Abiotische Waldschäden: Sturm und Windfälle

Wenn wir an die großen Sturmkatastrophen denken, fallen uns neben dem in NRW so verheerenden Sturm „Kyrill“ (17./18.1.2007) vor allem die Orkane „Daria“ (25.1.1990), „Vivian“ (26.2.1990), „Wiebke“ (28.2./3.3.1990) und „Lothar“ (26.12.1999) ein. Der Klimawandel führt offensichtlich zur Häufung schwerer Sturmereignisse.
Dass schon vor dem Aufkommen der modernen Forstwirtschaft im 18./19. Jahrhundert größere sturmbedingte Waldkalamitäten auftraten, belegt ein Beispiel aus dem Arnsberger Wald. J. S. Seibertz berichtet in seiner Abhandlung über die Marken im Arnsberger Wald über Streitigkeiten zwischen der Stadt Soest und dem

damaligen Kurfürsten des Herzogtums Westfalen. Es ging um die Verteilung der Holzmengen, die „nach einem im Jahre 1612 statt gehabten Sturmwinde, der viele hundert Eichen und Buchen im Walde niedergeworfen“ (Seibertz 1857, 102) hatte, angefallen waren. Tatsächlich finden sich Hinweise auf dieses Ereignis in der Klimageschichte. R. Glaser notiert über das Jahr 1612 unter anderem: „Zum Ende des Jahres tobten (…) auffallend häufig Stürme über Mitteleuropa. (…) schwere Stürme führten in der letzten Oktoberdekade und Anfang November zu schweren Schäden. (…) Ende des Jahres erlebte Mitteleuropa, zeitlich mit dem Weihnachtstauwetter zusammenfallend, ein Sturmszenario, das mehrere Tage andauerte und schließlich, von starken Gewittern begleitet, zu einem regelrechten Inferno anwuchs“ (Glaser 2013, 136).

Ein in den Quellen gut dokumentiertes Beispiel für einen schweren Orkan mit immensen Schäden in den Wäldern ist der Märzorkan 1876 (12./13.3.1876). Er gilt als einer der schlimmsten seiner Art und wurde als ein mehr als 100-jähriges Ereignis eingestuft. Ihm fielen nach niedriger Schätzung 7-8 Mio. Festmeter Derbholz zum Opfer. Dass es nicht wesentlich mehr waren, hängt sicherlich mit der damals noch nicht so weit fortgeschrittenen Bestockung mit Nadelhölzern zusammen: „An der Egge (Oberf. Altenbeken) wurden die Fichtenhorste aus dem Laubholz herausgebrochen (...). In Hardehausen (...) sind nur Fichten gebrochen, obwohl das Revier 84 % Laubholz-Bestände hat; auch in den übrigen Revieren der Regierungs-Bezirke Minden und Arnsberg, welche sämmtlich überwiegend Laubholzbestände haben, ist der Schaden in Laubholz nicht erheblich, der in Fichten weitaus vorherrschend. Dasselbe gilt im Ganzen für die Reviere am Nordabhang der Eifel“ (Bernhardt 1878, 219).

Das Betriebsregulierungswerk der Oberförsterei Obereimer vermerkte 1893: „Große auf die Bewirthschaftung einflußreiche Sturmbeschädigungen sind in den letzten 50 Jahren nicht vorgekommen, da die herrschende Holzart die wenig sturmgefährdete Buche ist. Auch die älteren Nadelhölzer haben sich als ziemlich sturmfest bewährt, weil sie meist trockenere Bodenpartien einnehmen und daher eine ziemliche Wurzelfestigkeit besitzen. Nur wo die Fichten auf nassen Lehmboden stocken und zu Rothfäule neigen, ist auch Windwurf und Windbruch nicht ausgeblieben“ (FoDoS, Forstamt Arnsberg, Nr. 28).

Weitere größere Windwurfkatastrophen im 20. Jahrhundert ereigneten sich am 7. und 14. November 1940 (deutschlandweite Schäden von 16 Mio. fm, NRW war das Hauptschadensgebiet). Am 13.11.1972 fegte ein Zyklon über Nord- und Ostdeutschland. Insgesamt fielen hier 29 Mio. fm Schadholz an. NRW kam mit 950.000 fm noch relativ glimpflich davon.

Schneebruch und Eisregen

Auch bei Schneebruch und Eisregen sind die Nadelhölzer gefährdeter als das Laubholz, wobei natürlich auch die Herkünfte der Bäume eine gewisse Rolle spielen. In der Eifel wurden schon Mitte des 19. Jahrhunderts starke Ausfälle durch Schneebruch, besonders in Kiefernbeständen aus Flachlandherkünften, beobachtet. Insgesamt kamen im gesamten Land besonders Kiefern, Fichten und Tannen, danach erst Laubhölzer zu Schaden.

Mit zunehmendem Anteil der Nadelhölzer an der Gesamtbestockung der Wälder erhöhte sich auch die Gesamtmenge der Bruchschäden an Derbholz. In den 1870er Jahren, in denen mindestens zwei größere Schneebruchkalamitäten auftraten (1870 und 1875), häuften sich die Klagen über stärkere Schneebruchschäden. Im November 1870 fielen in den höher gelegenen Revieren des Regierungsbezirks Aachen 51.726 „Raum-Kubikmeter“ (FoDoS, Nachlass A. Hiersekorn) an.

„Aus den zahlreichen mehr oder weniger kleinen örtlichen Schneeschäden ragt die Schneebruchkatastrophe vom 17. und 18. April 1936 hervor, der in Westdeutschland 1,5 Mio. fm zum Opfer fielen und die auch in Nordrhein-Westfalen große Verheerungen anrichtete. Allein in den sauerländischen Forstämtern Rumbeck, Obereimer und Neheim kamen 1936 an Stelle der planmäßigen 19.200 fm etwa 135.500 fm Nadelholz zum Einschlag“ (Hesmer 1958, 190).

Es konnte jedoch auch die Laubhölzer und hierbei insbesondere die Buche treffen, wie das Beispiel des schweren Eisregens am 30.11./1.12.1988 zeigt. Damals brachen allein im schwer betroffenen Ostwestfalen-Lippe neben 50.200 m3 Fichte und 24.700 m3 Kiefer auch 96.200 m3 Buche und 4.200 m3 Eiche unter der Last des Eises zusammen. Der Eisanhang schädigt neben Buche, Eiche und Erle aber auch die Weichlaubhölzer. So brachen im März 1987 zum Beispiel im Bereich der Senne ganze Birkenbestände unter der Last des Eisregens zusammen (Leder 1989).

Waldbrände

Die im Frühjahr 2020 aufgetretenen Waldbrände haben ein Waldschutz-Thema wieder in den Fokus gerückt, das über viele Jahre kaum Beachtung fand. Größere Waldschäden durch Feuer gehörten in NRW seit mehreren Jahrzehnten eher zur Ausnahme.

In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg sah das anders aus. Besonders am Niederrhein (im Grenzwaldgebiet zwischen Kaldenkirchen und Wassenberg, im Klever Reichswald) und in der Eifel verbrannten Tausende Hektar Waldvegetation. So verwüstete zum Beispiel am 24.4.1948 ein von Sturm und Munition angefachter Großbrand rund 6.700 ha im Klever Reichswald. In der Eifel brannten im heißen Sommer 1947 etwa 6.000 ha Wald. Große Mengen an totem Holz sowie sich ständig wieder entzündende Munitionsreste und unentdeckte Brandbomben entfachten die Feuer auch in den beiden folgenden Jahren immer wieder.

Neben natürlichen Feuern gehören seit historischer Zeit auch vom Menschen direkt oder indirekt verursachte Brände zum Erscheinungsbild in den Wäldern. Man denke etwa an die Folgen verschiedener Formen der Brandrodung oder die Brände durch potenzielle Feuerherde, zu denen Kohlenmeiler, Aschenbrennereien oder Glashütten zählten. Erinnert sei auch an gelegte Feuer, um den Wald für die Viehweide weiter aufzulichten.

Durch den Bestockungswandel und die großflächigen Aufforstungen mit Nadelhölzern ab dem 18./19. Jahrhundert änderte sich der anthropogene Einfluss auf das Waldbrandgeschehen. Die Brandgefährdung, vor allem durch Kiefern und Fichten (besonders in den Kultur- und Dickungsstadien) ließ offenbar auch Häufigkeit und Umfang der Waldbrände zunehmen.

Forciert wurde diese Entwicklung durch Trockenjahre. So brannten im Mai 1900 in der Umgebung von Rötgen und im Staatsforst Eupen 945 ha Wald, im April 1901 im Gemeindeforstamt Monschau 1.200 ha. Im August 1911 soll ein bis in die Niederlande reichender Großbrand im Bereich Elmpter Wald und Meinweg rund 5.000 ha Wald vernichtet haben (Cimolino 2014, Anhang S. 19). Ende Juli 1921 fielen über 600 ha Kiefernbestände im Forstamt Hambach den Flammen zum Opfer.

Aus Abbildung 4 wird ersichtlich, dass – mit Ausnahme von 1976 – etwa seit Mitte der 1960er-Jahre sowohl die Zahl der Waldbrände als auch die Brandfläche kontinuierlich abgenommen haben. „Der Grund liegt in dem „Entwachsen“ der Nachkriegsaufforstungen aus den besonders waldbrandgefährdeten Kultur- und Dickungsstadien. Die zunehmende Begründung von Laubholzkulturen seit Mitte der 1980er Jahre dämmte die Brandgefährdung der Waldbestände weiter ein. Herausragend sind allerdings die Brandereignisse im „Jahrhundertsommer“ 1976. Auf 600 Hektar Waldfläche verursachten 1.493 Waldbrände einen Schaden von etwa 1,6 Mio. Euro“ (Niesar und Schulte 2003, 622).

Literatur

  • Bernhardt, A., 1878: Waldbeschädigungen durch Windbruch, Schnee-, Eis- und Duftbruch in der Zeit vom 1. October 1875 bis dahin 1876. Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen 9, 187-298.
  • Cimolino, Ulrich, 2014: Analyse der Einsatzerfahrungen und Entwicklung von Optimierungsmöglichkeiten bei der Bekämpfung von Vegetationsbränden in Deutschland. Düsseldorf.
  • Glaser, R., 2013: Klimageschichte Mitteleuropas. 1200 Jahre Wetter, Klima, Katastrophen. 3. Aufl. Darmstadt.
  • Hesmer, H., 1958: Wald und Forstwirtschaft in Nordrhein-Westfalen. Hannover.
  • Hiersekorn, A., 1989: Waldgeschichte der Nordeifel. Bonn.
  • Leder, B., 1989: Schädigung der Weichlaubhölzer durch Eisanhang. AFZ 44, 50.
  • Niesar, M.; Schulte, A., 2003: Baumschäden und Baumschutz. In: Schulte, A.: Wald in Nordrhein-Westfalen , S. 617-640.
  • Seibertz, J. S., 1857: Die Marken des Arnsberger Waldes. In: Seibertz, J. S.: Quellen der westfälischen Geschichte. Arnsberg, S. 96-133.