Aufgabe der Bundeswaldinventur (BWI) ist es, gesicherte Informationen über die großräumigen Waldverhältnisse und forstlichen Produktionsmöglichkeiten in allen Waldeigentumsarten zu erheben; so lautet sinngemäß ihr gesetzlichen Auftrag, der in § 41a des Bundeswaldgesetzes (BWaldG) formuliert ist. Sie dient als ein Monitoring-Instrument der Nachhaltigkeitskontrolle, indem sie die langfristige Waldentwicklung im regelmäßigen Turnus systematisch mit einer bundesweit einheitlichen Methodik erfasst.

Dem Ziel einer langfristigen Waldbeobachtung wurde durch Novellierung des Bundeswaldgesetzes 2010 Rechnung getragen, in dem der Wiederholungsturnus auf 10 Jahre festgelegt worden ist. Die Zahlen der BWI dienen als Grundlage für forst-, handels- und umweltpolitische Entscheidungen und fließen in eine Reihe internationaler Berichte ein. Die BWI-Daten werden zunehmend auch für Forschungsfragen nachgefragt. Die BWI ist somit wesentliche Komponente eines umfassenden Waldmonitorings, zu dem auch andere Beobachtungsnetze wie die Bodenzustandserhebung (BZE) und die Waldzustandserhebung gehören.

Die BWI1 fand im alten Bundesgebiet in den Jahren 1986 bis 1989 statt. Nach der Wiedervereinigung wurde die BWI2 in den Jahren 2001/2002 durchgeführt, auf die nun die dritte Aufnahme in den Jahren 2011/12 folgte.

Gemäß der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern im Forstbereich wird die BWI als gemeinsames Bund-Länder-Projekt durchgeführt. Dem Bund obliegen die Federführung und Koordination, das zentrale Datenmanagement, die Auswertung und Berichterstattung. Die Länder sind an der Konzeption beteiligt und im Wesentlichen für die Datenerhebung zuständig, da im Forstbereich die Flächenkompetenz bei den Ländern liegt. Sie richten Landesinventurleitungen ein, die für die Vorbereitung und Durchführung der Felddatenerhebung, die Qualitätssicherung und das Datenmanagement verantwortlich sind und eng mit der beim Thünen-Institut angesiedelten Bundesinventurleitung und dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zusammenarbeiten. In Baden-Württemberg liegt die Aufgabe der Landesinventurleitung bei der FVA. Die FVA führt darüber hinaus landesspezifische Analysen und Auswertungen durch und verwendet BWI-Daten für eigene Forschungsaufgaben, auch in Kooperation mit der Universität Freiburg und anderen Institutionen.

Konzept der BWI – das "Inventurdesign"

Wälder können wegen ihrer großen Flächenausdehnung und der immensen Zahl an Bäumen nur mit Hilfe von Stichprobenverfahren effizient inventarisiert werden. Allein in Baden-Württemberg wachsen knapp 20 Milliarden Bäume, davon 829 Millionen mit einem Brusthöhendurchmesser von mindestens 7 cm, bundesweit sind es sogar 90 beziehungsweise 7,6 Milliarden. Stichproben liefern verlässliche Informationen, auch wenn nur ein sehr kleiner Bruchteil der Bäume erfasst und gemessen wird.

Die BWI ist eine Großrauminventur auf Stichprobenbasis mit einem systematischen terrestrischen Netz permanenter, also dauerhafter, unsichtbar vermarkter Stichproben. Das Bundeswaldgesetz schreibt als Mindestanforderung für die gleichmäßige Verteilung der Stichproben ein systematisches Netz im Raster von 4 mal 4 km vor; die Länder können es auf 2,83 mal 2,83 km (doppelte Stichprobendichte) beziehungsweise 2 mal 2 km (vierfache Stichprobendichte) verdichten. Baden-Württemberg hat das 2 mal 2 km-Netz.

Primäre Stichprobeneinheit ist ein quadratischer Trakt mit 150 m Seitenlänge. Die Traktecken, die auf Wald treffen, bilden die Mittelpunkte für Unterstichproben, an denen eine Reihe verschiedener Aufnahmen durchgeführt wird (Abb. 1). Bei der BWI3 wurden im Land 13.232 Stichproben an den Ecken von insgesamt 4.580 Trakten aufgenommen. Das Landesterritorium wird von 8.970 Trakten im 2 mal 2 km Netz mit insgesamt 35.731 Traktecken abgedeckt. Bei einer Landesfläche von 3.575.148 ha ergibt sich je Stichprobe (Traktecke) ein Repräsentationsfaktor von 100,0573 ha.

Walddefinition der BWI

Die BWI orientiert sich am Waldbegriff des Bundeswaldgesetzes, § 2: "[…] jede mit Forstpflanzen bedeckte Grundfläche". Diese im forstlichen Sprachgebrauch als Holzboden bezeichnete Fläche kann aber auch vorübergehend unbestockt sein (Blöße). Außerdem zählt zum Wald im Sinne der BWI auch der Nichtholzboden, nämlich dauerhaft unbestockte Flächen, die dem Wald und seiner Bewirtschaftung dienen (Waldwege, Holzlagerplätze, Wildwiesen) oder mit ihm eng verzahnt sind (Moore, Wasserläufe). Andererseits werden bestimmte mit Bäumen bestockte Flächen ausgeschlossen wie Weihnachtsbaumkulturen, Baumschulen oder Parkanlagen im Wohnbereich. Als weiteres Kriterium kommen Mindestgrößen hinzu: Eine Fläche wird erst erfasst, wenn sie mindestens 0,1 ha groß und 10 m breit ist.

Als weiteres Merkmal wird die Zugänglichkeit erfasst: Aufnahmen können nur auf begehbarem Holzboden erfolgen. Wenn eine Stichprobe eindeutig auf Wald (Holzboden oder Nichtholzboden) liegt, aber nicht zugänglich ist, wird sie trotzdem als Wald-Stichprobe registriert, allerdings ohne Messungen. Die gesamte von der BWI ausgewiesene Waldfläche umfasst demnach begehbaren und unbegehbaren Holzboden und Nichtholzboden.

Aufnahmeverfahren

Der Stichprobenpunkt an einer Traktecke ist mit einem im Boden versenkten Metallstab unsichtbar markiert. Mit Hilfe von Satellitennavigation, Karte, Kompass, Entfernungsmessungen und Metalldetektor werden die Punkte gefunden. Ausgestattet mit Feldcomputern und Messgeräten erfassen die Inventurtrupps an jedem Stichprobenpunkt nach einem einheitlichen Verfahren über 150 Merkmale (Abb. 2).

Das zentrale Aufnahmeverfahren ist eine Winkelzählprobe (nach Bitterlich, auch bekannt als Relaskop-Methode) mit dem Zählfaktor 4 m²/ha, mit der das Kollektiv der Bäume ab einem Brusthöhendurchmesser (BHD) von 7 cm m. R. erfasst wird. An den ausgewählten Probebäumen erfolgt eine Reihe von Messungen und Beobachtungen: zum Beispiel Baumart, BHD, soziologische Stellung und andere Baummerkmale (u. a. auch seltene Eigenschaften wie Höhlenbäume). Höhen und obere Durchmesser werden nur an einer Unterstichprobe gemessen. Die Position der Bäume der Winkelzählprobe wird in Bezug auf den Stichprobenmittelpunkt (Traktecke) erfasst, so dass sie bei wiederholten Aufnahmen eindeutig identifiziert werden können. Daher ist es möglich, das "Schicksal" dieser Bäume zu verfolgen. Auch erstmals in der Stichprobe auftretende Bäume, sogenannte Einwüchse, werden als solche gekennzeichnet. Das Konzept der permanenten Stichprobe mit identifizierbaren Probebäumen ermöglicht eine recht effiziente Ermittlung von Zuwachs und Abgang (Nutzung).

Neben der Winkelzählprobe mit Zählfaktor 4 wird die Verjüngung in versetzten kleinen Probekreisen erfasst. Ebenfalls mit einer Winkelzählprobe (Zählfaktor 1 oder 2) werden Bäume gezählt, die mindestens 4 m hoch sind. Die Erfassung dieser Bäume dient nur der Bestimmung des Artenspektrums, welches für die Ermittlung der Naturnähe verwendet wird. In einem Probekreis mit 10 m-Radius werden Deckungsgrade und Artenanteile der Bäume bis 4 m Höhe sowie Sträucher und Bodenvegetation aufgenommen. Totholz wird in einem Probekreis mit 5 m-Radius gemessen.

Für die Erhebungskampagne waren in Baden-Württemberg zehn Aufnahmetrupps im Einsatz, die in den Jahren 2011 und 2012 die 13.232 Stichproben auf begehbarem Holzboden aufgenommen haben. Dabei haben sie rund 100.000 Bäume mit einem Brusthöhendurchmesser von mindestens 7 cm erfasst und gemessen sowie rund 150.000 kleine Bäume gezählt.

Artikelserie: Ergebnisse der BWI3 auf dem Prüfstand