Die Jagd spielte in allen Jahrhunderten eine wichtige Rolle in der menschlichen Gesellschaft. Jagdgeräte wie Armbrüste oder Feuerwaffen trugen zur Weiterentwicklung der Technik bei, die Jagdleidenschaft vieler Herrscher prägte ganze Landschaften. Auch im sozialen und kulturellen Bereich hatte und hat die Jagd bis heute große Bedeutung.
Am Anfang war die Jagd...
Die Jagd gehört zu den ältesten und ursprünglichsten Tätigkeiten der Menschen. Schon in den frühen Tagen des Homo sapiens war sie eine materielle Notwendigkeit und wesentlicher Teil der Existenzsicherung: der Fleischbedarf der Familie musste gedeckt, Häute und Pelze als schützende und wärmende Kleidung erworben werden. Aber auch für die kulturelle und vielleicht sogar für die religiöse Entwicklung der Menschheit ist sie prägend. Darauf deuten Höhlenmalereien hin.
Als der Mensch sesshaft wurde und begann, Ackerbau und Viehzucht zu betreiben, trat die Jagd als Ernährungsquelle zurück. Da aber die Herden vor den Raubtieren und die Felder vor den wilden Pflanzenfressern geschützt werden mussten, hatte die Jagd einen neuen, zusätzlichen Zweck erhalten: die Eindämmung von Schäden und die Bekämpfung von Raubwild. Diesen Kampf führte der Mensch konsequent über Jahrtausende bis zur Ausrottung des Großwildes wie Wiesent und Elch, aber auch des Großraubwildes Wolf und Bär.
Jagdrecht und Forstbann im Reich der Franken
Das Jagdrecht der Germanischen Stämme war zunächst überall frei. Nach den Zeiten der Völkerwanderung und mit dem Erstarken von Städten und Siedlungen erfolgten umfangreiche Rodungen ehemals wilden Landes, die Jagd wurde zum Privileg. Mit dem Erstarken der fränkischen Macht im 8. Jahrhundert gingen die Könige daran, große Waldgebiete einzuforsten, d.h. sämtliche Eigentums- und Nutzungsrechte daran für die Krone zu sichern. Man bezeichnet diesen rechtlichen Akt als Forstbann. Der König nutzte seine Rechte zur Jagd selbst oder vergab sie als Lehen an kirchliche und weltliche Fürsten. Auch auf den Äckern und Allmenden der Bauern übte der mit dem Recht belehnte Grundherr die Jagd aus. Nur in seltenen Fällen verblieb das Recht der niederen Jagd bei der örtlichen Bevölkerung.
Jagd war Bestandteil mittelalterlicher Kultur
Die Ritter sahen in der Jagd ein Training für den Krieg, eine sportliche Übung und körperliche Ertüchtigung. Dabei sollten die Jungen den Umgang mit der Gefahr lernen, Kraft und Ausdauer erwerben. Jagd wurde Ausdruck höfischen Lebens und Lieblingsbeschäftigung vieler Herrscher. Der Stauferkaiser Friedrich II. z.B. schreibt ein sehr spezielles Buch über die Kunst des Jagens mit Vögeln, die Beizjagd. In Frankreich verfasst der vielgereiste Gaston Phoebus ein umfangreiches Werk, das die Jagd auf alle Wildarten und in all ihren Varianten beschreibt. Gaston berichtet z.B. von der Jagd zu Pferde, von der Fallenjagd und auch wie man Wölfe, die lästigen Beutekonkurrenten und Herdenschädlinge, mit präparierten Ködern tötet. Er unterscheidet schon waidgerechtes vom nicht waidgerechten Jagen. Aus der Bibliothek des Duc de Berry ist uns ein reich bebildertes Exemplar seines Werkes überliefert.
Bekannt ist auch das Jagdbuch des (fiktiven) König Modus von Henri de Ferrières (1379). Es ist im dialektischen Stil geschrieben, nach der Art der griechischen Philosophie, also als fragend-erklärendes Zwiegespräch zwischen Lehrer und Schüler.
Auch von diesem Werk besitzen wir eine prächtig bebilderte Handschrift aus burgundischer Werkstatt. Mit dem Aufkommen der Druckkunst finden die Jagdbücher eine ungeheure Verbreitung.
Willkür der Fürsten und Wut der Bauern
Mit dem zur Neige gehenden Mittelalter schwindet auch die kaiserliche Macht. Die aufgehende Renaissance ist die Zeit regionaler fürstlicher Machtentfaltung. Die örtlichen Landesfürsten betrachten sich als Eigentümer des ganzen Landes und beanspruchen das Jagdrecht für sich allein. Nur sie als Territorialfürsten und Inhaber des Jagdregals konnten Anderen das Jagdrecht auf Flächen ihrer Landeshoheit weiterverleihen. So entstand das Jagdrecht auf fremdem Grund und Boden, das der niedere Adel, die Geistlichkeit und die Patrizier ausübten. Oft vergab der Landesherr nur die niedere Jagd und behielt sich die hohe Jagd selbst vor. Der Bauer durfte nicht jagen, sondern nur das Wild von seinen Feldern vertreiben. Ersatz für Wildschaden gab es nicht. Vielmehr musste er auch noch Frondienste für die Jagdausübung seines Herrn leisten.
Auch diese Verhältnisse waren 1525 mit ein Grund für das Aufbegehren der Bauern gegen das enge Korsett des Feudal- und Ständestaates, das vor allem in Thüringen, in Franken und im schwäbischen Raum stattfand. Aber mit der Niederlage im Bauernkrieg gingen auch die Forderungen der Bauern unter.
Im restlichen 16. Jahrhundert wurde die Jagdleidenschaft der Fürsten zu einer wirklichen Landplage (Franz, 1976). In manchen Ländern wurde den Bauern das Vertreiben des Wildes von ihren Feldern verboten. In Sachsen mussten sie sogar Zäune und Hecken beseitigen, um dem Wild den freien Zugang zu ihren Äckern zu ermöglichen. Auf Wilddieberei wurde jetzt die Todesstrafe gesetzt, nachdem Verstümmeln, Blenden und Staupen als nicht mehr ausreichend angesehen wurde, um das edle, fürstliche Wild vor dem gemeinen Mann zu schützen.
Erster Trophäenkult
Im 16. Jahrhundert kommt der Wunsch auf, konkrete Jagd-Erlebnisse zu verewigen, indem man Andenken aufbewahrt und die Jagd künstlerisch in Bildern und Aufzeichnungen zu dokumentieren sucht. Gemälde, Geweihe, wertvolle Waffen und Jagdutensilien schmückten von jetzt an die Wände der Schlösser. Die Jagden werden zu gesellschaftlichen Ereignissen ausgebaut und zur Repräsentation der Landesfürsten genutzt. Mit Ritualen wird die Bedeutung des Ereignisses unterstrichen: Willkomm-Humpen werden gereicht, Gästebücher geführt.
Natürlich werden große Mengen Wild gebraucht, um die zahlreichen Gäste zu Schuss kommen zu lassen und um Fleisch für die üppigen Feiern der mehrtägigen Ereignisse heranzuschaffen.
Der Wunsch nach Erinnerung und nach Verewigung der eigenen Leistung bringt manchen Fürsten auch dazu, Jagdtagebücher zu führen, in denen genau die Wildart, die Menge, und der Ort der Beute verzeichnet sind. Landgraf Philipp von Hessen soll diese Register am Schluss des Jahres seinem fürstlichen Freundeskreis zugesandt haben, um seine Überlegenheit zu zeigen und um die Herren damit zu ärgern.
"Adelicher Zeitvertreib"
Aber noch ist die Jagd nicht zur vollen Blüte der Dekadenz gelangt. Dazu kommt es erst im Barock. Die bislang übliche Jagd mit Aufspüren, Verfolgen und Töten des Tieres genügte jetzt nicht mehr. Dem Landesherrn und einer adeligen Gesellschaftsschicht, die weitgehend ihre politische Funktion eingebüßt hatte, diente die Jagd nur noch als "Adelicher Zeitvertreib", wie auch ein Buchtitel zur Jagd von 1696 belegt. Jagden wurden jetzt generalstabsmäßig organisiert und wie Kriege geplant: hunderte von Tieren mussten aufgeboten und vorgeführt, immer neue Perspektiven und Variationen gezeigt und ausprobiert werden. Das Wild hatte variantenreich und effektvoll zu sterben. Besonders beliebt war eine Art "Wasserjagd", bei der die Hirsche in Teiche oder Flüsse getrieben und dann von Booten aus abgestochen wurden. Auch zahlreiche Rezepte für Aphrodisiaka aus Geschlechtsteilen, Horn oder Körpersäften von Wildtieren sind aus der Puderperückenzeit vorhanden.
Die Jagdschäden auf den Feldern hingegen nehmen für die Bauern in dieser Zeit ein unerträgliches Maß an.
Die Jagd dem Volk!
Die Souveränität der Fürsten wurde mit der Säkularisation des Kirchenbesitzes und der Mediatisierung der deutschen Fürstentümer zu Beginn des 19. Jahrhunderts aufgehoben. Moderne Staaten entstanden, die sich bemühten, das Recht im neuen Staatsgebilde zu vereinheitlichen.
Die entmachteten Herrscher wurden für ihren Souveränitätsverzicht reich mit Land entschädigt und fassten das Jagdrecht, das sie auf ihrem Grund, aber auch noch immer auf den Feldern der Bauern besaßen, als letzten Rest ihrer früheren Souveränität auf. Das Jagdrecht gehörte dem Adel nicht nur, es war vollkommen verinnerlicht als Symbol adeligen Standes und Zeichen herrschaftlicher Erhöhung. Aber es passte nicht mehr zur neuen Zeit der industriellen Revolution und nicht zur sich entwickelnden modernen Landwirtschaft. Dieses feudale Jagdsystem war zum Anachronismus geworden.
Die kapitalistische Wirtschaftsordnung und das liberale Bürgertum verlangten jetzt die freie Verfügbarkeit von Grund und Boden, die rechtliche Unabhängigkeit des Einzelnen und den Schutz des produktiven Eigentums. Das Jagdrecht auf fremdem Grund und Boden verhinderte, beschränkte und verletzte diese Prinzipien.
Die Revolution von 1848, die in vielfacher Hinsicht scheiterte, war für eine Neuordnung des Jagdrechts aber von großem Erfolg. In der 1849 beschlossenen Reichsverfassung wurde festgeschrieben, dass das Jagdrecht an das Grundeigentum gebunden wird und dass alle Jagddienste ohne Entschädigung aufgehoben werden. Dies ist der entscheidende Schritt zur bürgerlichen Jagd. Die Verbindung von Jagd und Adel, von Privileg und Stand war jahrhundertelang unverrückbarer Teil der ständischen Gesellschaft. Durch die Aufhebung dieser Verbindung wurde es jedem ermöglicht das Jagdrecht auszuüben, der Ländereien besaß oder der die Mittel hatte, sie zu erwerben.
Nun aber kam es fast zu lokalen Ausrottungen vieler Wildarten, weil Viele ihr neues Recht intensiv nutzten. Auch die Zahl der Jagdunfälle stieg dramatisch an.
So merkte man schnell, dass die Ausübung des Jagdrechtes erst ab einer bestimmten Flächengröße sinnvoll ist. Deshalb wurde das Jagdrecht, das jedem Grundeigentümer zusteht, vom Jagdausübungsrecht getrennt, das eine bestimmte Grundstücksgröße voraussetzt (Eigenjagdbezirk). Grundstücke, die diese Mindestgröße nicht haben, werden seither zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk zusammengefasst.
Die bürgerliche Jagd ist erst 150 Jahre alt
Ein Viertel Jahrhundert nach der Freigabe der Jagd formierten sich die ersten Interessensverbände der bürgerlichen Jagd. 1875 gründete sich der Allgemeine Deutsche Jagdschutzverein und zwei Jahre später ein bayerischer Jagdschutz-Hauptverein, unter dessen Dach mehrere regionale Vereine firmierten. Erst 1917 wurde ein einziger "Landesverband bayerischer Jagdschutzvereine" gegründet. In der Weimarer Republik fand dann eine Konzentration der Verbände statt. Ziel war es, Jagd-, Jäger- und Hundevereine sowie Wildhandel, Büchsenmacher, Waffen- und Munitionsindustrie, aber auch Waldbesitzer- und Forstbeamtenverbände unter dem Dach der Jagd zu vereinen. Das wurde 1928 mit der Gründung des Reichsjagdbundes erreicht.
Dieser strebte eine Vereinheitlichung der immer noch sehr unterschiedlichen Jagdgesetzgebung im Deutschen Reich an. Bereits ab 1931 wurde an einem alles vereinheitlichenden Jagdgesetz gearbeitet, das 1934 als "Reichsjagdgesetz" erlassen wurde. Das Gesetz brachte der deutschen Jagd bislang nicht gekannte Neuerungen:
- Eine geregelte Bewirtschaftung der Schalenwildbestände wurde vorgeschrieben; erstmals eingeführte Begriffe wie Wilddichte und Geschlechterverhältnis zeugen davon.
- Die Jägerprüfung wurde Vorraussetzung für die Jagdausübung.
- Jagdgenossenschaften und Jagdverbände wurden einheitlich organisiert.
Die Jagd in Deutschland wird geteilt
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Jagd für Deutsche verboten und alle Jagdwaffen eingezogen. Nur die Besatzungssoldaten durften jagen, bis in den Ländern nach und nach die Jagd wieder zugelassen und Jagdgesetze errichtet wurden, die die Inhalte des Reichsjagdgesetzes im Wesentlichen übernahmen. In der Bundesrepublik blieb das Jagdrecht an das Eigentum von Grund und Boden gebunden. In der DDR wurde diese Bindung aufgehoben und ein Volksjagdrecht eingeführt. Die Jagdbewirtschaftung wurde verstaatlicht und erfolgte durch die volkseigenen Forstbetriebe. Jeder konnte gegen einen geringen Mitgliedsbeitrag in eine Jagdgesellschaft eintreten und jagen. Das erlegte Schalenwild war allerdings ablieferungspflichtig. Die Mitglieder der Jagdgesellschaften wurden monatlich geschult, wobei ihnen Themen wie jagdethische Normen, Pflege des Brauchtums, Jagd als Naturschutz usw. nahe gebracht wurden. Um so entsetzter waren die DDR-Jäger, als 1989 das "Imperium der Privilegierten" ans Tageslicht kam. Für die Jagd- und Schießgelüste einiger weniger Prominenter waren Millionen Mark volkseigenen Gutes verschleudert worden.
Mit der Wiedervereinigung wurde in den fünf neuen Ländern auch die Jagd umstrukturiert und das Jagdrecht wieder mit dem Eigentum an Grund und Boden zusammengeführt.
Die Jagd wird heute nicht nur national, sondern auch international bestimmt. Die Europäische Union nimmt zunehmend Einfluss auf jagdrechtliche und jagdpolitische Geschicke. Deshalb haben sich die nationalen Jagdverbände der EU in einem internationalen Verband (FACE) organisiert, um die jagdlichen Interessen von rund 7 Millionen Jägern in der Europäischen Union und im Europarat zu vertreten.