Künftig soll die verstärkte Nutzung der Biomasse aus Wäldern einen großen Beitrag für die Produktion erneuerbarer Energien leisten. Dazu kann aus Vorwäldern, die meist auf Kalamitäts- und anderen Freiflächen begründet werden, mittelfristig zusätzliche Biomasse bereitgestellt werden. Gleichzeitig können Vorwälder positive ökologische Effekte auf den Waldboden ausüben. Die Autoren haben in einer Untersuchung sogenannte Energievorwälder mit herkömmlichen Reinbestandsaufforstungen in Bezug auf deren Nährstoff- und Kohlenstoffhaushalt verglichen.Die Ergebnisse belegen, dass in Vorwäldern aus Aspen und Birken mit der Hauptbaumart Eiche im Unterstand die Basenvorräte im mineralischen Oberboden deutlich höher sind als in Reinbeständen aus Eiche.
Der verstärkte Anbau von Energievorwäldern soll dazu beitragen, das Aufkommen von Schwachholz u. a. zur energetischen Nutzung mittelfristig zu erhöhen. Gleichzeitig sollen Vorwälder eine sichere Verjüngung von Hauptbaumarten ermöglichen. Zudem helfen Vorwälder, wichtige Waldfunktionen nach katastrophalen Waldökosystemstörungen schnell wieder herzustellen. Dazu gehören die rasche Aufnahme von Nährstoffen und die Wiederherstellung der Bestandestranspiration. Dies ist im Wirtschaftswald von großer Bedeutung, denn nach Störungen von Waldökosystemen werden die mikroklimatischen Bedingungen am Waldboden verändert und der Abbau organischer Substanz durch Mikroorganismen oftmals gefördert. Dadurch werden Nährelemente und Kohlenstoff freigesetzt, wodurch sie besonders in den ersten Jahren nach Entfernung des Kronendachs mit dem Bodenwasser ausgetragen werden können. Andererseits können frei verfügbare Nährelemente auch von einer sich rasch entwickelnden Sukzessionsvegetation, z. B. bestehend aus Vorwaldbaumarten, aufgenommen werden. Vorwaldbaumarten zeigen ein schnelles Jugendwachstum und besitzen Wurzelsysteme mit stark verzweigten, sehr langen und dünnen Feinwurzeln, die wichtige Bodenressourcen wie Wasser und Nährstoffe rasch erschließen können. Die Baumarten der späten Sukzessionsphasen wie z. B. Buche, Eiche und Tanne besitzen dagegen eher grobe, weniger intensiv verzweigte und langsam wachsende Feinwurzeln. Die mit Vorwäldern verbundene Produktivitätssteigerung gegenüber herkömmlichen Aufforstungen mit Hauptbaumarten bedeutet zusätzlich eine erhöhte Aufnahme von Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre.
Tab. 1: Basenvorräte im Eichenreinbestand und in Vorwäldern.* | ||||
Bodenschicht | Eichenreinbestand | Vorwald | Aspenvorwald | Birkenvorwald |
organische Auflage | 301,3 ± 261,4 | 247,6 ± 159,4 | 270,5 ± 163,8 | 227,9 ± 155,9 |
0 - 10 cm | 153,4 ± 50,1 | 255,2 ± 113,9 | 294,2 ± 113,6 | 221,8 ± 105,1 |
10 - 30 cm | 191,4 ± 80,7 | 242,4 ± 126,1 | 244,5 ± 87,1 | 240,6 ± 153,5 |
30 - 70 cm | 2145,8 ± 1095,1 | 1955,2 ± 844,8 | 1794,9 ± 716,1 | 2126,9 ± 960,9 |
Gesamt | 2825,1 ± 1030,3 | 2659,2 ± 824,5 | 2603,9 ± 791,5 | 2718,4 ± 884,5 |
Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen wurde das System Energievorwald mit der unmittelbaren Aufforstung von Zielbaumarten im Reinbestand hinsichtlich der Nährelement- und Kohlenstoffvorräte im Boden verglichen. Die Autoren gingen der Frage nach, ob Vorwälder (Abb. 1) auf Kalamitätsflächen dank ihrer Fähigkeit zur raschen Erschließung von Ressourcen und dank ihrer leicht zersetzbaren Streu trotz zusätzlichem Export von Nährstoffen im Rahmen der Vorwaldernte die Bodenfruchtbarkeit sowie die Kohlenstoffvorräte im Boden positiv beeinflussen können.
Die Gesamtvorräte basischer Kationen bis in eine Bodentiefe von 70 cm unterschieden sich nicht signifikant zwischen den Vorwäldern und den Eichenreinbeständen. Jedoch hat der obere Mineralboden eine größere Bedeutung für die Nährstoffaufnahme der Waldbäume, da er i. d. R. intensiver durchwurzelt wird. Genau in diesen Bodenschichten zeigten die gemessen Daten signifikant höhere Basenvorräte unter dem Vorwald und besonders unter dem Aspenvorwald als unter den Eichenreinbeständen. Hierfür kann es zwei mögliche Erklärungen geben, die einander nicht ausschließen.
- Unter Freiflächenbedingungen werden Nährelemente im Boden schneller mobilisiert; diese mobilen Nährstoffe können Vorwäldern dank ihrer besseren Ressourcenerschließung stärker vor der Auswaschung bewahren.
- Die Vorwaldbaumarten erschließen mit ihrem intensiveren Wurzelsystem auch den Unterboden rasch und reichern dann den Oberboden mit Basen an, indem sie die Nährstoffe mit der basenreichen und leicht zersetzbaren Streu (Laub und Wurzeln) in den Oberboden zurückführen.
Ein Indiz für den Ablauf dieses Prozesses ist, dass die Kalziumkonzentrationen in der organischen Auflage unter den Vorwäldern signifikant höher waren als unter den Eichenbeständen. Dagegen war die Masse der organischen Auflage unter Eichenreinbeständen oft höher als unter Vorwäldern. Zusammen mit den etwas höheren pH-Werten im Mineraloberboden unter Vorwäldern deutet dies auf eine besser zersetzbare Streu hin und in der Folge auch auf eine höhere Umsatzrate der Elemente im Nährstoffkreislauf von Vorwäldern. In beiden Fällen wirken die Vorwaldbaumarten auf den untersuchten Standorten offensichtlich als "Basenpumpe". Daher wäre es möglich, dass Vorwälder auf Kalamitätsflächen trotz einer nutzungsbedingt größeren Menge exportierter Nährstoffe einen positiven Effekt auf den Nährstoffhaushalt der Waldböden ausüben könnten.
Die abschließende Beantwortung dieser Frage bedarf jedoch noch der Quantifizierung anderer relevanter Nährelementflüsse und besonders der Nährstoffvorräte in der oberirdischen Biomasse.
Weiterhin wurde angenommen, dass die Bodenkohlenstoffvorräte unter Vorwäldern größer sein müssten als die unter Eichenbeständen. Begründet wurde diese Hypothese dadurch, dass sich die größere ober- und unterirdische Wuchsleistung der Vorwaldbaumarten positiv auf den Kohlenstoffeintrag in den Boden auswirken müsste. Tatsächlich unterschieden sich aber anhand unserer Messergebnisse die Kohlenstoffgesamtvorräte im Boden zwischen den Vorwaldbeständen und den Eichenreinbeständen nicht eindeutig, weder im Gesamtvorrat noch in der vertikalen Verteilung. Obwohl andere Autoren in ihren Untersuchungen den Baumarteneffekt auf die vertikale Verteilung der Kohlenstoffvorräte im Bodenprofil beschrieben, kann dies in dieser Untersuchung aufgrund standörtlich unterschiedlicher Verteilungen der Kohlenstoffvorräte bisher nicht nachvollzogen werden. Eine stärkere Ausprägung dieser Baumarten- bzw. Vorwaldeffekte könnte auf den Untersuchungsstandorten durch eine hohe Bodenwassersättigung und einen hohen Tongehalt des Bodens kompensiert worden sein.