Seit 1955 pflanzte man in den Wäldern rund um Wildberg verschiedene Baumarten aus aller Welt an. Von den ursprünglich über 50 eingebrachten Fremdländern gelten heute nur noch drei als empfehlenswert.

Gastbaumarten im ehem. Forstbezirk Wildberg/ Baden-Württemberg – eine kritische Bilanz nach 55 Jahren

Seit 1955 wurden in den Wäldern rund um Wildberg (Landkreis Calw in Baden-Württemberg) über 50 verschiedene Baumarten aus aller Welt angepflanzt. Die Wuchsleistungen dieser Baumarten in ihren natürlichen Herkunftsgebieten beeindruckten – eine Aufwertung der hiesigen Waldflächen wurde angestrebt. Was ursprünglich nur die Produktivität steigern sollte, wurde inzwischen ein großes Freilandlabor zum Wachstum von Gastbaumarten im Klimawandel.

Gastbaumarten an heimischen Waldformen zu beteiligen, wurde in Europa aus unterschiedlichsten Gründen wiederholt überlegt. Aus der Sicht der Forstwirtschaft spielte beispielsweise das Interesse an einer Produktivitätssteigerung oder an einer Ergänzung der Produktpalette erwünschter Holzeigenschaften eine große Rolle: Dieses Interesse stand bei der großflächigen Ansiedelung der Dreh-Kiefer (Pinus contorta) in Nordschweden seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts oder der Strobe (Pinus strobus) in Mitteleuropa bereits im 19. Jahrhundert im Vordergrund.

Solche Anbauten waren jedoch stets auch mit schwer einschätzbaren Risiken behaftet: Die Dreh-Kiefer erwies sich in Schweden gegenüber der Wald-Kiefer als so konkurrenzstark, dass sie heute als potenziell invasiv und heimische Arten verdrängend betrachtet werden muss. Die nach Mitteleuropa eingeführten Provenienzen der Spätblühenden Traubenkirsche (Prunus serotina) sind ebenso als invasiv zu betrachten: Ihre Bestände sind großflächig in Ausbreitung begriffen; zwar erfüllten sie die ursprünglich gehegten Hoffnungen auf Brand- und Forstschutz, jedoch nicht auf Wertholzproduktion. Solche unvorhergesehenen Entwicklungen weisen auf das oft lückenhafte Wissen hin und zwingen für die Zukunft zu einem sehr vorsichtigen Handeln.

Einige praxisnahe Versuchsanbauten mit Gastbaumarten sind daher unter sich ändernden Klima- und Witterungsbedingungen von großer Bedeutung: Zum Beispiel der sogenannte Exotenwald in Weinheim, die Exotenanbauten in Güglingen, oder die Anbauten im Forstbezirk Wildberg. Gerade letztere stellen inzwischen aufgrund ihrer flächigen Ausdehnung ein wichtiges Freilandlabor mit Gastbaumarten im Klimawandel dar.

Geschichte des Anbaus in Wildberg

Der Grundstein des Anbaus von Gastbaumarten im ehemaligen Forstbezirk Wildberg im Nordschwarzwald wurde ab dem Jahre 1955 von Herrn Landforstmeister a. D. Oberforstmeister Dr. Fritz August Querengässer gelegt. Durch Sturm brachliegende Waldflächen im Staats- und Gemeindewald wurden mit zumeist nordamerikanischen Baumarten in Bestockung gebracht. Bereits zur ersten Inventur im Jahre 1964 konnten über 240 Flächen (insg. 119,2 ha) gezählt werden. Der Anbau erfolgte zur Verbesserung der Produktivität, aus ästhetischen Gründen vor dem Hintergrund der Erholungsnutzung und auch zur Bestockung schwieriger Standorte.

Bei der Erstanlage entstanden die meisten Pflanzplätze aus zufällig verteilten Sturm- oder anderen Kalamitätsflächen, weshalb sich selbst noch auf aktuellen Kartenwerken ein schrotschussartiges Verteilungsmuster zeigt (Abb. 2). Die einzelnen Flächengrößen sind bis heute allerdings sehr gering, der Großteil bewegt sich unter einem Hektar zusammenhängender Bestockung. Die Flächen wurden zu Beginn der Anbauten nur unzureichend dauerhaft erfasst: Vor der Erstinventur 1964 existieren nur wenige Aufzeichnungen, meist handschriftliche Notizen über die ausgebrachte Anzahl an Pflanzen sowie einzelne Rechnungs- und Lieferungsbelege. Bis in die 90er Jahre des 20. Jahrhunderts erfolgten weitere wichtige Zwischenaufnahmen.

Standorte und Wachstumsbedingungen

Die Anbauten in Wildberg wachsen in einem Höhenrahmen von 380-600 m ü. NN, bei einer Jahresdurchschnittstemperatur von 7,6 °C und einem Jahresniederschlag von 700-740 mm. In der Vegetationsperiode von Mai bis September liegen die Werte bei 14,6 °C mittlerer Lufttemperatur sowie etwa 350-370 mm Niederschlag. Standortskundlich befinden sich die Bestände innerhalb der beiden Wuchsgebiete "Schwarzwald" sowie "Neckarland". Die Ökoserien umfassen zumeist mäßig frische Sande und lehmige Sande aus Bundsandsteinverwitterung (Buchen-Tannen-Wald) sowie mäßig-frische Kalkverwitterungslehme, Schichtlehme oder Kalkschutthänge (Buchen-Waldtypen) und sind mindestens durchschnittlich gut nährstoffversorgt.

Neubilanzierung nach 2009

Zum Abschluss des Jahres 2009 konnte eine erneute Bilanzierung abgeschlossen werden, die insbesondere die Veränderungen seit dem Orkan Lothar 1999 sowie dem Jahrhundertsommer 2003 dokumentiert. Die Untersuchung beschränkt sich auf 73 Flächen, die auch bei den vorangegangenen Untersuchungen als die bedeutendsten Fremdländerbestände angesehen wurden. Eine Erhebung der sehr zahlreich in andere Bestände eingestreuten einzelnen Gastbaumarten erfolgte nicht. Die Aufnahme der Flächengröße erfolgte mittels des GPS-Gerätes "Pro-XR" der Firma Trimble, mit dem jede Fläche in ihrem aktuellen Zuschnitt einmal umrundet wurde (Abb. 3). Die Standräume der einzelnen Grenzbäume wurden umlaufen, innerhalb dieser Polygone konnten sich auch einzelne heimische hauptständige Baumarten befinden. Somit ergeben sich die Kennzahlen "Gesamtfläche", "Baumartenanteil" und daraus berechnet die "anteilige Fläche mit Gastbaumarten".

Die 69 noch auffindbaren Flächen umfassten Ende 2009 eine Gesamtfläche von nur noch 54,1 ha. Die durchschnittliche Fläche betrug lediglich 0,8 ha (Tab. 1). Deutlich zu erkennen ist der negative Trend bei der bestockten Gesamtfläche und der Flächenanzahl. Beide Kennzahlen nehmen seit der Begründung der Anbauten stark ab, sodass von ehemals 240 Flächen im Jahr 1964 heute nur noch knapp 29 % als Waldbestand vorhanden sind (bzw. 45 % der Fläche). Dies lässt darauf schließen, dass vor allem sehr kleine Flächen ausgefallen sind. An der Entwicklung des dritten Wertes, der mittleren Flächengröße, lässt sich der Umgang mit den Gastbaumarten gut wiedererkennen: Viele Kleinstflächen fielen aus, andere anfänglich klein parzellierten Flächen wurden nach und nach arrondiert und erweitert, wodurch die mittlere Größe leicht anstieg. Die starke Abnahme der Gesamtfläche von 1994 bis heute mit einem Minus von 28,7 ha ist teilweise bedingt durch geänderte Messverfahren, dennoch kann der Abwärtstrend der Gesamtfläche nicht von der Hand gewiesen werden.

Tab. 1: Entwicklung der Beobachtungsflächen.
 1964197819942009
Anzahl der Flächen2401307369
Gesamtfläche in ha119,283,382,854,1
mittlere Größe in ha0,50,61,10,8

Empfehlungen trotz Misserfolge?

Die Entwicklung der Anbauten im Forstbezirk Wildberg kann zunächst als Geschichte des Misserfolgs gelesen werden: In den Aufzeichnungen sind 55 verschiedene Gastbaumarten belegt, die seit 1955 angebaut wurden. Bereits im Jahre 1978 aber waren von dieser ursprünglichen Anzahl nur noch 20 Baumarten vorhanden, insbesondere die Laubbaumarten waren bis auf die Rot-Eiche fast vollständig ausgefallen. 1994 umfasste die Liste der tatsächlich bewährten Gastbaumarten nur noch folgende nordamerikanische Nadelbaumarten (sog. Big Five): Douglasie (Pseudotsuga menziesii), Große Küsten-Tanne (Abies grandis), die Edel-Tanne (Abies procera), die Hemlock-Tanne (Tsuga heterophylla) und der Riesen-Lebensbaum (Thuja plicata). Bei der letzten Erhebung im Jahr 2009 waren auf der Gesamtfläche zwar nur noch 13 Gastbaumarten vorhanden, jedoch zahlreiche mit unsicherer Zukunft.

Wegen der aktuellen Bedeutung soll hier beispielhaft auf die Große Küsten-Tanne eingegangen werden: Aktuell auf 23 Flächen mit insg. 4,19 ha anteilige Fläche zu finden (Abb. 4) zeigt die Große Küsten-Tanne eine flächenmäßige Entwicklung mit ansteigendem Trend bis ins Jahr 2002, was durch den stetig gepflegten Neuanbau zurückzuführen ist. Der sehr prägnante Abfall der Flächen mit dieser Baumart auf den aktuellen Stand in einem Zeitraum von nur sieben Jahren ist jedoch erstaunlich und konnte aus der bisherigen Geschichte in Wildberg nicht erwartet werden: Nach dem extrem trockenen Sommer des Jahres 2003 mehrten sich in jedem Bestand dieser Baumart abgängige Bäume mit zunächst Nadelverfärbungen oder Harzfluss im unteren Kronenbereich.

Zumeist zwei bis drei Jahre danach fand der Ausfall dieser Individuen statt (Abb. 5). Dabei weist das Symptom des Harzflusses auf eine weitere Schwachstelle der Großen Küsten-Tanne hin, ihre Empfindlichkeit gegenüber Hallimaschbefall ab einem Alter von 40-50 Jahren. Diese Beschreibung trifft sehr gut auf die hiesigen Beobachtungen zu: Jüngere Bäume sehen auch hier sehr vital aus, die ersten Symptome und abgängige Bäume treten dann aber in Beständen im Alter von ca. 40 Jahren auf. Genau in diesem Alter befinden sich heute die meisten Bestände. Eine zu positive Betrachtung der Anbauwürdigkeit der Abies grandis ist daher nicht angeraten. Eventuelle Risiken durch frühzeitigen Ausfall könnten allerdings eventuell durch passende waldbauliche Behandlung abgemildert werden.

Wertvolle Fehlschläge: nur noch drei Baumarten übrig

Mehrere baumartenübergreifende Gründe können für die lange Liste ausgefallener Baumarten angeführt werden: Die meisten nordwestamerikanischen Nadelbaumarten erstrecken ihre Verbreitungsgebiete über eine große geographische Ausdehnung. Die damit verbundenen Provenienzunterschiede blieben beim Anbau unberücksichtigt. Nur für sehr wenige Baumarten existieren Aufzeichnungen über die verwendeten Provenienzen, dazu noch mit sehr unterschiedlicher fachlicher und geographischer Präzision. Zudem wurden die Gastbaumarten auf den Sturmflächen eingebracht, zum Teil in Einzelmischung als Ergänzungspflanzung oder begleitet von Verjüngungsresten und Sukzessionen. Somit befanden sie sich in direkter Vergesellschaftung mit einheimischen Baumarten zumeist aus natürlicher Begründung, was den Starterfolg erschwert haben dürfte.

Auch wenn aus der Vielzahl an geprüften Baumarten heute nur sehr wenige übrig blieben, stellen die Anbauten von Gastbaumarten ein lehrreiches Freilandlabor dar. Es zeigt sich die Vorteilhaftigkeit einer systematischen Auswahl von Kandidatenbaumarten unter Berücksichtigung der Herkunft vor einem wenig überlegten Praxistest. In Wildberg können von den ursprünglich über 50 eingebrachten Baumarten heute nur noch drei empfohlen werden: Douglasie, Riesen-Lebensbaum und Rot-Eiche. Die Frage nach einer angemessenen waldbaulichen Pflege im Klimawandel ist damit allerdings noch längst nicht beantwortet.