Er hat eine Flügelspannweite von über 40 Zentimetern und segelt gerne an Mauern entlang: der Mauersegler (Apus apus). Früher wurde er auch Turmschwalbe genannt. Wenn er Anfang Mai aus seinem Winterquartier südlich der Sahara zu uns kommt, hat er bereits mehrere tausend Kilometer zurückgelegt. Sowohl dort als auch bei uns verbringt er lediglich dreieinhalb Monate – die übrige Zeit weilt er auf dem Zug zwischen den Kontinenten.
Ein Leben in der Luft
Mauersegler verbringen fast ihr ganzes Leben in der Luft. Neben der Nahrungssuche und dem Trinken meistert er auch das Schlafen, die Gefiederpflege und die Paarung im Flug. Lediglich zur Brut und Jungenaufzucht wird "Bodenkontakt" aufgenommen. Als Anpassung an dieses Leben besitzen Mauersegler lange, sichelförmige Schwingen und sehr kurze Füße, so kurz, dass man lange glaubte, sie besäßen gar keine. Das erklärt auch den wissenschaftlichen Namen Apus apus, was so viel wie der "fußlose Fußlose" bedeutet. Zum Gehen und Starten von einer ebenen Fläche eignen sich die Füße tatsächlich nur unzureichend, lassen sich aber beim Festklammern an senkrechten Wänden und als scharfkrallige Waffe im Kampf um einen Brutplatz hervorragend einsetzten.
Lebenselixier "Luftplankton" oder Hungerschlaf
Mauersegler fressen nur in der Luft schwebende Insekten und Spinnen. Diese werden mit weit geöffnetem Schnabel aus der Luft gekeschert bis der Kehlsack mit Blattläusen, Schwebfliegen und Mücken gefüllt ist.
Gejagt wird je nach Wetterlage und Insektenangebot in wechselnden Gebieten und Höhenlagen, bis in Höhen von 3.000 Metern. Herrscht eine Schlechtwetterperiode im Brutgebiet, legen die Mauersegler auch sehr weite Strecken für die Nahrungssuche zurück. "Unterfränkische" Mauersegler können durchaus über dem Ammersee nach Insekten jagen. Dabei wird die Beute im Kropf gesammelt und die Alttiere kommen erst nach Tagen wieder zurück zum Brutplatz, um ihren Nachwuchs zu füttern.
Größter Feind des Mauerseglers sind lang andauernde Schlechtwetterperioden mit Insektenknappheit im Luftraum. Auf solche Wetterlagen reagieren Altvögel mit Ausweichflügen von bis zu 2.000 Kilometern und verlassen ihr Nest für mehrere Tage. Die Jungvögel fallen während dieser Zeit in eine Art Hungerschlaf, wissenschaftlich "Torpor" genannt. Dabei sinkt die Körpertemperatur von 40 Grad auf etwas mehr als die Umgebungstemperatur, Herzschlag und Atemfrequenz werden stark herabgesetzt. Ältere Nestlinge können auf diese Weise bis zu zwei Wochen überleben.
90 Tage zur Jungenaufzucht
Mauersegler sind Höhlenbrüter. Sie nutzen gerne Spalten und Hohlräume unter Dächern und an Hauswänden, sehr selten auch Baumhöhlen. Die äußerst brutplatztreuen Vögel besetzen ihre Vorjahres-Höhlen wieder. Da sich das aufwändige Brutgeschäft in nur 90 Tagen abspielt, darf nicht viel Zeit mit der Suche nach einem geeigneten Nistplatz verschwendet werden. Haben andere Vogelarten die Bruthöhlen besetzt, werden sie mit äußerster Aggressivität aus den Höhlen vertrieben. Innerhalb von zwei Wochen wird dann ein recht spartanisches Nest gebaut. Die Halme, Blätter und Federn dazu werden ausschließlich in der Luft gesammelt, mit Speichel zusammengeklebt und zu einer Nestmulde geformt.
Wohnungsnot
Abb. 2: Der ursprünglich in Felsnischen und Baumhöhlen brütende Mauersegler sucht sich seine Nistplätze heute meist in Siedlungen (Foto: R. Groß).
Mauersegler waren ursprünglich Fels- und Baumbrüter; mittlerweile sind sie zu 99 Prozent Bewohner menschlicher Siedlungen. Allerdings leiden sie zunehmend unter Wohnungsnot. Durch Altbausanierungen und die hermetische Abriegelung der Neubauten werden Nistmöglichkeiten für den Koloniebrüter immer knapper.
Ausgesprochen selten brüten Mauersegler in Baumhöhlen. In ganz Bayern ist nur eine einzige "Waldkolonie" bekannt, und zwar in einem über 350-jährigen Eichenbestand im Spessart. Dort gibt es viele alte Spechthöhlen, deren Innenraum über Jahrzehnte hinweg zu einer "mauerseglertauglichen" Größe ausfaulen konnte. Eine genetische Analyse dieser Mauerseglerpopulation zeigte, dass das Erbgut der baumbrütenden Mauersegler mit dem von Gebäudebrütern nahezu identisch ist. Die unterschiedliche Brutplatzeinnischung ist wahrscheinlich auf eine Prägung im Jungvogelalter zurückzuführen.
Gegenwärtig ist der Mauersegler in seiner Existenz nicht bedroht. Allerdings können seine Bestände außergewöhnlich schnell zusammenbrechen. Altbausanierungen in verschiedenen Stadtvierteln Hamburgs und Berlins führten zu einem Rückgang der Mauersegler bis zu 100 Prozent. Dem könnte man mit Nischen und Höhlen im Mauerwerk oder künstlichen Nisthilfen leicht entgegenwirken. Auch eine natürliche Gartengestaltung und der Verzicht auf Insektizide kommen dem Mauersegler und zahlreichen anderen Gartenvögeln zugute. An den heimischen Sträuchern und Blumen finden sich viele Insekten, die nicht nur dem Mauersegler als Nahrung dienen.
Weitere Informationen zum Mauersegler
Wissenswertes zum Mauersegler, von der Identifikation
über die Biologie und Interaktion mit dem Menschen bis
hin zum Anbringen von Nisthilfen finden Sie bei:Deutsche Gesellschaft für Mauersegler e.V.
Sandäckerstraße 43
65933 Frankfurt am MainInternet: www.mauersegler.com