrachtet. Die nun beobachteten Auswirkungen der Dürre 2018 stellen dies jedoch in Frage, zumindest für tiefe Lagen.

    Prachtkäfer profitieren

    Es muss damit gerechnet werden, dass die wärmeliebenden Prachtkäfer in Zukunft vermehrt am Absterbeprozess von Bäumen beteiligt sein werden. Der Blaue Föhrenprachtkäfer (Phaenops cyanea) wurde 2019 nicht nur in den klassischen Befallsgebieten der Kantone Wallis und Graubünden festgestellt, sondern zunehmend auch an Waldföhren im Mittelland. In durch Trockenheit geschädigten Buchenbeständen hat der Buchenprachtkäfer (Agrilus viridis) zugenommen, so beispielsweise in den Kantonen Jura, Aargau und Schaffhausen. Vermehrt wurde diese Art auch auf anderen Laubbaumarten wie Linde oder Birke festgestellt. Auch der bisher selten beobachtete Zweipunktige Eichenprachtkäfer (Agrilus biguttatus) trat regional gehäuft in Erscheinung, beispielsweise in der Westschweiz und im Kanton Thurgau.

    Russrindenkrankheit auf dem Vormarsch

    Die Zahl der gemeldeten Russrindenfällen hat 2019 stark zugenommen. Der Pilz Cryptostroma corticale, Erreger der Russrindenkrankheit, gilt als Schwächeparasit. In Zentraleuropa ist vor allem der Bergahorn betroffen, wobei Bäume mit guter Vitalität und ausreichender Wasserversorgung – häufig Altbäume – weniger angegriffen werden. Auch andere Ahornarten der Schweiz können betroffen sein. Als weitere Wirte gelten die Rosskastanie und Linde. Allerdings ist aus der Schweiz kein Fall an einem dieser Wirte bekannt.

    Zu den frühen Symptomen gehören Blattverluste und Welkeerscheinungen. Letztere beginnen in der Krone, setzen sich jedoch in Richtung Starkäste und Stamm fort. Bei einem fortgeschrittenen Befall beginnt die Rinde von Starkästen und Stamm aufzureissen. Es bilden sich Längsrisse, teilweise mit Schleimfluss und Nekrosen. Irgendwann vereinen sich Rinden- und Kambiumnekrosen zu grossen abgestorbenen Rindenabplatzungen und ganze Borkenstücke lösen sich vom Stamm (Abb. 4). Darunter treten bis 1 cm dicke schwarze Sporenlager zum Vorschein. Ihr Aussehen erinnert an Russ, was der Krankheit ihren Namen gibt. Die Sporen werden durch Regen abgewaschen aber vor allem vom Wind verbreitet.

    (TR)