Die meisten Holzarten vermehren sich unter natürlichen Bedingungen ausschließlich generativ. Als Propagationsmittel werden bei Laub- und Nadelhölzern Samen gebildet – daher kommt den Vorgängen, die zur Samenbildung führen eine besondere Bedeutung zu. Ob und in welchem Umfang es zur Blütenbildung bei den Bäumen kommt, ist von einer Anzahl von Faktoren abhängig:
- Blühreife (Mannbarkeit)
- Temperatur (Blütenknospenanlage, Blühzeitpunkt)
- Dauer der Lichteinwirkung
- Strahlungsparameter - Standortsgüte (Nährstoffversorgung, Exposition, Höhenstufe, Wuchsgebiet)
Blühreife: Bei einem Wachstum unter unbelasteten Umweltbedingungen benötigen die Baumarten mehrere Jahre, ehe die Blütenbildung einsetzt. Bäume, die im Freistand aufwachsen, setzen schon früher Blüten an als Bäume im Bestandesinneren. Bei manchen Baumarten erscheinen mit Eintritt der Blühreife zuerst weibliche Blüten, während erst mehrere Jahre später auch männliche Blüten gebildet werden.
Temperatur: Die Rolle der Temperatur bei der Blütenbildung ist bei mehreren Baumarten nachgewiesen: Wenn im Frühjahr oder Frühsommer des Vorjahres höhere (überdurchschnittliche) Temperaturen auftreten (Blütenknospenbildung), so ist im nächsten Jahr eine reichere Blütenbildung zu erwarten – mitentscheidend ist eine ausreichend verfügbare Reservestoffmenge für den Reproduktionsprozess. Die für die Blütenreife selbst ausschlaggebende Temperatursumme ist baumartenspezifisch unterschiedlich: Frühblüher wie Hasel und Erlen benötigen weniger Plus-Grade als Buche, Eichen, Fichte und Tanne, die erst ab Maibeginn (je nach Höhenstufe) ihre Blühschwelle erreichen.
Auch die Intensität und Dauer der Lichteinwirkung scheint von größerer Bedeutung zu sein, da Blüten hauptsächlich im Bereich der Lichtkrone ausgebildet werden. Das gehäufte Auftreten von "Sonnenflecken" und ihre Auswirkung auf das klimatische Geschehen bis hin zum Reproduktionsprozess kann nur vermutet werden.
Standortsgüte: Die Ernährung der Bäume spielt offenbar für den generativen Prozess eine besondere Rolle. Um die Jahrhundertwende wurde bereits die Bedeutung eines weiten C/N-Verhältnisses innerhalb des Vegetationskegels für die Blühreife der Pflanzen erkannt (Klebs, 1913). Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass zahlreiche positive Effekte einer Mineraldüngung auf den Frucht- und Samenertrag von Bäumen beschrieben wurden (Matschke, 1982). Andererseits werden bei fehlender oder nicht ausreichender Nährstoffversorgung trotz reichlicher Blütenbildung nur wenige Zapfen oder Früchte gebildet.
Schon Hartig (1889) wies darauf hin, dass eine Vollblüte bzw. Vollmast für die betreffenden Bäume einen starken „Aderlass“ darstellt, da dabei große Mengen an Reservestoffen verbraucht werden – das nur periodische reichliche Fruktifizieren und die geringe Blütenbildung in den Zwischenjahren der meisten Waldbaumarten ist dadurch erklärbar. Berücksichtigt man noch die für die Bildung der Fortpflanzungsorgane notwendige zusätzliche Atmung sowie die Tatsache, dass Pollen und Samen hochwertige Kohlehydrate und Eiweiße in konzentrierter Form enthalten, dürfte der anhand von Untersuchungen in den Sechzigerjahren (Nemec, 1956 u. Fielding, 1960) nachgewiesene Zuwachsverlust von 15 – 20 % im Ertragsstadium noch weit höher und nachhaltiger sein.
Geschlechtsspezifische Merkmale der Baumarten
a) Männliche und weibliche Blühorgane (gesondert) am selben Baum, die meisten mitteleuropäischen Baumarten wie: Fichte, Kiefer, Lärche, Tanne, Birke, Erle, Buche, Eiche, Hainbuche und Ahorn (im Übergang zu Zwitterblüten)
Männliche und weibliche Blüten auf verschiedenen Bäumen: Eibe, Wacholder, Pappel und Weide |
Bestäubung
Unter Bestäubung versteht man die Ablagerung von Pollen auf Narben oder Samenanlagen. Sie hängt bei den windblütigen Baumarten nicht so sehr von den Witterungsbedingungen ab, wie lange Zeit angenommen wurde, da die männlichen Blüten und Staubgefäße ihre Pollen nur bei günstigen Bestäubungsbedingungen (Wärme, Trockenheit und geringe Luftbewegung) entlassen und auch die reifen weiblichen Blüten nur dann geöffnet werden. Oft wird je nach Reifegrad die gesamte Pollenmenge innerhalb weniger Blühtage abgegeben. Trotz der nachweislich großen Flugweiten von Waldbaumpollen ist die Wahrscheinlichkeit einer Bestäubung weiblicher Blüten auf große Entfernungen gering.
Abb.2: Pollen von Laubhölzern
Nach Rohmeder (1972) sind hauptsächlich folgende Gründe maßgeblich: Weitere Entfernungen und besonders größere Höhenunterschiede der Wuchsorte bedingen meist Unterschiede in den Zeitpunkten der Blüte. Solche Unterschiede können, da die weiblichen Blüten nur wenige Tage (baumartenspezifisch) befruchtungsbereit sind, die Befruchtung verhindern. Ebenso sinkt die Trefferwahrscheinlichkeit mit Zunahme der Entfernung durch die Verdünnung der Pollenkonzentration (Schrotschussdynamik).
Die Windbestäubung (auch Anemophilie genannt) überwiegt bei den Waldbaumarten – im Gegensatz zur übrigen Flora. Alle heimischen Gymnospermen und viele Angiospermen (Alnus, Betulus, Carpinus, Castanea, Corylus, Fagus, Fraxinus, Populus, Quercus, Ulmus) sind Windbestäuber. Windbestäubte Blüten haben weder Duftstoffe noch einen Schauapparat und blühen vor dem Blattaustrieb. Von sekundärer Windbestäubung spricht man, wenn die Bestäubung in der ersten Blühphase durch Insekten und später nach Eintrocknung des Pollenkittes über die Luftbewegung erfolgt (Acer, Salix, Tilia).
Die von den meisten anemogamen Baumarten erzeugten Pollenmengen sind enorm. Wenn man jedoch bedenkt, dass ein großer Teil der freigesetzten Pollen (beim Windtransport mehr als bei der Insektenbestäubung) verloren geht, so erscheint diese Massenproduktion notwendig: Der Pollen ist ein mehrzelliges, von vielschichtiger Wand umgebenes, in den Pollensäcken entstehendes Gebilde und stellt den männlichen Gametophyten dar. Fichte hat rund 200.000 Pollen je Blüte, Kiefer 160.000, Eiche 40.000 und Buche 12.000.