Wissenschaftler der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) untersuchten im Wald verbliebenes Kronenmaterial und Schlagabraum auf die Besiedelungsdichten und Vermehrungsmöglichkeiten des Kupferstechers. Sogar in 1-2 cm dünnen Ästchen konnte sich der Käfer auf das Vierfache vermehren. In 6-7 cm starken Ästen haben sich die Käferzahlen bereits verzehnfacht. Auf einer Rindenfläche von lediglich 100 cm2 flogen mehr als 500 Käfer aus. In dem im Wald liegenden Kronenmaterial werden riesige Käfermengen regelrecht herangezüchtet. Die Ergebnisse zeigen in beunruhigender Weise, welches Käferpotenzial in dem früher wenig beachteten Material steckt. Der Kupferstecher muss daher bei der Beurteilung des Borkenkäferrisikos immer mit im Auge behalten werden.
Kronenmaterial im Wald dient als Geburtsstätte einer riesigen Kupferstecherpopulation
Bis vor einigen Jahren kam dem Kupferstecher nicht die gleiche Bedeutung zu wie dem "Waldverwüster" Buchdrucker. Zwar erhielten wir nach den Stürmen Vivian und Wiebke im Frühjahr 1990 einen Eindruck vom Vermehrungs- und Befallspotenzial des Kupferstechers, allerdings war diese Massenvermehrung lokal begrenzt und brach bereits im zweiten Kalamitätsjahr wieder zusammen. Die damals entstandenen Käferschäden waren in der Hauptsache dem Buchdrucker zuzuschreiben. Anders war es in der Folge des Trockenjahres 2003. Der kleine Kupferstecher profitierte von der Situation, da er auf eine Abwehrschwäche seiner Wirtsbäume angewiesen ist, um Stehendbefall verursachen zu können. Er erreichte in weiten Teilen Bayerns in rasanter Geschwindigkeit hohe Populationsdichten und stellt bis heute die Waldbesitzer vor eine schwierige Aufgabe.
Abb. 2: Die gesammelten Proben werden in Eklektoren angesetzt (Foto: G. Lobinger).
Abb. 3: Schlagabraum im Wald ist die Geburtsstätte einer großen Kupferstecher-Population (Foto: G. Lobinger).
Überwachung und Bekämpfung besonders schwierig
Eine Früherkennung des Befalls wie beim Buchdrucker (anhand von ausgeworfenem Bohrmehl) ist nicht möglich, da der Käfer bei Stehendbefall im Kronenraum angreift. Die Bäume zeichnen (=zeigen Symptome) spät, in der Regel erst, nachdem eine fertiggestellte Jungkäfergeneration ausgeschwärmt ist, mit fahlen, später rot gefärbten Nadeln von der Kronenspitze nach unten. Zu spät meist für eine wirkungsvolle Bekämpfung, man läuft also dem Ereignis hinterher.
Was sind Eklektoren?
Eklektoren (griech. "Aufsammler") sind spezielle Geräte, die Zoologen verwenden, um schwer nachweisbare Tiere zu fangen. Meist handelt es sich um Insekten oder Spinnen. Es gibt sehr spezifische Eklektoren, die der Lebensweise und Bewegungsart der Tiere angepasst sind.
Luft-Eklektoren fangen Tiere im Flug, mit Boden-Eklektoren sammelt man Tiere, die aus der Erde kriechen.
Es gibt unterschiedliche Stamm-Eklektoren für liegende und stehende Stämme, die je nach Baumausformung und Baumstärke Maßanfertigungen sind. Ferner werden die Stamm-Eklektoren unterschieden in Geräte, mit denen man Tiere fängt, die am Stamm entlang laufen bzw. Tiere, die aus der Rinde schlüpfen.
Gemeinsam ist allen Eklektoren das Problem der Wasserableitung bzw. der Überhitzung. Die Lösungen sind phantasievoll. Die gefangenen Tiere werden über einen Trichter in ein Gefäß mit Konservierungsflüssigkeit geleitet. Anschließend werden sie bestimmt und ausgezählt.
Saubere Waldwirtschaft, und zwar kompromisslos
Um den Kupferstecher wirksam zu bekämpfen, ist es erforderlich, die Methoden der sauberen Wirtschaft mit allen Konsequenzen anzuwenden. Das heißt: Schlagabraum, Kronenteile, Äste und dünnere Stammstücke müssen mittels Hacken, Mulchen oder Verbrennen unschädlich gemacht werden. Diese Verfahren sind kosten- und arbeitsaufwändig sowie oft nicht in ausreichendem Umfang und zeitgerecht zu bewerkstelligen. Häufig ist auch dem Waldbesitzer die Notwendigkeit der Maßnahmen schwer zu vermitteln.
Untersuchungen zur Besiedlung von Schlagabraum durch Kupferstecher
Abb. 2: Ausgangsbefall und Gesamtzahl ausschwärmender Jungkäfer pro 100 cm2 Rinde bei Brutmaterial unterschiedlichen Durchmessers; selbst dünne und vielfach wenig beachtete Ästchen von 1-2 cm Stärke eignen sich bereits, die Käferzahlen zu vervierfachen. In stärkeren Ästen bis 7 cm Durchmesser fliegen auf einer Rindenfläche von lediglich 100 cm2 über 500 Käfer aus.
Von diesem Material kann unter bestimmten Begleitbedingungen tatsächlich eine enorme Gefahr ausgehen. Dies wurde im Rahmen mehrjähriger Untersuchungen festgestellt, deren Ergebnisse in der Folge kurz dargestellt werden.
Methoden: Im Wald verbliebenes Restmaterial aus Aufarbeitungsmaßnahmen wurde gesammelt und daraufhin untersucht, wie stark es von Käfern besiedelt war und welche Vermehrungsmöglichkeiten sich ihnen darin boten
- in Abhängigkeit von der Materialstärke (Durchmesser);
- in verschiedenen Expositionen (besonnt, Schattenlage);
- bei unterschiedlichem Aufarbeitungs- und Befallszeitpunkt.
Hierzu wurden etwa zehn 50 cm lange, Probestücke in Eklektoren (vgl. Kasten) angesetzt (Abb. 1). In Auffanggefäßen sammelten sich alle ausschwärmenden Käfer. Alt- und Jungkäfer ließen sich anhand der Färbung unterscheiden. Abschließend wurden die Probestücke geschält, um weitere Informationen über Bruterfolg, Mortalität und Vermehrungspotenzial zu gewinnen.
Ergebnisse: Der Vermehrungserfolg steigt mit zunehmender Materialstärke deutlich an. Bereits in dünnen Ästen von 1 bis 2 cm Durchmesser vervierfachten sich die Käferzahlen. Der Reproduktionsfaktor stieg bei Durchmessern von 6-7 cm auf 1:10 (Altkäfer : Jungkäfer) an. Hier flogen mehr als 500 Käfer / 100 cm2 Rindenfläche aus.
Dem im Wald verbliebenen Schlagabraum und Kronenteilen von Fichten entstammen also riesige Mengen von Kupferstechern!
Stark besonnten Schlagabraum befiel der Kupferstecher zwar zunächst intensiver, jedoch erwies sich die Vermehrungsleistung dort auf Grund der Brutraumkonkurrenz und des schnellen Austrocknens als deutlich geringer.
Es zeigte sich auch ein klarer Unterschied in Abhängigkeit vom Aufarbeitungs- und Besiedlungszeitpunkt. Vom Herbst bis ins Frühjahr angefallenes Material wurde weniger stark besiedelt, da die erste Schwärmwelle des Kupferstechers sehr gedehnt verläuft. Allerdings konnten sich die Käfer in diesem Material mit einem durchschnittlichen Faktor von 1:8 (Altkäfer : Jungkäfer) stark vermehren.
Im Sommer ist die Befallsdichte etwa fünfmal höher mit durchschnittlich 100 Altkäfern/Probestück, jedoch können sich die Käfer auf Grund der hohen Besiedlungsdichte und daraus erfolgender Brutraumkonkurrenz sowie der Austrocknung bei großer sommerlicher Hitze und intensiver Sonneneinstrahlung nicht so stark vermehren. Allerdings ist auch hier eine hohe Gefährdung gegeben, da die Altkäfer das Material wieder verlassen und bei hoher Dichte auch zu Stehendbefall fähig sind.
Fazit
Diese Daten und Fakten zeigen in beunruhigender Weise, welches Käferpotenzial in dem früher wenig beachteten Material steckt. Der Kupferstecher muss also bei der Beurteilung des Borkenkäferrisikos immer mit im Auge behalten werden.
Bei niedriger Ausgangsdichte stellt er keine große Gefährdung dar. Liegen jedoch günstige Vermehrungsbedingungen vor wie zum Beispiel nach Schadereignissen, bei witterungs- oder standortsbedingter Schwächung der Fichte und nach großflächigen forstlichen Eingriffen über längere Zeiträume, so muss mit Hilfe geeigneter Bekämpfungsmaßnahmen einer Massenvermehrung des Kupferstechers vorgebeugt werden.
Bezogen auf die Borkenkäfersaison 2007 war die Kupferstechergefährdung hoch zu bewerten auf Grund
- der Schäden durch Orkantief Kyrill;
- des hohen Anfalls an Schlagabraum, Kronenmaterial und sonstigen Resthölzern infolge der Käferholzaufarbeitung in den vorangangenen Jahren;
- der starken Käfervermehrung 2006 und der hohen Besatzdichte an im Wald lagerndem Material;
- der regionalen Schwächung der Fichte infolge von Trockenheit und ungünstigen Standortsbedingungen.
Der Klimawandel trägt ebenfalls dazu bei, durch Schwächung der Fichte und warm-trockene Witterung den Kupferstecher zukünftig erheblich zu begünstigen, voraussichtlich noch mehr als den Buchdrucker.