Wenn man die Literatur nach abiotischen und biotischen Schäden an Buche näher durchleuchtet, sieht man, dass die Rotbuche im Vergleich zu anderen heimischen Baumarten nicht ganz so "unproblematisch" hinsichtlich des Forstschutzes ist, wie sie von Waldbesitzern und Waldschutzexperten beurteilt wird. So gibt es eine ganze Reihe von Berichten über großflächige Schäden an dieser Baumart in Europa. Nachfolgend ein aktueller Situationsbericht.
Buchenkomplexkrankheit
Die Komplexkrankheit gilt als periodisch wiederkehrendes Phänomen, das mit extremer Trockenheit oder Frostereignissen in engen Zusammenhang stehen dürfte. Es kommt zu Vergilbungen an Blättern, Blattwelke, Absterben von Zweigen und Ästen, Schleimfluss am Stamm sowie Befall durch sekundäre Insekten oder Pilze. Die Zusammensetzung des Schädlings- und Krankheitskomplexes ist dabei regional unterschiedlich und nicht immer leicht zuzuordnen. Der Schleimfluss kann auch ohne Beteiligung von Insekten und Pilzen auftreten. Meist liegt jedoch eine Phytophthora–Infektion oder Befall durch den Prachtkäfer vor. Wer mit dem Einschlag derartig geschädigter Bäume zu lange wartet, riskiert eine Holzentwertung und den Neubefall gesunder Individuen.
Abiotische Rindenschäden
Die Buche verträgt Schäden am Rindenmantel äußerst schlecht. Eine plötzliche Freistellung führt häufig zu "Sonnenbrand", in der Folge zum Aufreißen der Rinde und zu einem Befall durch sekundäre Pilze oder Insekten. Ähnlich wirken Rückeschäden, die fast schon zum gewohnten Bild gehören.
Bedeutende Insektenschädlinge an Buche
Borkenkäfer
Die beiden wichtigsten Borkenkäfer an Rotbuche sind Taphorychus bicolor und Ernoporus fagi. Beide Arten gehören zu den kleinen Borkenkäfern (1,5 bis 2,2 mm), unterscheiden sich aber in Aussehen und Brutbild voneinander. Sie befallen in der Regel mehr oder weniger stark geschwächte Bäume, können aber im Zuge von Massenvermehrungen auch gesunde Bäume befallen. Besonders T. bicolor tritt seit dem Trockenjahr 2003 in vielen Teilen Österreichs verstärkt auf. Vielfach wurden absterbende Buchen zu Brennholz verarbeitet und das vom Borkenkäfer befallene Holz direkt im Bestand gelagert. Eine Ausweitung der Schäden war die Folge.
Nutzholzbohrer
Unter den holzbrütenden Borkenkäfern hat vor allem der Buchennutzholzbohrer (Trypodendron domesticum) größere Bedeutung. Durch seine bei der Buche bis tief in den Holzkörper hineinreichenden Brutgänge sorgt er für eine empfindliche Holzentwertung. T. domesticum und der Ungleiche Holzbohrer (Anisandrus dispar) können aber auch physiologische Schäden verursachen. Beide Arten befallen auch Heister und Jungpflanzen. Ist der Befall sehr stark, kommt es - abgesehen von der erhöhten Bruchgefahr - auch noch bei bis zu 6 cm starken Bäumen zu einer Unterbrechung des Saftstromes und zu einem Absterben der Bäume. Auch hier gilt: Befallsfähiges oder bereits befallenes Holz rasch abführen.
Prachtkäfer
Der Buchenprachtkäfer bzw. Laubholzprachtkäfer (Agrilus viridis) ist vor allem für abiotisch geschädigte oder jüngere Pflanzen ein Problem. Bereits wenig geschwächte Bäume vermag er in kurzer Zeit umzubringen. Der Befall ist leicht durch seine geschlängelten Fraßgänge erkennbar, die hauptsächlich am Stamm anzutreffen sind. Er gilt auch als typisches Schadinsekt nach warmen Trockenperioden. Befallene Stämme müssen rechtzeitig (vor Ausflug des Käfers) geschlägert und aus dem Wald entfernt werden.
Bockkäfer
Der sägehörnige Werftkäfer (Hylecoetus dermestoides) ist ein weiterer wichtiger Holzschädling. Neben einigen anderen Bockkäferarten, die an Buche vorkommen, gilt der Buchenspießbock (Cerambyx scopolii), nicht zuletzt aufgrund seines häufigen Auftretens als gefährlicher Schädling. Er bringt nicht nur kränkelnde und schwache Bäume jeder Altersklassen zum Absterben, sondern kann auch lagerndes Holz mit ausreichend Restfeuchte mit seinen tief in den Splint reichenden Hakengängen entwerten.
Rhynchaeus fagi
Buchenspringrüssler
Der Buchenspringrüssler (Rhynchaeus fagi) ist ein kleiner Rüsselkäfer, dessen Larven in den Buchenblättern charakteristische Minen anlegt (zunächst eine geschlängelte Gangmine, später eine flächige Mine). Die Käfer fressen an den Blättern und sind bei Massenvermehrungen auch an benachbarten Obstkulturen zu finden. Im Zuge von Gradationen kommt es zu auffallenden, spätfrostähnlichen Schäden, die aber nur Zuwachsverluste hervorrufen. Maßnahmen sind nicht möglich und wären auch nicht sinnvoll.
Saugende Insekten
Unter den saugenden Insekten sind vor allem die Buchenwollschildlaus (Cryptococcus fagi) und die Buchenblattwolllaus (Phyllapsis fagi) von Bedeutung.
Cryptococcus fagi
gilt als Wegbereiter für Krankheiten wie das Buchenrindensterben und Phytopthora-Infektionen. Phylapsis fagi ist weniger gefährlich, kann allerdings das Absterben von Buchensämlingen verursachen. Völlig unschädlich, aber dafür umso auffallender sind die Blattgallen, die durch die Buchenblattgallmücke (Mikola fagi) verursacht werden.
Bedeutende Pilzkrankheiten
Phytophthora-Krankheit
In den letzten Jahren hat der Phytophthora-Befall europaweit stark zugenommen. Zwei verschiedene Phytophthora-Arten mit unterschiedlichen Schadbildern führen bei Buchen zu schweren Schäden oder zum Absterben.
Am häufigsten ist Phytophthora cambivora, die zuerst Feinwurzeln, später Hauptwurzeln und schließlich die Rinde der Stammbasis zerstört.
Rötliche, stecknadelkopfgroße kugelförmige Fruchtkörper von Nectria coccinea
Zunderschwamm (Fomes fomentarius)
Hallimasch (Armillaria sp.)
Am häufigsten ist Phytophthora cambivora, die zuerst Feinwurzeln, später Hauptwurzeln und schließlich die Rinde der Stammbasis zerstört. Typisch sind neben dem Zurücksterben der Krone Stellen mit intensivem Saftaustritt an den Wurzelanläufen und der Stammbasis, unter denen die Rindengewebe großflächig abgestorben ist. Vielfach folgen Fäuleerreger wie Hallimasch (Armillaria sp.), Zunderschwamm (Fomes fomentarius), Lackporlinge (Ganoderma sp.) oder der Brandkrustenpilz Hypoxylon deustum unmittelbar im Anschluss an die Zerstörung der Rindengewebe.
Anders als die oft tödlich verlaufende Wurzelerkrankung durch Phytophthora cambivora wirkt sich der Befall durch P. citricola meist in Form einer erhöhten Bruchanfälligkeit aus. Die Sporen gelangen durch am Stamm aufwärts kriechende Schnecken in höhere Stammregionen, wo sie über Risse und kleinere Verletzungen als Mycel in die Rindengewebe einwachsen und dort bis mehrere Meter lange Rindenläsionen verursachen. Folgebefall durch Fäulepilze wie Zunderschwamm erhöht die Bruchanfälligkeit.
Über das bereits beschriebene Auftreten nach Phytophthora-Befall hinaus ist der Zunderschwamm (Fomes fomentarius) ein klassischer Wundfäuleerreger, der derzeit vor allem im Wienerwald sehr häufig vorkommt. Die Fruchtkörper erscheinen oft hoch oben am Stamm und produzieren mehr oder weniger kontinuierlich große Mengen von Sporen. Blitzrisse, Frostrisse, Windbruchverletzungen an Starkästen sowie Fällungsschäden sind typische Infektionsstellen.
Konsequent betriebene Hygienemaßnahmen, das heißt das regelmäßige Entfernen der befallenen Stämme, können langfristig einen Zunderschwammbefall in Buchenbeständen zurückdrängen.
Rindenkrankheiten
Mehrere Nectria-Arten verursachen bei der Buche Rindenschäden sowie Wucherungen. Nectria coccinea besiedelt als eine weitere Folgeerscheinung nach Phytophthora-Befall häufig Stammläsionen und kann durch kugelförmige rote Fruchtkörper bzw. weißliche Sporenranken recht auffällig sein. Sie gilt auch als Verursacher einer Buchenrindennekrose, wobei als Infektionsvektor am Stamm saugende Wollläuse fungieren. Nectria ditissima ist für krebsige Wucherungen an Zweigen, Ästen und am Stamm verantwortlich. Nectria cinnabarina, der Rotpustelpilz, kann das Zurücksterben von Zweigen auslösen, findet sich aber häufiger an abgestorbenen, am Boden liegenden Feinzweigen.
Hallimasch (Armillaria sp.) ist vor allem als direkter Trockenstress-Folger bei Buchen bekannt. Außer an den Fruchtkörpern ist die Gattung durch ihre schwarzen, zähen Mycelstränge (Rhizomorphen) zwischen abgestorbener Rinde und Holz des Stammes leicht zu erkennen.
Ascodichaena rugosa, der Schwarze Rindenschorf der Buche, ist an den schwarzen großflächigen Streifen auf Buchenstämmen eine weitere auffällige Erscheinung, verursacht aber nur oberflächliche Schäden an der Rinde.
Blattpilze
Von den Pilzarten, die Blattgewebe der Buche zum Absterben bringen, ist die Apiognomonia-Blattbräune der Buche (Apiognomonia errabunda) am häufigsten. Dieser Mikropilz lebt normalerweise in lebenden Buchenblättern, ohne dort irgendwelche Symptome hervorzurufen. Er kann sich jedoch, ausgelöst durch Stichwunden gallenbildender Insekten, bei kühler und niederschlagsreichen Witterung schlagartig im Blatt ausbreiten und letztlich zu Blattfall im Frühsommer führen. Dennoch stellt diese Pilzart kaum eine ernste Gefahr für ausgewachsene Buchen dar.
Zusammenfassung
Abiotische Ursachen, Komplexkrankheiten, Pilze und Insekten können bei der Buche durchaus großen Schaden anrichten. Es sollte daher dem Forstschutz mehr Aufmerksamkeit durch die forstliche Praxis geschenkt werden. Hierdurch ließen sich großflächige Schäden in den Buchenbeständen, vor allem aber eine Holzentwertung vermeiden.