Der 10. Europäische Waldpädagogikkongress in der Slowakei (Zvolen) hat gezeigt, dass mehr und mehr Länder Erfolgsgeschichten über ihre Aktivitäten in der Waldpädagogik erzählen können. 140 Teilnehmer aus 15 Staaten diskutierten darüber, wie die zukünftigen Herausforderungen, vor denen die Waldpädagogik steht, gemeistert werden und wie Waldpädagogen die höheren Stufen einer Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) erklimmen können.
Gesellschaft im Wandel
Philippe Pypaert, von der UNESCO Europa-Abteilung für Wissenschaft und Kultur, betonte in seiner Keynote, dass Gesellschaften weltweit vor vielfältigen und herausfordernden demografischen, umweltrelevanten, sozialen und politischen Veränderungen stehen. Es gibt zahlreiche Probleme und Herausforderungen, wie
- die Versorgung mit Energie und Nahrungsmitteln,
- die Verringerung des ökologischen Fußabdruckes,
- der Erhalt der Biodiversität oder
- die Urbanisierung und
- Migration.
Diese Tatsachen erfordern globale Lösungskonzepte. Pypaert stellte den Weltaktionsplan zur Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) als Nachfolgeprogramm der Vereinten Nationen zur UN-Dekade zur BNE vor. Für die Waldpädagogik bestünde dabei die Notwendigkeit, die Themen "Wald" oder "Forstwirtschaft" nicht separat zu behandeln, sondern verbunden und vernetzt mit anderen BNE-Themenfeldern.
So können beispielsweise Themen wie Wasser, Energie, ökologischer Fußabdruck, Klimawandel, oder Biodiversität eigentlich nicht umfassend nachhaltig und global diskutiert werden, wenn waldbezogene Aspekte fehlen. Waldpädagogische Angebote sollten versuchen, nicht nur sektorale, nutzungsorientierte Zielsetzungen zu verfolgen, sondern vernetzt ausgelegt sein um möglichst viele der 17 Ziele des BNE Weltaktionsprogrammes einzubinden (siehe: "Sustainable Development Agenda" der Vereinten Nationen 2015-2030).
Kommunikationsstile und -methoden im Wandel
Internet, neue Medien und Social Communities prägen mehr und mehr die heutigen Kommunikationsstrategien und -konzepte. Der Medienanalyst und PR-Experte Miroslav Kollár zeigte auf, dass auch Waldpädagogen diese Werkzeuge nutzen sollten, um ihre Angebote und Erfolgsgeschichten zeitnah zu vermitteln. Er unterstrich, dass Botschaften aktuell, kurz, einfach und positiv formuliert sein sollten und dass der Adressat klar erkennen muss, welchen Nutzen er von dieser Botschaft haben kann.
Darina Výbohová, vom Methodical and Pedagogical Centre der Slowakei, stellte dar, wie Lernmethoden und -strategien weiterentwickelt werden könnten, um die Ziele einer Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) zu erreichen.
Vor allem müssen Interaktion, selbstentdeckendes Lernen und Partizipationsmöglichkeiten vermehrt in die heutigen Lehrpläne integriert werden. Wenn es dabei um den Wald, seine Funktionen und seine Bewirtschaftung geht, darf der Kontakt zwischen den Lernenden und dem Förster als authentischem und zuständigem Praktiker nicht fehlen.
Der Kongress in Zvolen zeigte mit zehn Workshops und einem Marktplatz waldpädagogischer Aktivitäten zahlreiche Praxisbeispiele dafür auf und bot ein hervorragendes Forum für den Austausch von Erfahrungen.
Dialog über Wald und Forstwirtschaft im Wandel
Der zunehmende Umfang sowie die steigende Vielfalt und Intensität waldrelevanter Interessen führt auch zu mehr Diskussionen: Was ist nun richtig oder falsch? Darf der Wald bewirtschaftet werden oder nicht? Oder welche Funktionen und Leistungen haben Priorität?
Diese Dialoge zeigen aber vor allem den Wunsch vieler Menschen auf, sich in waldrelevanten Diskursen zu engagieren, zu kooperieren, Verantwortung zu übernehmen – oft verbunden mit dem emotionalen Anliegen, zum Schutz des Waldes beitragen zu können. In Medien und Öffentlichkeit wird der "Schützer" dabei eher als "der Gute", als "Held" wahrgenommen, wohingegen Förstern, Forstbetrieben oder Waldbesitzern als "Nutzer" eher die Rolle als "Gegner des Guten", ja als "Bösewichte" zukommt.
Doch diese Zielkonflikte und Diskussionen stellen für den Förster und Waldpädagogen in erster Linie eine große Herausforderung und Chance dar!
Quo vadis Forestpedagogy?
Unter Betrachtung dieses Wandels wurden die Schlussfolgerungen für Waldpädagogen auf dem 10. Kongress in Zvolen deutlich:
Als kompetenter und neutraler Moderator können Förster und Waldpädagogen die unterschiedlichen Interessen an einen Tisch bringen und versuchen Zielkonflikte zu managen und zu lösen. Auch wenn die Waldpädagogik nicht die Lösung für jedes Problem anbieten kann, so kann sie doch den Freiraum schaffen, um Dinge gemeinsam zu bewegen, Kompromisse zu diskutieren und den Akteuren dabei helfen, nach nachhaltigen und vernetzten Lösungen zu suchen.
Der Stellenwert der Waldpädagogik muss steigen, denn sie ist viel mehr als reiner Wissenstransfer. Vor allem bei der Kommunikation zu sehr komplexen oder konfliktträchtigen forstlichen Themen, kann Waldpädagogik den gesellschaftlichen Dialog verbessern. Waldpädagogik kann mit Fug und Recht für sich in Anspruch nehmen, unverzichtbare Zukunftsvorsorge zu sein – sowohl für die nachhaltige Nutzung nachwachsender Naturressourcen und Rohstoffe als auch für die Bildung und Erziehung des Menschen. Dafür sind mehr Kooperations- und Partizipationsmöglichkeiten, nicht nur im Sektor Forst und Holz, sondern auch mit den Akteuren aus den Bereichen Bildung, Erziehung, Umweltschutz, Kultur, Soziales und Spiritualität notwendig. Waldpädagogen haben viele gute Geschichten zu erzählen, in der sie nicht selbst der "Held" sein müssen, aber ein guter Mediator und Moderator waldrelevanter Diskurse sein können.