Abb. 2 - Mehr Sicherheit: falls möglich, sollte man in ausgewiesenen Totholzgruppen auf Eingriffe verzichten. Foto: Thomas Reich (WSL)
Abb. 3 - Spechtlöcher und Fäulnis: beim Anzeichnen muss unbedingt auch der Stammfuss beurteilt werden. Foto: Doris Hölling (WSL)
Im naturnahen Wald braucht es tote Bäume, stehende und liegende. Aber gerade Dürrständer können zur Falle werden, wenn man sie bei der Arbeit im Wald übersieht. Deshalb müssen die toten Bäume bei der Planung des Holzschlags unbedingt berücksichtigt werden. Zudem sollten die Personen, welche die Holzerei ausführen, Kenntnis über die Position der Dürrständer haben. Das gilt sowohl für Profis, aber vor allem auch für Gelegenheitsholzer, die sich der Gefahren wenig bewusst sind.
Das Forstrevier Hardwald Umgebung im Zürcher Glattal ist in den letzten zehn Jahren von vielen Problemen gebeutelt worden. Nicht nur "Lothar" und die folgenden Borkenkäferinvasionen, sondern auch ein massiver Befall mit der Fichtenquirlschildlaus haben den Beständen massiv zugesetzt. Die Folge sind nicht nur ein sehr verändertes Waldbild, sondern auch viel – vor allem stehendes – Totholz. Gefällt hat man diese Bäume nur dort, wo es zur Bekämpfung der Schädlinge nötig war oder wo sie eine direkte Gefahr für Erholungssuchende darstellten.
Was viele Käfer und Spechte freut, wird aber mit der Zeit immer mehr zur Herausforderung. In vielen der Schadenflächen oder in direkt benachbarten Beständen sind nun reguläre Pflege- und Ernteeingriffe nötig. Aber in direkter Umgebung stehen zum Teil Bäume, die seit zehn Jahren abgestorben sind. Welches Vorgehen empfiehlt sich, damit sie bei der Holzerei nicht zur Gefahr werden?
Sicherheit und Ökologie
Revierförster August Erni muss die Füsse hochheben. Hier wuchern Brombeeren unter den Rottannen. Die Fläche gehört Dietlikon, einer der fünf Gemeinden des Forstreviers. Noch stehen einige gesunde, mächtige Fichten und Tannen, die alle "Angriffe" unbeschadet überstanden haben – Zeit einige zu ernten. Dazwischen leuchten aber auch mehrere weisse, kahle Stämme ohne Rinde. Ein Risiko beim Arbeiten in der Nähe.
"Beim Anzeichnen markiere ich gleichzeitig diejenigen Dürrständer, die aus meiner Sicht zwingend entfernt werden müssen", erklärt Erni. Dazu gehören zum Beispiel solche, die am Wegrand stehen oder solche, deren Zerfall so weit fortgeschritten ist, dass sie nicht mehr lange stehen werden. Diese Bäume sollten gleich zu Beginn des Holzschlages entnommen werden. Gefällt werden sie grundsätzlich mit Hilfe einer Seilwinde, weil sie kaum noch über ein Band mit intakten Holzfasern verfügen, das ein sicheres Zu-Boden-Bringen ermöglicht. "Zudem darf jeder meiner Mitarbeiter nach eigener Einschätzung Dürrständer fällen, die ihm gefährlich erscheinen."
Das Anzeichnen erfolgt noch vor der Vegetationsperiode, weil nur dann der Kronenraum seriös beurteilt werden kann. Gerade Bäume, die erst vor kurzem abgestorben sind, haben häufig im unteren Stammbereich noch eine fast durchgehende Rinde, die zur Fehleinschätzung fuhren kann.
Augenmerk in der Beratung
In Forstbetrieben und bei professionellen Forstunternehmen ist man sich der Probleme zumindest meistens – aber auch hier nicht immer – bewusst. Ganz anders steht es um die privaten Waldeigentümer und viele Freizeitholzer. Selbst wenn diese eine minimale Ausbildung und eine gewisse Erfahrung in der Holzerei haben, ist noch lange nicht sicher, dass sie den Umgang mit Totholz beherrschen. Die vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) geleitete Arbeitsgruppe Arbeitssicherheit (AGAS) möchte deshalb nicht nur die Privatwaldbesitzer für das Problem sensibilisieren, sondern appelliert auch an die Förster, dass diese in der Beratung und beim Anzeichnen ein besonderes Augenmerk auf die Dürrständer legen.
Gerade bei Holzerntearbeiten während der Vegetationsperiode wurden stehende, abgestorbene Bäume oder dürre Aste in den Baumkronen wegen der Belaubung leicht übersehen. Das sei unbedingt bei der Beratung und dem Anzeichnen zu berücksichtigen. Selbst bei einer Beratung sei es häufig sinnvoll, dass Profis des Betriebes oder eines Forstunternehmens die dürren Baume fällten.
Die AGAS fuhrt die wichtigsten Punkte auf, die sowohl vom privaten Waldbesitzer als auch vom anzeichnenden Förster zu berücksichtigen sind:
- Für die Ausführung von Holzereiarbeiten in totholzreichen Beständen ist mit einem erhöhtem zeitlichen und finanziellen Aufwand zu rechnen.
- Einzelne Totholzstamme in bewirtschafteten Bestanden müssen vor der Holzerei markiet werden.
- Mitarbeiter für Arbeiten in totholzreichen Beständen müssen mit den nötigen Entscheidungskompetenzen ausgestattet sein (kein Leistungsdruck, Entscheidungsbefugnis, ob Totholz gefällt wird).
- Holzschläge sollen im laublosen Zustand angezeichnet werden.
- In totholzreichen Beständen sowie im Randbereich ausgewiesener Flächen dürfen keine Holzerntearbeiten im belaubten Zustand ausgeführt werden.
- Stehendes Totholz, das im Ausnahmefall zu Boden gebracht werden muss, sollte - wenn immer möglich - mit der Seilwinde umgezogen werden.
- Totholz sollte zum Fallen nicht umgekeilt werden. Ein Keil sollte nur aus Sicherheitsgründen gesetzt werden, damit der Fallschnitt nicht verklemmt.
Im Hardwald ist man sich der Schwierigkeiten bewusst. Nicht nur die weiten Schadenflächen, sondern auch der grosse Erholungsdruck aus der Agglomeration haben zur Sensibilisierung geführt. Wenn die Holzerei-Saison im Spätsommer beginnt, wird auch der eine oder andere Dürrständer zu Boden gehen müssen. Massnahmenverzicht in ausgewiesenen Flachen mit Totholzinseln schafft Sicherheit.
Rechtliche Aspekte
- Grundsätzlich kennt das geltende Waldrecht keine Bewirtschaftungspflicht für den Waldeigentümer.
- Im Bereich von festen Einrichtungen im Wald (Strassen, Wanderwege, Feuerstellen, Spielplätze, Vita Parcours, usw.) ist bei Unfällen durch umstürzendes oder herabfallendes Totholz eine Haftung des Eigentümers der Einrichtung unter bestimmten Umständen möglich (insbesondere Werkeigentümerhaftung gemäss Art. 58 OR oder Verschuldenshaftung gemäss Art. 41 OR). Eine Prüfung hat im Einzelfall zu erfolgen.
- Die Richtlinie über den Beizug von Arbeitsärzten und anderen Spezialisten der Arbeitssicherheit (ASARichtlinie) der EKAS (Eidgenössische Koordinationskommission für Arbeitssicherheit) halt Folgendes fest: "lm Rahmen der allgemeinen Pflichten (Art. 3–10 VUV und Arr. 3–9 ArGV3) ermitteln alle Arbeitgeber die in ihren Betrieben auftretenden Gefährdungen für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmenden und treffen die erforderlichen Schutzmassnahmen und Anordnungen nach anerkannten Regeln der Technik. Der Arbeitgeber hat die getroffenen Schutzmassnahmen und Schutzeinrichtungen regelmässig zu überprüfen, insbesondere bei betrieblichen Veränderungen."
- Ausserhalb von festen Einrichtungen (im Waldbestand, auf Feinerschliessungen usw.) und ausserhalb von Holzschlägen und anderen Waldarbeiten ist jede Person für sich selbst verantwortlich.
- Es muss immer der Einzelfall beurteilt werden!
Quelle: AGAS