Systematik und Vorkommen
Die Gattung Hallimasch (Armillaria) zählt zur grossen Klasse der Ständerpilze (Basidiomycetes), welche die meisten Holzbewohner, Speise- und Giftpilze umfasst. Innerhalb dieser Gattung gehört Armillaria zur Ordnung der Blätterpilze (Agaricales).
Fast alle Strauch- und Baumarten können von Hallimasch-Arten befallen werden. Lokal verursacht der Pilz grosse Verluste in Kulturen und Jungwüchsen von Nadelgehölzen. Junge Laubbäume sind dagegen weniger anfällig. In älteren Beständen sind sowohl Nadel- als auch Laubbäume gefährdet. Hier verursacht der Pilz häufig Kern- und Stockfäulen. Die Folgen sind Wurf oder Bruch bei Windeinwirkung sowie erhebliche Holzverluste. Grosse wirtschaftliche Schäden entstehen durch den Hallimasch in Obstgärten, Weinbergen und Parkanlagen, aber auch in beregneten Fichtenpoltern.
Merkmale der Fruchtkörper
Früher wurde der Hallimasch als eine Art behandelt, weil die Fruchtkörper der einzelnen Arten zum Teil nur schwer voneinander zu unterscheiden sind. Heute zählt die Systematik sieben europäische Arten, die sich in ihrer geographischen und ökologischen Verbreitung, ihrer Wirtsspezifität und Aggressivität verschieden verhalten.
In der Schweiz haben fünf Hallimasch-Arten eine forstliche Bedeutung:
- Honiggelber Hallimasch (Armillaria mellea)
- Gelbschuppiger Hallimasch (Armillaria gallica)
- Keuliger Hallimasch (Armillaria cepistipes)
- Dunkler Hallimasch (Armillaria ostoyae)
- Nördlicher Hallimasch (Armillaria borealis)
Die sichere Bestimmung der meisten Arten ist nur im Labor möglich. Trotzdem erlauben Fruchtkörpermerkmale in vielen Fälle eine Diagnose. Der Honiggelbe Hallimasch (Abb. 1) ist immer gut erkennbar an seinem büscheligen Wuchs und dem häutigen Ring am Stiel. Der Dunkle Hallimasch (Abb. 2) kann an seiner rötlichbraunen Hutfarbe, den auffälligen Hutschuppen und dem wattigen Ring ebenfalls relativ gut im Feld angesprochen werden.
Gelegentlich können aber hellere Formen auftreten, die vom Nördlichen Hallimasch kaum zu unterscheiden sind. Hier kann das frühere Erscheinungsdatum der Fruchtkörper des Nördlichen Hallimaschs Hinweise auf die Art geben. Die Unterscheidung des Gelbschuppigen Hallimaschs vom Keuligen Hallimasch ist sehr schwierig. Einen Hinweis kann allenfalls der Fundort geben, da der Keulige Hallimasch vorwiegend in höheren Lagen vorkommt.
Alle Hallimasch-Arten sind roh ungeniessbar. Ausser dem Honiggelben Hallimasch kann man aber alle Arten blanchiert (Wasser wegschütten!) essen.
Rhizomorphen und Myzelmatten
Als Besonderheit bildet der Hallimasch wurzelähnliche Stränge (Rhizomorphen) und weisse Myzelmatten (Abb. 3), die sich in Funktion und Form unterscheiden.
Die schnurförmigen Bodenrhizomorphen dienen dem Pilz als Ausbreitungsorgane sowie als Wasser- und Nährstoffleitung. Durch Bodenrhizomorphen findet häufig die Infektion der Wurzeln statt. Die Myzelmatten breiten sich in Form einer dünnen, grossflächigen Schicht zwischen Rinde und Holz aus und töten das Kambium und die Rinde ab. Sie sind nach Ablösen der Rinde gut sichtbar und damit das wichtigste Erkennungsmerkmal für eine Hallimasch-Infektion. Von den Myzelmatten aus dringt der Pilz in das Holz ein.
Infektion
Lebenskräftige Bäume sind meistens in der Lage, eine Hallimasch-Infektion abzuwehren. Dies geschieht durch die Bildung von Abwehrstoffen und Abgrenzungsgeweben. Bei gestressten Bäumen, zum Beispiel während grosser Trockenheit, sind diese Reaktionen vermindert und es kommt zur Infektion. Dabei wächst ein Myzelstrang von einer Bodenrhizomorphe abzweigend in die unverletzte Wurzelrinde des lebenden Baumes ein. Der Pilz schädigt den Baum anschliessend als Rindenparasit ("Kabiumkiller") oder als Kernfäulerrreger.
Da der Hallimasch sowohl Holzstoff (Lignin) als auch Zellulose abbaut, zählt er zu den Weissfäuleerregern. Die für andere Weissfäuleerreger typische helle Verfärbung des Holzes fehlt jedoch oft bei der Hallimasch-Fäule. Das zersetzte Holz ist hier dunkel-rotbraun, später faserig, oft sehr feucht und vom gesunden Holz meist scharf abgegrenzt (Abb. 4).
Abb. 4: Kernfaules Fichtenholz durch Hallimaschbefall. Foto: Ottmar Holdenrieder (ETH)
Befallsmerkmale
Folgende Merkmale deuten auf einen Hallimasch-Befall hin:
- im Anfangsstadium vermindertes Triebwachstum und Kleinblättrigkeit
- später fahl-grüne bis gelblich-grüne Verfärbungen des jüngsten Nadeljahrgangs bzw. der Laubblätter
- vorzeitiger Nadel-/Laubblattfall, wobei die Symptome in der Krone von aussen nach innen fortschreiten (Abb. 5)
- verstärkte Zapfen- bzw. Fruchtbildung mit kleineren Samen, meist ein Jahr vor dem Absterben des Baumes
- an Nadelbäumen häufig Harzfluss an der Stammbasis
- nach einer Infektion und Ausbreitung des Pilzes im Stamminnern des Baumes Bildung von Demarkationslinien (Abb. 6)
Forstliche Bedeutung
Aus ökologischer Sicht ist der Hallimasch ein Nützling, der zur normalen Mikroflora im Wald gehört. Er ist am Abbau toter Holzmasse beteiligt und spielt eine wichtige Rolle als Verjüngungsfaktor im natürlichen Waldökosystem. Aus wirtschaftlicher Sicht verursacht der Hallimasch als Wurzel- und Stammfäuleerreger erhebliche Qualitäts- und Stabilitätseinbussen und kann zum Absterben stehender Bäume führen. In der Vergangenheit entstanden auch erhebliche Verluste an Fichten-Rundholz, das trotz Beregnung vom Hallimasch befallen wurde (Abb 7).
Abb. 7: Trotz Beregnung wurden diese Fichtenstämme vom Hallimasch befallen und entwertet. Foto: WSL
(TR)