Der Umbau der heimischen Wälder sowie die Wiederbewaldung von Kalamitätsflächen führen zu einem höheren und vielfältigeren Angebot von Laubbäumen. Das Waldbaukonzept für Nordrhein-Westfalen sieht eine Vielzahl von Baumartkombinationen und einen verstärkten Einsatz von Laubbäumen wie z.B. der Birke vor. Diese Laubbaumarten sollen zukünftig auch im modernen Holzbau sowie in der forst- und holzbasierten Bioökonomie eingesetzt werden können.

Untersuchungen zur Verwendung der Birke für den Holzbau

Um die Potenziale von aus NRW stammender Birke aufzuzeigen, untersucht das Team Holzwirtschaft im Zentrum für Wald und Holzwirtschaft (ZWH) derzeit die Verwendungsmöglichkeiten dieser Baumart für das Bauen mit Holz. Neben systematischen Untersuchungen zum Einsatz in verklebten Bauprodukten am Beispiel von Brettschichtholz (BSH) wird ein zweigeschossiger Ausstellungsgegenstand realisiert, wodurch die Ergebnisse zur Verwendung der Birke für das Bauen mit Holz praxisnah veranschaulicht werden sollen.

Über 200 aus NRW stammende Birken-Stammholzabschnitte mit einer Bestelllänge ab 3,0 Metern, Stkl. 2a–2b+, Gkl. B/C wurden dazu aus den Forstbetriebsbezirken Velen, Arnsberg und Bottrop geliefert sowie in einem Sägewerk nach unterschiedlichen Qualitäten1 sortiert und zu Brettern (sog. Schnittholz) weiterverarbeitet.


1 In Anlehnung an die Rahmenvereinbarung für den Rohholzhandel (RVR), Merkblatt zur RVR-Qualitätssortierung von Stammholz: Buche

 

Das Team untersuchte unter anderem, wieviel für Bauprodukte verwertbares Schnittholz im Gegensatz zu den Sägenebenprodukten aus den entnommenen Stämmen mit Blick auf den jeweiligen Standort gewonnen werden kann.

Die Ergebnisse der Qualitätssortierung des nicht forstwirtschaftlich behandelten Birkenstammholzes nach RVR, in Anlehnung an die Buchen-Rundholzsortierung, haben gezeigt, dass die Anforderungen an die Mittendurchmesser erfüllt wurden, nicht jedoch an die Sägefähigkeit und Güteklassen (40 % C/D Qualität). Hieraus ergeben sich Rückschlüsse darauf, dass eine forstwirtschaftliche Behandlung der Baumart Birke zwingend notwendig ist, um sägefähiges Stammholz in geeigneten Qualitätsklassen zu erzeugen.

Ebenso wurde in Kooperation mit der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe (TH OWL) und im Rahmen einer Bachelorarbeit an allen Brettern die Bestimmung des dynamischen Elastizitätsmoduls sowie eine visuelle Sortierung des Birkenschnittholzes nach der Tragfähigkeit in Anlehnung an die DIN 4074 Teil 5 an 135 Brettern durchgeführt. Erste Ergebnisse der sich derzeit in der Auswertung befindlichen Daten zeigen, dass die aktuelle Sortiernorm nicht für die Sortierung von Birkenschnittholz geeignet ist, sondern hierfür angepasste Sortierregeln bestimmt werden müssen.

 

Produktion von Birken-Brettschichtholz

In der anschließenden Produktion des Birken-Brettschichtholzes (Birken-BSH) im industriellen Maßstab wurde an 659 Stück Birkenlamellen (Birkenbrettern) das dynamische Elastizitätsmodul maschinell mittels Viscan bestimmt und diese im Anschluss mit einem Goldeneyescanner der Firma Microtec gescannt.

Die mittlere Rohdichte der Birkenlamellen lag bei 670 kg/m3 und der mittlere dynamische E-Modul bei 14065 N/mm2. Damit war die Rohdichte in diesem Kollektiv über alle Standorte hinweg sehr hoch, das dynamische E-Modul jedoch relativ niedrig. Ein weiteres Merkmal dieser Bretter waren häufig eine "wandernde" Markröhre, aber auch sogenannte "Wipfelbrüche", d.h. eine sprunghafte Änderung der Wuchsrichtung. Hier zeigte sich erneut, dass eine waldbauliche Behandlung der Baumart Birke zwingend notwendig ist, um für die Herstellung von Brettschichtholz geeignete Birkenlamellen in guter Qualität zu erzeugen. Mit den geeigneten Birkenlamellen wurden im Anschluss an die Sortierung Birken-BSH-Träger für weiterführende Untersuchungen sowie den Ausstellungsstand produziert.

Ein zweigeschossiger Ausstellungsstand aus Birken-BSH

Die Planung und der Entwurf des zweigeschossigen Ausstellungsstandes aus Birken-BSH erfolgte in Kooperation mit der Fachhochschule Aachen (FH Aachen) im Rahmen des Moduls CAE Holzbautechnologie. Zwei Teams des Studiengangs Holzingenieurwesen präsentierten dazu in einem Wettbewerb zwei Entwürfe, aus denen die Jury einen Gewinner ausgewählt hat. Das zweigeschossige Vorführmodell des Teams "Birke", das bis Juni 2022 realisiert wird, wird unter anderem in der Ausstellungshalle im Zentrum HOLZ in Olsberg zum Einsatz kommen. Es wird anschaulich die Vorteile von Brettschichtholz aus Birke im Vergleich zu Brettschichtholz aus Fichte aufzeigen, welche zum Beispiel in der höheren Dichte liegen. Mit der Birke können somit schlanke Trägerkonstruktionen und Wände realisiert werden, ohne dass diese an Festigkeit verlieren. Damit einher geht eine Volumen- und somit Materialersparnis in der Konstruktion.

In fortführenden, praxisbezogenen Untersuchungen ist zudem geplant, weitere für das Bauen mit Holz relevante Eigenschaften (z. B. Festigkeit, Feuchteverhalten, Alterungsprozess) zu untersuchen. Des Weiteren ist eine neue Versuchsreihe mit „gepflegter“, aus NRW stammender Birke geplant. Hierzu sind weitere Kooperationen mit der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe (TH OWL) sowie eine Kooperation mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) geplant.

Diese ersten Untersuchungen der Birke zur Beurteilung der Verwendbarkeit in modernen Holzbauprodukten haben anschaulich gezeigt, dass die Birke es wert ist, als Wirtschaftsbaumart auch in NRW Beachtung zu finden. Die Birke bietet Potenzial zur Verwendung in Bauprodukten, aber auch für andere materialbezogene Holzverwendungen. Eine Pflege der Birken ist jedoch notwendig, um die Sägefähigkeit, Schnittholzausbeute und Qualität sowie eine reibungslose Weiterverarbeitung zu gewährleisten. Ebenso ist für die optimale Nutzung des Potenzials der Baumart Birke ein Zusammenspiel aller Akteure der Wertschöpfungskette Wald-Holz erforderlich. Dies beinhaltet auch ein Rohstoffmonitoring bezüglich der für die Baumart Birke zukünftig verfügbaren Mengen und Qualitäten.

Laubholz-Potenzial für den Holzbau der Zukunft

Die Verwendung von Laubholz kann viel Potenzial für den Holzbau der Zukunft bieten. So können Träger mit Laubholzanteil im Vergleich zu reinen Brettschichtholzträgern aus Fichte erheblich kleiner dimensioniert werden. Ebenso bietet die Verwendung von Laubholz statische Vorteile hinsichtlich der Erreichbarkeit von Festigkeitsklassen, wodurch mit Laubholz geringere Trägerdimensionen realisiert werden können.

Zum Beispiel ergibt sich für einen BSH-Träger in der Festigkeitsklasse GL48k, ausgeführt in Laubholz (Esche), eine Abmessung von 28 x 70 cm. Ausgeführt in Nadelholz (Fichte) lägen die dafür notwendigen Dimensionen bei einer Abmessung von 22 x 132 cm. Der Einsatz von Laubholz führt somit zu einer ressourcenschonenderen Materialnutzung sowie einem geringeren Transportvolumen. Auf Grund der konstruktiven Vorteile ergibt sich ein idealer Einsatz von Laubholz in modernen Tragwerken.

 

Zudem verbessern sich die Rahmenbedingungen für die Verwendbarkeit und Zulassungen von Laubholzbauprodukten im Bauwesen durch die Möglichkeit der Zustimmung im Einzelfall (ZiE), der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung (abZ) sowie der Europäischen Technischen Bewertungen (ETA). Die Produktvielfalt der am Markt verfügbaren Bauprodukte aus Laubholz steigt. So konnte zum Beispiel 2021 erstmalig eine Europäische Technische Bewertung für "Brettschichtholz aus Laubholz – Birke" durch einen europäischen Holzbauproduktehersteller erfolgreich umgesetzt werden.