Was verbindet einen Bio-Legehennen-Betrieb mit einer Hochschule für Forstwirtschaft? Eine Agroforstfläche, die die Vorteile einer tiergerechten Haltung von Hühnern mit der Erzeugung von Energieholz kombiniert und vielfältige Synergieeffekte bietet. Aus forstlicher Sicht galt es bei der Anlage dieser 7,1 ha großen Fläche, die Herausforderungen des Herbizidverzichts und des schwierigen Standortes zu lösen.

Der kombinierte Anbau von Bäumen und Sträuchern mit landwirtschaftlichen Nutzungen auf einer Fläche (sogenannte Agroforstsysteme) findet auch in Deutschland seit einigen Jahren eine zunehmende Beachtung. Hiermit verknüpfen sich Erwartungen nach positiven Wechselwirkungen zwischen dem forstlichen und dem landwirtschaftlichen Teil der Landnutzung. Beispielsweise können Agroforstsysteme bei geeigneter Anlage die Bodenerosion vermindern, die Wachstumsfaktoren besser nutzen, die Biodiversität erhöhen und das Landschaftsbild aufwerten.

Agroforstsysteme zeigen auch, dass forstliche, speziell waldbauliche Erfahrungen Lösungsmöglichkeiten für bestimmte landwirtschaftliche Problemstellungen bieten: So können Forstleute Beiträge leisten zu einer naturnahen Gestaltung der Landwirtschaft oder zur Minderung von Flächenkonkurrenz und Nutzungskonflikten – insbesondere beim Anbau nachwachsender Rohstoffe zur Energiegewinnung. Im vorliegenden Fall gelingt es, die hohen Anforderungen und Wünsche eines Bioland-Betriebes hinsichtlich einer tiergerechten Haltung von Legehennen durch einen innovativen forstlichen Beitrag zu erfüllen.

Ziele und Grundidee

Bei der Umstellung der Stall- auf Freilandhaltung wollte der Bioland-Betrieb Hofgut Martinsberg bei Rottenburg nicht nur geltende EU- und Bioland-Vorschriften erfüllen, die beispielsweise einen Freilandauslauf von mindestens 4 m² pro Henne verlangen. Zusätzlich sollten weitere Ziele erreicht werden:

  • die Optimierung der tierartgerechten Haltungsbedingungen und
  • keine Übernutzung stallnaher Bereiche, wie sie bei der herkömmlichen Freilandhaltung häufig vorkommt, sondern Nutzung des gesamten Auslaufs durch die Hühner mit regelmäßigen Erholungszeiten für den Boden.

Das sollte sich positiv auf die Tiere, den Boden und die Hygiene auswirken und dazu beitragen, dass sich die Stickstoffzufuhr aus dem Hühnerkot besser auf der Fläche verteilt.

Das Konzept zur Umsetzung dieser Ziele besteht vorrangig aus zwei sich ergänzenden Bestandteilen: Eine Komponente bilden mobile Hühnerställe (Abb. 1). In einem rotierenden System können diese mehrfach im Jahr ihren Standort wechseln und dadurch sowohl dem Boden als auch der Vegetation die Möglichkeit zum Regenerieren geben.

Mobile Hühnerställe

Die patentierten Mobilställe wurden von Joachim Schneider, Betreiber des Hofguts Martinsberg, und seinen Mitarbeitern entwickelt und gefertigt. In ihnen verbringen die Tiere die Nacht, legen Eier und werden zusätzlich zum Grünauslauf gefüttert. Die Ställe sind ausgestattet mit einer mehretagigen Voliere, Scharrräumen und Legenestern, Eiersammelbändern und Kotbändern. Sie lassen sich in drei Teilmodule zerlegen und können deshalb sowohl über öffentliche Straßen transportiert als auch leicht gereinigt werden.

Der zweite Bestandteil des Konzeptes sind Gehölzstreifen, die die Tiere vor Greifvögeln und Sonne schützen und dafür sorgen, dass sich die Hennen nicht nur vorrangig in unmittelbarer Umgebung ihres Stalles aufhalten. Durch die Gehölze werden noch weitere Funktionen erfüllt:

  • Sicht- und Windschutz,
  • Erzeugung nachwachsender Rohstoffe,
  • Aufnahme von Stickstoff aus dem Hühnerkot,
  • ansprechende Integration der Gesamtfläche in das Landschaftsbild des FFH-Gebietes.

Schnellwachsende Baumarten können diese Funktionen bereits nach kurzer Zeit bieten (Abb. 2).

Konzept Energieholz

Bei der Anlage der Gehölzstreifen mussten die strengen Bioland-Anforderungen erfüllt werden, die unter anderem einen Verzicht auf die Herbizidanwendung verlangen, wie sie bei der Begründung von Kurzumtriebsplantagen sonst üblich ist. Um dies umzusetzen, halfen die Erfahrungen der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg von anderen herbizidfrei begründeten Kurzumtriebsflächen (Kurzumtriebsflächen herbizidfrei begründen). Anfang 2009 wurde das Energieholzkonzept von der Hochschule erarbeitet und seit vier Vegetationsperioden gemeinsam mit dem Hofgut Martinsberg und Studierenden umgesetzt und wissenschaftlich betreut.

Die Fläche wurde gleichmäßig in 18 ca. 0,4 ha große rechteckige Parzellen aufgeteilt, die jeweils an den zwei Längsseiten von Energieholzstreifen flankiert werden sollten. Zwischen diesen Gehölzstreifen wurde ausreichend Platz für die mobilen Hühnerställe eingeplant. Jeder der sechs Mobilställe ist für etwa 1.000 Hennen ausgelegt und kann ohne großen Aufwand zwischen drei benachbarten Parzellen verschoben werden (Abb. 3).

Die Rahmenbedingungen für die Anlage der Energieholzstreifen waren allerdings nicht nur aufgrund des Herbizidverzichts sehr anspruchsvoll. Eine weitere Herausforderung stellten die schwierigen Bodenverhältnisse mit einem z. T. hohen Tonanteil und stellenweise flach anstehendem Grundgestein dar. Insbesondere im Anlagejahr bestand ein Ausfallrisiko infolge von Trockenheit. Erschwerend erwies sich außerdem die schnell wachsende, konkurrenzstarke Nutzpflanzenmischung. Sie wurde als spätere Nahrung für die Hühner vor der Begründung der drei bis fünf Meter breiten Gehölzstreifen auf der Gesamtfläche ausgesät.

Diese Herausforderungen wurden mithilfe von Mulchfolie gelöst, die schon länger im Gemüse- und Erdbeeranbau verwendet wird. Die Folie unterdrückt nicht nur die hindernde Begleitflora im Nahbereich der Steckhölzer, sondern hält den Boden durch den Evaporationsschutz feucht und krümelig. Der Großteil der 20 bzw. 40 cm langen Steckhölzer wurde in eine 1,4 m breite Mulchfolie gesteckt.

Als Baumarten wurden Weiden gewählt, insbesondere die ertragsstarken und für den Einsatz in Kurzumtriebsplantagen gezüchteten schwedischen Sorten Inger (Salix triandra x S. viminalis) und Tordis ((Salix viminalis x S. schwerinii) x S. viminalis). Beide werden vom Lieferanten für trockenere Standorte empfohlen. Zusätzlich wurde versuchsweise die Sorte Tora (Salix schwerinii x S. viminalis) angebaut. Weitere Gründe gaben den Ausschlag für die Auswahl der Weiden:

  • der buschförmige Wuchs bietet bei Kurzumtriebsnutzung keine Ansitzmöglichkeiten für Greifvögel,
  • die Begründung mit Weiden-Steckhölzern ist vergleichsweise preisgünstig,
  • die Salix-Arten gelten aus rechtlicher Sicht als geeignete Baumarten für den Kurzumtrieb, sodass bei Umtriebszeiten unter 20 Jahren eine landwirtschaftliche Nutzung vorliegt und die Gesamtfläche später problemlos wieder als Ackerland genutzt werden kann,
  • die Stickstoffaufnahme aus dem Boden.

Bisherige Untersuchungen haben gezeigt, dass Weiden auf Stickstoffdüngung mit einer deutlichen Zuwachssteigerung reagieren. Ähnliche Effekte werden durch die stickstoffreiche "Hühnerdüngung" erwartet. Die Weiden sollen einen möglichst großen Teil der von den Tieren ausgeschiedenen Nährstoffe in Form von Energieholz binden.

Ergebnisse

Mit den Weiden gelang es bereits nach zwei Vegetationsperioden eine naturnahe Umgebung und ausreichend Deckungsschutz zu schaffen. Dadurch nutzen die Hühner die gesamte Auslauffläche, flüchten beim Erscheinen großer Greifvögel unter die Bäume und halten sich gerne im Schatten der Weiden auf. Von den Hennen verursachte Schäden wurden bisher nur in minimalem Umfang an recht kleinen Weiden festgestellt.

Auf der Agroforstfläche konnten vor allem die Techniken herbizidfreier Begründungsverfahren optimiert werden. Auch wird die Eignung verschiedener Sorten für diese schwierigen Bodenverhältnisse untersucht.

Aus den bisherigen Untersuchungen lassen sich folgende Erkenntnisse ableiten:

  • Die Mulchfolie erwies sich auf dem problematischen Standort als entscheidender Erfolgsfaktor für ein gutes Wachstum und geringe Ausfälle. Hingegen fielen in den Varianten ohne Folie erhebliche Anteile aus, sodass einige Bereiche nachgesteckt werden mussten. Die noch lebenden Weiden sind nach 3 Jahren trotz zweier manueller Pflegen um 57 % niedriger als die in Folie gesteckten (Abb. 4). Die zusätzlichen Investitionskosten für die Folie von etwa 240 €/ha haben sich gelohnt.
  • Allerdings sollte bei der Anlage von Kurzumtriebsflächen mit Mulchfolie darauf geachtet werden, dass mindestens eine Steckholzknospe über der Folie liegt, dass die Folie plan und straff verlegt wird und der Abstand der Pflanzreihen vom Folienrand nicht zu knapp gewählt wird (mind. 30, besser 50 cm). Ein Auslegen der Mulchfolie ohne vorherige Bodenbearbeitung erwies sich als problematisch, da die noch einige Tage unter der Folie lebende Konkurrenzflora diese teilweise über die Steckhölzer angehoben hat.
  • Das notwendige Entfernen von Mulchfolie auf Basis von Polyethylen erwies sich als sehr zeitaufwändig, weshalb seit 2011 nur noch zertifizierte, biologisch abbaubare Folie verwendet wird.
  • 40 cm lange Steckhölzer hatten nach zwei Jahren bei allen Sorten im Mittel mehr Triebe und einen längeren Haupttrieb als 20 cm lange Steckhölzer. Diese Unterschiede waren bei der Sorte Inger besonders ausgeprägt.
  • Das bisherige Wachstum der Sorten spiegelt die schwierigen Standortsverhältnisse wider. Beim Vergleich des Höhenwachstums der Haupttriebe der drei Weidensorten ist nach zwei Jahren ein leichter Vorteil der Tordis gegenüber der Tora bei ähnlichen Triebzahlen feststellbar. Die Sorte Inger lässt sich aufgrund der erwähnten Wuchsunterschiede zwischen den Steckholzlängen schwer einordnen.

Fazit

Die beschriebene Agroforstfläche ist eine ideale Untersuchungs- und Demonstrationsfläche für angewandte Forschung, Lehre und Weiterbildung, gerade aufgrund ihrer Lage in unmittelbarer Umgebung der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg. Sie zeigt, wie forstliche Erfahrungen auch in der Landwirtschaft vorteilhaft genutzt werden können. Der Erlös aus der Biomasse im Vergleich zum Erlös aus der Hühnerhaltung wird sich erst in einigen Jahren zeigen und eher zweitrangig sein. Für eine naturnahe Freilandhaltung sind die Gehölzstreifen jedoch unverzichtbar.