Im Jahr 1978 pflanzten Wissenschafter der Eidgenössichen Forschungsanstalt WSL auf drei Versuchsflächen je 600 Arven, die sie im Pflanzgarten S-chanf (Engadin) auf 1662 m ü. M. nachgezogen hatten. Bei der Pflanzung waren die Arven 12 bis 14 Jahre alt und durchschnittlich 78 cm hoch.Beim Ausheben wurde jeder Arve ein angemessener Erdballen um das Wurzelwerk belassen (Abb 1.).

Die Wurzelballen enthielten ca. 14 Liter Gartenerde, was einem Ballendurchmesser von rund 35 cm entspricht. Die mit Jutetüchern fixierten Erdballen schützten beim Transport das Wurzelwerk vor dem Austrocknen. Der Transfer der Bäumchen vom Pflanzgarten in die Aufforstungsgebiete war enorm aufwändig: Für die Verteilung der Bäume im steilen Gelände verwendeten die Mitarbeiter Seilbahnen. Die von Hand ausgeführte Lochpflanzung erschien ihnen als das geeignetste Pflanzverfahren (Abb. 2).

Die Arven wurden in grossen Gruppen von 200 Bäumen gepflanzt, und zwar in einem keilförmigen Pflanzverband im Abstand von einem Meter (Abb. 4). Die Gesamtkosten pro Baum betrugen damals 42.- Franken (inkl. Pflanzennachzucht, Transport und Pflanzung).

OrtFlurnameHöhe ü. M.Charakter
Ardez GRMuot da l'Hom2130an der oberen Waldgrenze
Amden SGMattstock1580 - 1820typischer Gleitschneehang
Davos GRStillberg2005 -2070Randzone Lawinenbahn
Tab. 1. Übersicht über die Versuchsorte

Ardez GR (Muot da l'Hom)

Die Grossarven wurden an der oberen Waldgrenze an einem südost-exponierten Hang gepflanzt, im kontinentalen Klima des Unterengadins. Als Schutz gegen das Schalenwild (Fegen) behandelten die Pflanz-Equipen die Bäume mit chemischen Mitteln. Die bedeutendste Ausfallursache auf diesem trockenen Standort war der Pflanzschock. Dies führte dazu, dass viele Bäume vertrockneten, wobei die grössten Ausfälle erst ca. vier Jahre nach der Pflanzung auftraten (Abb. 7). Auch Pilze und Insekten trugen zum Absterben der Arven bei.

Bei den Pilzerkrankungen handelte es sich um die Hochlagenpilze "Triebsterben" (Gremmeniella sp.) und "Schneeschütte" (Phacidium infestans). Auch diverse Insektenarten (Rüsselkäfer, Arvenborkenkäfer) fanden auf und in den absterbenden Arven ideale Bedingungen. Zudem entwickelten sich grosse Kolonien von Rindenläusen (Cinara cembrae) an Zweigen und am Stamm der jungen Bäume. An den vitalen Pflanzenteilen kam es häufig zu Triebverbiss und Nadelfrass durch Birkwild. Fegeschäden durch Schalenwild waren hingegen nur vereinzelt zu beobachten. Alle diese Faktoren führten dazu, dass sieben Jahre nach der Pflanzung nur noch 9% der Arven lebten.

Amden SG (Mattstock)

Am Mattstock oberhalb Amden wurden die Arven in einen typischen Gleitschneehang gepflanzt (Südhang mit Föhneinfluss). Trotz einer zusätzlichen Verankerung mit Holzpfählen drückte die gleitende Schneedecke die Bäumchen um und entwurzelte sie. Bei standfesteren Arven bewirkten die Schneebewegungen (Schneekriechen und Schneesetzung) Stammbrüche, Astbrüche und tiefe Schürfungen bis in den Holzkörper (Abb. 5). Verletzungen, Pflanzschock und Trockenheit verursachten in den ersten Jahren nach der Pflanzung eine hohe Mortalität. Später führten Pilzerkrankungen (Hochlagenpilze) und sekundärer Befall durch Borkenkäfer zu weiterem Absterben von Bäumchen. Sieben Jahre nach der Pflanzung lebte immerhin noch jede dritte Arve.

Davos GR (Stillberg)

Auf dem Stillberg bei Davos überlebten die Grossballen-Arven am besten. Die Standortsbedingungen waren an diesem nordost-exponierten Hang auf 2000 Metern Höhe für den Anwuchserfolg der Grossarven anscheinend günstiger als in Amden und Ardez. Die Keilpflanzungen am Rande des Lawinenzuges litten aber unter mechanischen Beschädigungen wie Ast- und Stammbruch.

Rötelmäuse frassen an einigen Arven die Rinde weg (Abb 6). Unter der winterlichen Schneedecke nagten die Kleinsäuger gerne an Seitentrieben und an den Stämmchen. Einige wenige Arven wurden dadurch vollständig geringelt und vertrockneten deshalb in den folgenden Jahren. Auch am Stillberg brachten die bereits erwähnten Hochlagenpilze (Triebsterben, Schneeschütte) viele Bäumchen zum Absterben. Sieben Jahre nach der Pflanzung lebten aber immerhin noch knapp zwei Drittel der Arven.

Überlebensrate und Ausfallursachen

Die häufigsten Gründe, die zum Absterben der gepflanzen Arven führten, sind:

  1. Vertrocknung durch gestörten Wasserhaushalt
  2. Stamm- und Astbrüche durch Schneebewegung (Abb. 5)
  3. Triebsterben (Gremmeniella sp.); Pilzerkrankung
  4. Weisser Schneeschimmel (Phacidium infestans); Pilzerkrankung
  5. Rindenläuse (Cinara cembrae)
     

Zum Vergleich: In einer ähnlichen Aufforstung am Stillberg, wo unter anderem 30'000 vertopfte, 5-jährige Arven gepflanzt wurden, lag die Ausfallquote nach sieben Jahren bei lediglich 25%.

Fazit

Dieses Feldexperiment hat die Grenzen von Grossballenpflanzungen an extremen Standorten deutlich aufgezeigt: Die Überlebesrate der Grossballen-Pflanzen während der Anwuchsphase zeigt, dass in den ersten acht Jahren 91% (Ardez), 67% (Amden) resp. 37% (Davos) der Arven abgestorben sind (Abb. 7). Bis heute, knapp 30 Jahre nach der Aufforstung, haben nur einzelne Grossarven am Stillberg bei Davos und oberhalb Amden am Mattstock überlebt. Am trockenen Standort bei Ardez sind inzwischen alle gepflanzten Bäume tot.

An südexponierten Standorten mit Schneegleiten ist der Ausfall besonders hoch. Problematisch war vor allem das noch ungenügend im Boden verankerte Wurzelwerk. Die enorme Belastung der winterlichen Schneedecke stauchte zahlreiche Arven oder hebelte sie mitsamt den Wurzelballen aus dem Boden. Auf trockenen Kleinstandorten rächte sich das unausgewogene Verhältnis von Sprossmasse zur Wurzelmasse. Viele Bäume konnten sich nie vom Pflanzschock erholen. Diese Stresssituation machte die Bäume anfällig gegen Insekten und Pilzerkrankungen.

Die Erkenntnisse dieses Feldexperiments flossen in spätere Aufforstungsprojekte ein. Heute verwendet man für Aufforstungen an extremen Standorten hauptsächlich Kleinballenpflanzen, Topfpflanzen, Saaten, Sämlinge oder Wildlinge.

(TR)